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Der leiseste Verdacht

Der leiseste Verdacht

Titel: Der leiseste Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Brink
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Fest entschlossen, nicht zu weinen, riss sie eine alte Reisetasche aus dem Schrank und begann hektisch, wenn auch wenig effektiv ihre Kleider hineinzustopfen. Ohne nachzudenken, warf sie alles hinein, was ihr in die Finger kam: Unterwäsche, Toilettenartikel und ein paar Bücher, die zufällig auf dem Nachttisch lagen. Aus ihrem Kleiderschrank raffte sie aufs Geratewohl ein paar Kleidungsstücke zusammen, die sie in die bereits gut gefüllte Reisetasche presste. Mit Mühe schloss sie den Reißverschluss, bevor sie einen letzten Blick durch den Raum schweifen ließ, die Zähne zusammenbiss, die Tür aufschloss und auf den Flur trat.
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    Er saß immer noch in unveränderter Haltung auf dem Sofa, doch als er sie erblickte, stand er auf und wollte etwas sagen.
    Sie kam ihm zuvor. »Ich fahre jetzt in die Stadt und werde bei Kajsa wohnen, bis ich mir darüber im Klaren bin, wie es weitergehen soll«, teilte sie ihm mit.
    Zögerlich machte er ein paar Schritte auf sie zu.
    »Ich finde, du solltest bis morgen warten«, entgegnete er vorsichtig. »Du hast einen Schock erlitten und bist zu erregt, um dich jetzt hinters Steuer zu setzen. Das ist viel zu gefährlich.«
    »Du hast kein Alleinrecht darauf, Risiken einzugehen«, gab sie zurück. Doch anstatt so souverän, wie sie es geplant hatte, das Haus zu verlassen, wurde sie plötzlich von Zweifeln gepackt und stellte die Tasche ab.
    Er sah wirklich schrecklich deprimiert aus. Ein Blick in seine Augen versetzte ihr einen Stich ins Herz. Wenn ihre Existenz erschüttert war, dann war es seine umso mehr. Er musste sich wie in einem Albtraum vorkommen. War es nicht lieblos und unverantwortlich von ihr, ihn in dieser Situation allein zu lassen?
    Wie zwei wachsame Tiere standen sie zu beiden Seiten der Tasche und fixierten einander. Es konnte ihm nicht entgehen, dass ihr Zorn langsam verebbte, dazu kannte er sie zu gut. Er stieß das trübselige Lachen aus, das für ihn so typisch war, und zuckte kaum merklich mit den Schultern. Das reichte.
    Katharinas Herz verhärtete sich wieder, denn sie glaubte zu wissen, was sein Lachen bedeutete: Ja, ich weiß, dass mein Verhalten unentschuldbar ist, und niemand bereut dies mehr als ich. Aber ich weiß auch, dass du mir verzeihen wirst, wie du mir immer verziehen hast, denn wenn’s drauf ankommt, bin ich doch unwiderstehlich.
    Sie spürte, dass sie dieses eine Mal seiner Anziehung nicht erliegen würde, und besaß sogar die Kraft für ein paar nüchterne Betrachtungen. Ja, er war es gewohnt, dass man ihm alles rasch 120

    verzieh. Frauen hatten ihm stets alles nachgesehen, und sie selbst war in dieser Hinsicht am schlimmsten gewesen. Nun aber packte sie erstmals der heftige Wunsch, seine Erwartungen zu enttäuschen. »Ich weiß, dass du dich in einer fürchterlich schwierigen Lage befindest. Aber ich kann nichts anderes erkennen, als dass du dich selbst in diese Lage gebracht hast.
    Und ich habe einfach keine Lust mehr, die Konsequenzen für deine Handlungen zu tragen. Die Leiche in der Jauchegrube …
    der Mord in Stockholm … all die abstrusen Verdächtigungen.
    Mit denen musst du ohne meine Hilfe fertig werden. Ich will mich mit diesen Dingen jetzt nicht beschäftigen. Aber Roffe wird mich natürlich auf dem Laufenden halten, und du selbst kannst dir seiner Freundschaft und Unterstützung ja gewiss sein.
    Ich mache mich jetzt auf den Weg zu Kajsa.«
    Sie nahm die Tasche und ging zur Haustür, zog sich die Jacke an und suchte nach den Autoschlüsseln. Patrik kam hinter ihr her und flehte: »Warte doch bitte wenigstens bis morgen. Ich schlafe im Atelier. Du brauchst mich nicht zu sehen, wenn du nicht willst.«
    Als er merkte, dass seine Worte nutzlos waren, fügte er mit Nachdruck hinzu: »Heute Abend noch in die Stadt zu fahren, ist eine Dummheit.«
    Sie warf ihm einen eiskalten Blick zu.
    »Versuch doch, mich daran zu hindern«, sagte sie und verließ das Haus.
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    Donnerstag, 4. Mai
    Hausmitteilung an alle, die in den letzten Wochen Einsicht in die Unterlagen der Kriminalinspektion hatten.

    In der gestrigen Ausgabe der Dagens Nyheter war eine Notiz zu lesen, die in offensichtlichem Zusammenhang mit einem Brief steht, der unsere Abteilung vor kurzem erreichte. Es ist eine Tatsache, dass immer wieder polizeiliche Interna an die Presse weitergegeben werden. In diesem Fall ist es für den weiteren Verlauf der Ermittlung von entscheidender Bedeutung, zu wissen, ob die betreffenden Informationen von der Polizei selbst oder vom

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