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Der Leichenkeller

Der Leichenkeller

Titel: Der Leichenkeller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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müsse, um nicht hinausgeworfen zu werden.
    Während er mit ihr beschäftigt war, wandte ich mich an Mike. »Ich habe eine laufende Verhandlung. Was zum Teufel ist hier los? Wo ist das Mädchen?«
    »Unten, in einer U-Haft-Zelle.«
    »Wie lautet die Anklage?«
    »Unrechtmäßige Aneignung von Diebes–«
    Ich fiel ihm ins Wort. »Für das alte Ding da«, sagte ich und zeigte auf den Pelzmantel, »kannst du kein schweres Verbrechen geltend machen. Er ist keine zweitausendfünfhundert Dollar mehr wert.«
    »Und Beihilfe zur Flucht –«
    »Schon besser.«
    »Und strafbarer Besitz von Crack. Eine weiße Lackledertasche voller kleiner Ampullen.«
    Ich drehte mich wieder zu Mrs. Gatts. »Sie warten am besten unten auf Ihre Tochter, beim Ausgang zur One Hundred Centre Street, wo der Richter ihren Fall heute Abend anhören und eine Kaution festsetzen wird.«
    »Was soll das heißen – heute Abend? Es ist noch nicht einmal zwei Uhr. Und was meinen Sie mit Kaution? Tiffany ist noch ein Kind. Sie haben kein Recht, sie einzusperren, ohne dass ich sie sehen kann.«
    Mercer machte einen erneuten Versuch, die wild fuchtelnde Mrs. Gatts zu beruhigen. Sie tat einen Schritt zurück und trat mit voller Wucht gegen die Tür.
    Ich versuchte mir ein Beispiel an Mercer zu nehmen und diplomatisch zu sein. Ich wollte auf die Frau zugehen, aber Mike hielt mich auf. »Sie könnten Tiffany die Sache sehr viel leichter machen, Ma’am. Sie braucht uns nur zu helfen. Sie hat sich mit gefährlichen Leuten eingelassen.«
    »Mit wem zum Beispiel?«
    »Kevin Bessemer.«
    »Bessie? Diesem Knastbruder? Er ist alt genug, um ihr Vater zu sein. Was will sie denn mit dem?« Etta Gatts schnalzte ungläubig mit der Zunge. Ich überließ es Mercer, ihr zu erklären, warum Tiffany in Schwierigkeiten war.
    »Das sagt verdammt noch mal gar nichts. Der Lieutenant hat mir gesagt, dass mein Baby zu jung ist, um mit einem zweiunddreißigjährigen Mann Sex zu haben. Das ist Vergewaltigung. In diesem Bundesstaat ist sie zu jung zum Wählen und zu jung zum Trinken. Also ist sie auch zu jung fürs Gefängnis.«
    »Drei von vier ist nicht schlecht, Mrs. Gatts. Mit sechzehn wird man vor dem Strafgericht wie eine Erwachsene behandelt. Sie sollten tun, was Ms. Cooper Ihnen geraten hat, und ein ernstes Wort mit Tiffany reden. Sie ist die Einzige«, sagte Mike und zeigte auf mich, »die Ihrer Tochter helfen kann.«
    »Ich will Ihre Hilfe nicht«, krakeelte die Frau und trat erneut gegen die Metalltür. Mercer wollte sie am Ellbogen fassen, aber sie kämpfte sich frei und brüllte um einige Dezibel gesteigert weiter.
    »Nun beruhigen Sie sich doch.«
    »Fassen Sie mich nicht an«, kreischte sie Mercer an. »Und Sie, Sie knochenarschiges Miststück, passen Sie nur auf! So wahr mir Gott helfe, unsereins ist noch nicht fertig mit Ihnen.«

6
     
    »Sieh’s doch mal von der positiven Seite, Coop. Wenigstens nannte sie dein Hinterteil ›knochig‹«, sagte Mike und warf seine Serviette quer durchs Zimmer in den Abfalleimer. »Ich werde den Mantel zur Fotoeinheit rüberbringen, um ihn fotografieren und ein paar Nahaufnahmen des Etiketts und des Monogramms machen zu lassen.«
    »Zuerst könntest du Alex zum Gerichtssaal hinaufbegleiten«, sagte Mercer, »und ein paar komisch aussehende Regierungsfritzen unter die Lupe nehmen. Ich kann nicht wegen der Geschworenen, weil ich nächste Woche als Zeuge aussagen werde.«
    »Pass auf meinen Pelz auf, Kumpel.« Mike nahm meine Verfahrensakte und folgte mir.
    Wir schlängelten uns durch die potenziellen Geschworenen, die ungeduldig in dem stickigen Korridor vor dem Gerichtssaal warteten. Einer der Gerichtspolizisten sah uns kommen und hielt uns die Tür auf.
    Fünf Minuten später, um Punkt Viertel nach zwei, wurden die sechzig Männer und Frauen eingelassen. Zwölf von ihnen nahmen in der Geschworenenbank Platz, und die anderen folgten den Anweisungen, sich auf die ersten Bankreihen zu verteilen.
    Die beiden Männer mit den dunklen Brillen hockten sich in die letzte Reihe.
    Ich ging mit Mike in den hinteren Teil des Gerichtssaals, um vielleicht etwas aufzuschnappen, was sie sagten. Als wir den beiden näher kamen, lächelte Mike breit, so als wäre er freudig überrascht, einen alten Bekannten wiederzusehen.
    »Hey, schön Sie wiederzusehen. Mike Chapman.« Er hielt dem Mann, der weiter weg vom Mittelgang saß, die Hand hin. Der Mann schüttelte sie, sagte aber kein Wort. »Sheehan’s Bar, richtig? Im Frühsommer? Sie haben die letzte

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