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Der langsame Walzer der Schildkroeten

Der langsame Walzer der Schildkroeten

Titel: Der langsame Walzer der Schildkroeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katherine Pancol
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Pantoffeln. Er öffnete eine Dose mit Keksen und bot ihnen auch davon an. Er trank seinen Kaffee, indem er die Kekse eintauchte, und schenkte sich nach, wenn sie die ganze Flüssigkeit aufgesogen hatten. Seine Gesten wirkten mechanisch, sein Blick war in die Ferne gerichtet, als säßen sie ihm nicht gegenüber.
    »Sie müssen mich entschuldigen«, brummte er, »ich komme nicht so oft zum Reden. Früher gab es noch Leute hier im Dorf, es gab Leben, Nachbarn, aber jetzt sind fast alle weg.«
    »Ja, ich weiß«, antwortete Joséphine sanft. »Er hat mir von der Hauptstraße erzählt, von den Läden, davon, wie er mit Ihnen gearbeitet hat …«
    »Daran erinnert er sich?«, fragte er gerührt. »Er hat es nicht vergessen? Nach all der Zeit …«
    »Er erinnert sich noch an alles. Er erinnert sich an Sie, er hat Sie geliebt, wissen Sie.«
    Sie hatte Benoît Graphins knotige Hand in beide Hände genommen, drückte sie und lächelte ihn liebevoll an.
    Er zog ein Taschentuch aus der Hosentasche und wischte sich damit über die Augen. Er zitterte, als er versuchte, es wieder zurückzustecken.
    »Als ich ihn kennenlernte, war er gerade mal so groß …«
    Er streckte die Hand aus und deutete die Größe eines kleinen Jungen an.
    »Ist das schon lange her?«, erkundigte sich Joséphine.
    Er hob den Arm zum Zeichen, dass er die Jahre nicht mehr zählen könne.
    »Tom, der kleine Tom … Wenn man mir diesen Morgen gesagt hätte, dass mir heute jemand von ihm erzählen würde!«
    »Er spricht immer noch von Ihnen. Er ist ein sehr attraktiver Mann geworden, und sehr klug …«
    »Oh, daran habe ich nie gezweifelt. Er war schon damals sehr intelligent … Den kleinen Tom hat mir der Himmel geschickt.«
    »Er hat einfach so an Ihre Tür geklopft?«, fragte Joséphine lächelnd.
    »Nein, das kann man nicht behaupten! Ich war gerade bei der Arbeit …«
    Er deutete auf die staubbedeckten Maschinen hinter ihm.
    »Damals liefen sie noch. Und sie verursachten einen höllischen Lärm … Plötzlich habe ich ein kräftiges Bremsen gehört. Also habe ich den Kopf gehoben, bin nach vorn ans Schaufenster gegangen, und was seh ich da? Was seh ich da?«
    Er fuhr mit beiden Händen durch die Luft, als könnte er es immer noch nicht fassen.
    »Ein großes Auto stand da, direkt vor meiner Tür, und eine Frauenhand hat ihn rausgestoßen! Wie einen Hund, den man loswerden will! Und der kleine Kerl stand da einfach auf der Straße. Mit einer Schildkröte im Arm. Er muss so ungefähr drei, vier Jahre alt gewesen sein, genau habe ich das nie erfahren.«
    »Er selbst weiß es auch nicht mehr …«
    »Ich habe ihn reingeholt. Er weinte nicht. Er drückte seine Schildkröte an sich. Ich habe gedacht, dass sie schon wieder umkehren und ihn holen würden. Er war unglaublich süß. Lieb, still, verängstigt. Er wusste nicht, wie er hieß. Anfangs hat er ja überhaupt nicht gesprochen. Darum habe ich ihn Tom genannt. Er kannte nur den Namen seiner Schildkröte: Sophie. Das ist jetzt so um die vierzig Jahre her, wissen Sie. Es war eine ganz andere Zeit! Ich habe die Gendarmen angerufen, und sie haben gesagt, ich solle ihn vorerst mal bei mir behalten …«
    Ein Keks war in seiner Kaffeetasse zerbrochen. Er stand auf, um einen Löffel zu holen. Ließ sich zurück auf den Stuhl sacken und sprach weiter, während er nach seinem Keks fischte: »Er sagte nie ›Maman‹ oder ›Papa‹. Er wollte überhaupt nicht sprechen. Bloß eines Tages, da hat er gesagt: ›Behalt mich bei dir …‹ Das ist mir ziemlich nahegegangen. Ich hatte ja selbst keine Kinder. Also haben wir von da an zu dritt gelebt, er, ich und seine Schildkröte. Er vergötterte dieses Tier. Und was noch viel komischer war, sie liebte ihn. Wenn er sie rief, kam sie. Ich wusste nicht, dass Schildkröten Gefühle haben können. Sie hob ihren kleinen Kopf zu ihm auf, er nahm sie auf den Arm und bewegte sich ganz vorsichtig. Sie schlief in seinem Zimmer. In einem Karton am Fußende seines Bettes. Ich habe mich an den Jungen und die Schildkröte gewöhnt. Er lief mir überallhin nach. Ging keinen Schritt ohne mich. Wenn ich arbeitete, war er da, wenn ich in den Garten ging, kam er nach. Ich hatte ihn in die Schule hier im Dorf gegeben, ich kannte den Lehrer, er hat keine Probleme gemacht. Die Gendarmen kamen ab und zu auf einen Kaffee vorbei. Sie sagten, ich sollte ihn trotzdem melden, vielleicht würden ihn seine Eltern ja suchen. Ich sagte nichts, ich hörte zu, aber ich dachte mir, wenn seine Eltern

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