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Der Lavendelgarten

Der Lavendelgarten

Titel: Der Lavendelgarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lucinda Riley
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beschleunigte sich der Puls des Lebens darin. An einem Tag war Édouard erst in den frühen Morgenstunden heimgekehrt und leistete Connie beim Frühstück im Esszimmer Gesellschaft.
    »Ich muss in den Süden, etwas erledigen«, verkündete Édouard müde, als sie mit dem Frühstück fertig waren, stand auf, ging zur Tür und blieb dort stehen. »Falls jemand nach mir fragen sollte: Ich bin in unserem Château und komme am Donnerstag zurück. Constance, bitte haben Sie ein Auge auf meine Schwester, wenn unerwartet Gäste kommen.« Damit verabschiedete er sich.
    Ein weiterer langer Tag lag vor Connie. Da Sophia noch nicht auf war, nahm sie in der Bibliothek einen Band von Jane Austen aus dem Regal – Bücher wurden immer mehr zu ihrer einzigen Fluchtmöglichkeit, und sie ging ganz in den Figuren auf, über die sie las. Als sie die Bibliothek vor dem Mittagessen verließ, um sich frisch zu machen, entdeckte Connie einen Brief auf dem Fußabstreifer. Sie hob ihn auf und stellte zu ihrer Überraschung fest, dass er an sie gerichtet war.
    Sie eilte die Treppe hinauf in ihr Zimmer, schloss die Tür hinter sich und riss das Kuvert auf.
    Liebe Constance,
wie ich höre, hältst Du Dich gegenwärtig in Paris auf. Zufällig bin ich auch hier. Deine Tante, eine alte Bekannte meiner Familie, hat mich gebeten, mich nach Deinem Wohlergehen zu erkundigen. Ich logiere im Ritz; es wäre mir ein Vergnügen, Dich heute Nachmittag um drei Uhr im dortigen Salon zu treffen. Ich freue mich schon darauf, mit Dir über unsere gemeinsame Schulzeit zu plaudern.
    V.
    Venetia.
    Connie drückte den Brief in einer Mischung aus Sehnsucht nach Venetia und Gewissensbissen wegen ihres Versprechens Édouard gegenüber an die Brust.
    Das Mittagessen nahm sie allein ein, weil Sophia angeblicher Kopfschmerzen wegen in ihrem Zimmer blieb.
    Anschließend kleidete Connie sich zum Ausgehen an und sank dann wieder aufs Bett, von wo aus sie zusah, wie die Zeiger der Uhr auf halb drei vorrückten. Schließlich setzte sie ihren Hut auf, steckte die Nadeln hinein und verließ das Haus.
    Fünfzehn Minuten später betrat sie das Ritz und schritt zielsicher auf den salon de thé zu, in dem sie schon oft gewesen war. In dem Raum wimmelte es von angeregt plaudernden, teuer gekleideten Frauen. Zum Glück waren nirgends deutsche Uniformen zu sehen. Zehn Minuten vergingen, in denen Connie eingehend die Speisekarte studierte. Vielleicht war es eine Falle, vielleicht wurde sie beobachtet, vielleicht zeugte Édouards Anspannung davon, dass etwas im Gang war, vielleicht hatten sie ihn verhaftet, und sie war die Nächste …
    »Schätzchen! Du bist hübscher denn je!«
    Venetia trug Pelz und dickes Make-up und war nicht mehr als die Frau wiederzuerkennen, die drei Wochen zuvor auf der Brücke an ihr vorbeigeradelt war.
    Als Venetia Connie zur Begrüßung umarmte, flüsterte sie ihr ins Ohr: »Nenn mich Isobel, ich wohne in St. Raphaël, ganz bei dir in der Nähe.« Dann löste sie sich von ihr und setzte sich neben Connie. »Wie gefallen dir meine Haare?«, fragte sie. »Hab sie mir vor Kurzem schneiden lassen. Wird allmählich Zeit, erwachsen zu werden!«
    »Der Schnitt steht dir gut … Isobel«, antwortete Connie.
    »Wollen wir bestellen? Ich war den ganzen Vormittag beim Einkaufen und habe einen Bärenhunger. Zur Feier des Wiedersehens vielleicht ein Gläschen Champagner?«
    »Natürlich«, sagte Connie und winkte einen Kellner heran. Als sie bestellte, fiel ihr auf, dass Venetia den Kopf gesenkt hielt, während sie in ihrer Handtasche nach Zigaretten kramte, die sie erst herausnahm, nachdem der Kellner sich entfernt hatte.
    »Zigarette?« Sie bot Connie eine Gauloise an.
    »Danke.«
    »Wie gefällt’s dir in Paris?«, fragte Venetia, zündete die Zigarette für Connie an und nahm einen langen Zug an der ihren.
    »Sehr gut, danke. Und dir?«
    »Das Leben hier ist jedenfalls deutlich hektischer als das im Süden, stimmt’s?«
    Als der Champagner serviert wurde, trank Venetia sehr undamenhaft sofort das halbe Glas. Connie fiel auf, dass ihre Hand mit der Zigarette zitterte. Als Venetia schließlich Pelzjacke und Hut ablegte, bemerkte Connie ihre hervorstehenden Schulterblätter unter der Bluse, ihr ausgezehrtes Gesicht und die dunklen Ringe unter den Augen, die das Make-up nicht verbergen konnte. Venetia wirkte zehn Jahre älter als bei ihrer letzten Begegnung.
    Die folgende halbe Stunde verbrachten sie mit einer absurden Unterhaltung über Connies Tante in St. Raphaël und

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