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Der Lavendelgarten

Der Lavendelgarten

Titel: Der Lavendelgarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucinda Riley
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darauf schließen, dass die ersehnte Invasion unmittelbar bevorstand. Ihr konnte sie nicht schnell genug kommen, denn sie würde sie auf die eine oder andere Weise aus dem surrealen Szenario erlösen, in dem sie sich befand.
    Der August war, wie immer in Paris, unangenehm schwül. Nur selten wehte ein kühles Lüftchen. Connie, die sich inzwischen mit Sophia angefreundet hatte, verbrachte die Nachmittage mit ihr im Garten. Wie Édouard richtig festgestellt hatte, besaß Sophia bemerkenswerte künstlerische Fähigkeiten. Connie gab ihr eine Blume oder eine Frucht, die Sophia eine Weile mit ihren schmalen Fingern erforschte. Gleichzeitig beschrieb Connie ihr Form und Farbe des Objekts. Dann griff Sophia zu Holzkohlestift und Skizzenblock, und eine halbe Stunde später war auf dem Papier eine Zitrone oder ein wohlgeformter Pfirsich zu sehen.
    »Wie ist es geworden?«, fragte Sophia dann. »Habe ich Form und Struktur richtig getroffen?«
    Connies Antwort lautete stets: »Ja, Sophia, das hast du.«
    An einem besonders schwülen Augustnachmittag, an dem Connie das Gefühl hatte, den Verstand zu verlieren, wenn die dicken, dunklen Wolken über ihnen sich nicht endlich entluden, wirkte Sophia gereizt.
    »Was ist los?«, fragte Connie und fächelte sich mit einem Buch Luft zu.
    »Ich habe das Gefühl, schon seit Wochen die gleichen Früchte zu zeichnen. Fallen dir denn keine anderen ein? In unserem Château in Gassin haben wir einen Obstgarten mit unterschiedlichen Sorten, aber leider weiß ich nicht mehr welche.«
    Connie, die ihr alle ihr bekannten Früchte beschrieben hatte, nickte. »Ich werde darüber nachdenken«, versprach sie erleichtert, als sie die ersten kühlen Regentropfen auf der Haut spürte. »Ein Gewitter zieht auf. Gehen wir hinein.«
    Nachdem Connie Sophia im Haus Sarah übergeben hatte, damit Sophia sich umziehen konnte, suchte Connie die Bibliothek auf. Dort lauschte sie vom Fenster aus eine Weile dem Donner, froh darüber, dass dieses Geräusch natürlichen Ursprungs war und nicht von Flugzeugen stammte, die von der baldigen Zerstörung kündeten. Während das Gewitter sich austobte, suchte Connie die Regale von Édouards Bibliothek nach Anregungen für Sophia ab.
    Da betrat Édouard mit ungewohnt angespannter Miene den Raum.
    »Constance.« Er begrüßte sie mit einem müden Lächeln. »Kann ich Ihnen helfen?«
    »Ich suche nach einem Buch mit Abbildungen von Früchten. Ihre Schwester ist es leid, immer nur Orangen und Zitronen zu zeichnen.«
    »Ich glaube, da kann ich Ihnen helfen … das Buch habe ich erst vor ein paar Wochen erworben.« Er zog einen dünnen Band aus einem Regal. »Hier.«
    Connie bedankte sich. » Die Herkunft französischer Obstsorten, Band zwei«, las sie laut vor.
    »Darin müssten ausreichend Anregungen enthalten sein. Allerdings bezweifle ich, dass sich in Paris gegenwärtig viele der beschriebenen Früchte finden lassen.«
    Connie blätterte in dem Buch, in dem das Obst in Wort und Bild beschrieben war. »Beeindruckend«, lautete ihr Kommentar.
    »Ja, und sehr alt. Das Buch wurde im achtzehnten Jahrhundert gedruckt. Mein Vater hat den ersten Band für die Bibliothek in unserem Château in Gassin erworben. Zufällig hat ein befreundeter Händler vor ein paar Wochen den zweiten Band hier in Paris entdeckt. Zusammen sind sie ausgesprochen wertvoll. Nicht dass ich Bücher aus diesem Grund sammeln würde – ich liebe sie um ihrer Schönheit willen.«
    »Dieses ist tatsächlich wunderschön«, pflichtete Connie ihm bei und ließ die Finger über den feinen grünen Leineneinband gleiten. »Über zweihundert Jahre alt und fast unberührt.«
    »Den Band werde ich bei meinem nächsten Besuch in unser Château mitnehmen«, erklärte Édouard. »Zusammen bilden sie das perfekte Nachschlagewerk für unseren dortigen Obstgarten. Sie können das Buch jederzeit benutzen. Ich weiß, dass Sie sorgsam damit umgehen. Wenn Sie mich jetzt entschuldigen würden, Constance, ich muss noch etliches erledigen.«
    Als der August in den September überging, fiel Connie auf, dass Sophia oft geistesabwesend war. Normalerweise lauschte sie aufmerksam, wenn Connie ihr etwas vorlas, und bat diese, Sätze, die sie beim ersten Mal nicht verstand, zu wiederholen; doch jetzt schien sie mit den Gedanken anderswo zu sein. Beim Zeichnen stellte Connie den gleichen Mangel an Konzentration fest. Sophias Stift verharrte über dem leeren Blatt Papier, nachdem Connie ihr ausführlich eine Damaszenerpflaume beschrieben

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