Der Lavendelgarten
Verantwortlichen werden zur Strecke gebracht und von mir persönlich befragt.«
»Kein Problem, Falk«, versicherte Édouard ihm hastig. »Das waren nur Eier, keine Gewehrkugeln. Ein verbitterter Patriot, der noch überzeugt werden muss.«
»Je eher, desto besser«, knurrte Falk.
Während Édouard sich im Klub in die Toilette zurückzog, um sich zu säubern, führte Frederik Sophia die Stufen hinunter. »Sie zittern ja«, stellte er fest.
»Ich kann Gewalttätigkeit nicht ausstehen«, gestand Sophia.
»Wie die meisten von uns«, pflichtete er ihr bei, drückte ihre Hand und geleitete sie zu ihrem Tisch. Als sie sich setzte, legte er die Hände auf ihre Schultern und flüsterte ihr ins Ohr: »Keine Sorge, Mademoiselle Sophia. In meiner Gesellschaft können Sie sich sicher fühlen.«
Beim Tanzen wanderten Falks Hände über Connies Rücken. Jedes Mal, wenn seine Finger ihre nackte Haut berührten, bekam Connie eine Gänsehaut. Diese Finger, das wusste sie von Édouard, zögerten nicht, den Abzug einer Waffe zu betätigen. Sie roch Falks abgestandenen Alkoholatem an ihrer Wange, als er versuchte, sich mit seinen Lippen den ihren zu nähern.
»Constance, Sie spüren bestimmt, wie sehr ich Sie begehre. Bitte sagen Sie Ja«, stöhnte er, die Nase an ihrem Hals.
Connie, die ihn widerlich fand, unterdrückte nur mit Mühe den Impuls, sich ihm zu entwinden. Bei seiner Berührung wäre sie auf jeden Fall zusammengezuckt, egal, welcher Nationalität er angehörte. Sie musterte die anderen Französinnen, die in dem Klub mit Deutschen tanzten, keine so teuer gekleidet wie sie. Ihrem Aussehen nach zu urteilen waren manche von ihnen wenig mehr als gewöhnliche Prostituierte. Aber durfte sie wirklich auf sie herabblicken …?
Auf der anderen Seite der Tanzfläche sah sie Sophia mit Frederik. Sophia schmiegte sich lächelnd in seine Arme und legte den Kopf an seine Brust. Ihrer Körpersprache wohnte eine – Connie suchte nach dem richtigen Wort – Vertrautheit inne, eine tiefe innere Verbundenheit, als würden sie sich schon lange kennen.
»Nächste Woche könnte es uns gelingen, den Fängen Ihres wachsamen Cousins zu entkommen«, bemerkte Falk mit einem Blick auf Édouard, der jede ihrer Bewegungen vom Tisch aus beobachtete. »Dann wären wir endlich allein.«
»Vielleicht«, sagte Connie, die sich fragte, wie lange sie diesem Mann, der es gewohnt war, sich zu holen, was er wollte, noch ausweichen konnte. »Entschuldigen Sie mich, ich muss mir kurz die Nase pudern«, sagte sie, als das Musikstück zu Ende war.
Falk verneigte sich und verließ mit ihr die Tanzfläche.
Als Connie von der Toilette zum Tisch zurückkehrte, hörte sie, wie Falk und Édouard miteinander redeten.
»Meinem Freund wäre ein Renoir lieber, aber wenn das nicht geht, mag er auch einen Monet.«
»Ich werde wie immer mein Möglichstes versuchen, Falk. Ach, Constance. Sie wirken müde«, begrüßte Édouard sie, als sie sich zu ihnen an den Tisch setzte.
»Ja, ich bin tatsächlich ein wenig müde«, bestätigte sie.
»Wir brechen auf, sobald es uns gelingt, Sophia und Frederik von der Tanzfläche zu holen«, erklärte Édouard.
»Ja.« Falk nahm grinsend einen großen Schluck Brandy. »Offenbar haben die Männer meiner Familie eine Schwäche für die Frauen der Ihren.«
Ein Wagen der Gestapo setzte sie vor dem Haus in der Rue de Varenne ab. Connie und Sophia schwiegen auf der Heimfahrt; Édouard bemühte sich vergebens, ein Gespräch in Gang zu bringen. Als Sarah die Tür öffnete, verabschiedete sich Connie mit einem kurzen »Gute Nacht« von den Geschwistern und ging in Richtung Treppe.
»Constance.« Édouard hielt sie auf. »Bitte leisten Sie mir in der Bibliothek noch Gesellschaft bei einem Brandy.«
Das war keine Bitte, sondern ein Befehl. Während Sarah die vor Glück strahlende Sophia hinaufbrachte, folgte Connie Édouard in die Bibliothek.
»Für mich bitte keinen Brandy«, sagte sie, als Édouard sich ein Glas einschenkte.
»Was ist los, meine Liebe? Sie scheinen ziemlich aus der Fassung zu sein. Sind die faulen Eier schuld? Oder Falks Avancen?«
Connie sank in einen Sessel und legte die Finger an die Stirn. Tränen traten ihr in die Augen, und sie schüttelte verzweifelt den Kopf. »Ich weiß nicht, ob ich das ertrage. Ich verrate alles, was mir beigebracht wurde und woran ich glaube. Ich lebe eine Lüge!«
»Constance, bitte beruhigen Sie sich. Ich kann Sie verstehen. Außenstehende würden vermutlich annehmen, dass Sie den
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