Der leiseste Verdacht
lustigen Einfällen der Polizei bei Laune zu halten.
Als er sich verabschieden wollte, schaute ihn der Maler durchtrieben an und sagte: »Viel Glück bei Marco Fermi.
Angesichts seiner schmerzenden Nase und der Taubheit zwischen den Beinen dürfte er nicht gerade bester Laune sein.«
Den missbilligenden Blick seiner Frau nahm PM nicht zur Kenntnis.
Als Wagnhärad Knigarp erreichte, begegnete er zunächst Nisse Hallman, der schadenfroh verkündete, Marco Fermi habe sich aus dem Staub gemacht.
»Wie, aus dem Staub gemacht?«, fragte Wagnhärad
misstrauisch.
Hallman spuckte in hohem Bogen eine zähe, nikotinbraune Speichelmasse auf den Boden und klang ungewohnt fröhlich:
»Na, abgehauen! Keine Ahnung, wo der hin ist. Ich dachte, die Polizei hat ihn vielleicht schon geschnappt.«
»Warum sollten wir?«, entgegnete Wagnhärad zerstreut, während er den Blick über den Hofplatz schweifen ließ, als erwarte er, dass Fermi jeden Moment grinsend um die Ecke schaute. »Wann ist er abgehauen?«
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»Schon vor ein paar Tagen. Der kann bleiben, wo der Pfeffer wächst!«
»Ist seine Frau zu Hause?«, fragte Wagnhärad, dem im selben Moment klar wurde, dass diese Frage vollkommen überflüssig war.
»Nee, die ist auch weg«, antwortete Nisse und wandte sich wieder seiner Arbeit zu, vermutlich in der Gewissheit, jetzt wieder das Regiment zu führen.
Wagnhärad trottete auf das Wohngebäude zu, um Nygren zu sprechen. Das Klopfen konnte er sich sparen, weil der Hund ein so wildes Spektakel aufführte, dass sein Herrchen automatisch die Tür öffnete. Wie erwartet, war Nygren über den Besuch nur mäßig erfreut, setzte jedoch eine wohlwollende Miene auf und begrüßte Wagnhärad höflich. Dieser wollte sich sogleich nach Fermi erkundigen, beherrschte sich aber und »improvisierte«. Er zog das richtige Kuvert aus der Aktentasche und ließ seine einstudierte Erklärung vom Stapel. Es hätte ihn nicht gewundert, hätte sich Nygren über die dilettantische Vorgehensweise mokiert, doch dieser gab sich erstaunlich kooperativ und betrachtete die Fotos eingehend. Dann gab er sie kopfschüttelnd zurück und sagte: »Tut mir Leid, aber ich kenne keine der beiden Personen.«
Gemäß seiner Rolle als dienstbeflissener Kommissar legte Wagnhärad die Umschläge sorgsam in seine Tasche zurück und entschuldigte sich für die Unannehmlichkeiten, die er verursache. Erst dann erkundigte er sich, wo er Marco Fermi finden könne.
Nygrens Gesicht verfinsterte sich. »Er ist nicht mehr hier«, sagte er knapp.
»Ist er verreist?«
»Nein, er ist vor zwei Tagen weggefahren, um seine Frau zu holen, und seitdem nicht zurückgekehrt. Ich habe keine Ahnung, wo er sich aufhält.«
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Wagnhärad sah bedrückt aus. »Tja«, sagte er, »dann muss ich leider ein anderes Mal wiederkommen. Erwarten Sie ihn in den nächsten Tagen zurück?«
Nygren warf einen verbitterten Blick auf das Chaos um sich herum und knurrte: »Ich kann nur hoffen, dass er zurückkehrt.
Hier gibt es jede Menge zu tun.«
Wagnhärad blieb nichts anderes übrig, als sich für Nygrens Entgegenkommen zu bedanken und unverrichteter Dinge den Heimweg anzutreten.
Als er unzufrieden wieder in seinem Wagen saß, ging ihm durch den Kopf, dass Nygren irgendwie verändert gewirkt hatte.
Es wusste selbst nicht genau, was diesen Eindruck hervorrief.
An der kühlen Distanz, die stets zu spüren gewesen war, hatte sich nichts geändert, doch hinter dieser Fassade meinte er plötzlich eine innere Unruhe wahrgenommen zu haben.
Vielleicht hing dies nur mit Fermis Verschwinden zusammen, aber da war noch mehr. Wagnhärad, der sich selbst als guten Psychologen betrachtete, hätte wetten können, dass der Kerl verunsichert, wenn nicht gar erschüttert war. Aber das war sein persönlicher Eindruck, den er für sich behalten wollte. Und natürlich konnte dieser auch ganz banale Ursachen haben wie plötzliche ökonomische Probleme oder eine saftige
Stromrechnung.
Um drei Uhr war er wieder im Präsidium. Roffe hob
erwartungsvoll den Kopf, als er zur Tür hereinkam.
»Das war leider ein Schuss in den Ofen«, begann Wagnhärad.
»Der Kerl ist uns durch die Lappen gegangen, zumindest vorerst. Er war nicht da.«
»Was heißt das, er war nicht da?«, fragte Roffe. »Wo ist er denn?«
»Nisse Hallman äußerte die Hoffnung, dass wir ihn
festgenommen hätten. Natürlich habe ich Nygren die Fotos gezeigt, und er hat gesagt, Fermi sei vor zwei Tagen 285
weggefahren, um seine Frau zu holen. Er
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