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Der leiseste Verdacht

Der leiseste Verdacht

Titel: Der leiseste Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Brink
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Kunstakademie, und er studierte Kunstgeschichte an der Universität. Wir hatten einige gemeinsame Bekannte und trafen uns manchmal auf irgendwelchen Partys. Er war inzwischen verheiratet, und ich habe mich gewundert, was für ein hübsches und nettes Mädchen 138

    er abgekriegt hatte. Ich frage mich immer noch, was sie an ihm bloß gefunden hat.«
    »Wann hat er angefangen, als Galerist zu arbeiten?«
    »Das war erst viel später. Irgendwann in den Achtzigern. Ich hatte Stockholm verlassen und war hierher zurückgezogen.
    Freunde hatten mir davon erzählt. Damals, ich glaube, es war
    ’83 oder ’84, hatte sich sein Vater das Leben genommen. Es stellte sich heraus, dass seine Firma schon seit Jahren kurz vor der Insolvenz stand. Er hatte wohl keine Kraft mehr, das länger zu verschleiern, und hinterließ einen Haufen Schulden. In Christiansholm hat das einen ziemlichen Wirbel verursacht und viel Gerede in seinem Bekanntenkreis nach sich gezogen. Nach allem, was ich gehört habe, war es für Axel ein Riesenschock, und vorübergehend muss er richtig auf den Hund gekommen sein. Außerdem hatte er sich ein fettes Erbe erwartet. Als sich das als Irrtum erwies, nahm er die verschiedensten Jobs an. Teils um sich selbst zu versorgen, teils um seiner Mutter die heimische Villa zu erhalten und ihr die weitere Demütigung eines Umzugs zu ersparen. Jedenfalls kam er erstaunlich rasch wieder auf die Beine. Er hat eine Nase für alles, was ein Geschäft verspricht, und in den achtziger Jahren versprach der Handel mit Kunstgegenständen ein großes Geschäft. Zumindest für den Händler, weniger für den Künstler. Auf Umwegen erfuhr ich, er habe eine große Galerie eröffnet, doch ich hatte zunächst keine Absicht, deswegen Kontakt mit ihm aufzunehmen.«
    »Also hat er Kontakt mit Ihnen aufgenommen?«
    »Ja.«
    »Und wie?«
    »Er besuchte mich zu Hause und wollte sich meine Bilder anschauen.«
    »Wann war das?«
    »Ein paar Jahre später, ich weiß nicht mehr genau, ’90 oder
    ’91. Er war sofort sehr angetan, und wir sprachen lose von den 139

    Möglichkeiten einer späteren Ausstellung. Fürs Erste wollte er ein paar Bilder von mir mitnehmen und in seiner Galerie verkaufen, und ich habe das Angebot angenommen.«
    »Hat er sie verkauft?«
    »Ja, und er fragte sofort nach weiteren Bildern. Innerhalb weniger Jahre verkaufte er ungefähr zehn Bilder von mir.«
    »Hat es später eine Ausstellung Ihrer Bilder in seiner Galerie gegeben?«
    »Ja, das war im letzten Herbst, genauer gesagt, im September.
    Bei dieser Gelegenheit hat er mich um 140000 Kronen betrogen.«
    »Wie ist das passiert?«
    »Der Verkauf meiner Bilder brachte 320000 Kronen ein, eine unglaublich hohe Summe. Niemals zuvor hatte ich auch nur annähernd so gut verdient. Von diesen Einnahmen sollte ich die Hälfte, also 160000 behalten. Als Anzahlung erhielt ich 20000, den Rest wollte er mir nach Beendigung der Ausstellung geben.
    Doch zu diesem Zeitpunkt hatte er sich bereits aus dem Staub gemacht und war einfach nicht mehr aufzutreiben, weder für mich noch für seine anderen Gläubiger.«
    »Haben Sie ihn später ausfindig gemacht?«
    Ein grimmiges Lachen. »Nein, und das ist ein Glück für ihn.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Na, was glauben Sie denn?«
    »Marianne Wester behauptet in ihrem Schreiben, Sie hätten gedroht, ihn umzubringen.«
    »Da war ich sicher nicht der Einzige. Es gibt eine Reihe von Leuten, die hinter ihm her sind. Ich habe nie daran gedacht, ihn umzubringen, aber ich hätte ihm zu gern eine Tracht Prügel verpasst, die sich gewaschen hätte.«
    »Haben Sie nicht gesagt, dass Sie ihn töten wollten?«
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    »Kann schon sein, dass ich gesagt habe, ich wolle ihm den Hals umdrehen.«
    Kurzes Schweigen.
    »Dem Obduktionsbericht zufolge hatte die Leiche in der Jauchegrube ein gebrochenes Genick …«
    »Aha … und was wollen Sie damit andeuten?«
    »Nur das, was ich gesagt habe. Marianne Wester hat behauptet, sie hätte Ihnen Hembergs Adresse in Christiansholm verraten. Sind Sie dort gewesen?«
    »Ja, mehrere Male.«
    »Haben Sie ihn dort angetroffen?«
    »Wie Sie bereits wüssten, wenn Sie mir vorhin richtig zugehört hätten, habe ich ihn seit seinem Verschwinden nie wiedergesehen. Ich habe mit seinen Mietern gesprochen, das können Sie gern nachprüfen. Die hatten auch keinen Schimmer, wo er abgeblieben war.«
    »Warum, glauben Sie, hat Marianne Wester diesen Brief geschrieben?«
    »Ich weiß es nicht. Falls Sie ihn überhaupt geschrieben

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