Der leiseste Verdacht
glaube ich. Auch er war ein sehr netter Mensch und gar nicht eingebildet, obwohl er doch zu den wirklich wichtigen Leuten hier in der Stadt zählte. Er saß im Stadtrat, und sie war Mitglied des Kirchenrats, außerdem Vorsitzende des Handarbeitskreises, dem auch ich angehört habe. Als ich noch nicht verheiratet war, 197
wohnte ich in Christiansholm. Die gemeinsame Arbeit mit ihr hat viel Spaß gemacht, sie war unglaublich …«
Wagnhärad hob die Hand.
»Eigentlich hatte ich nach Axel Hemberg gefragt«, sagte er.
»Ich bin ihm ein paarmal begegnet. Manchmal half er seiner Mutter. Vor allem, wenn wir Basare und Weihnachtsfeste organisiert haben. Er war ein netter Junge mit guten Manieren, und tüchtig in der Schule war er auch. Später ist er dann nach Stockholm gezogen. Hat dort sicher seinen Weg gemacht, so intelligent, wie er war. Ich glaube, er war dann im Kunstgeschäft tätig, das soll ja sehr lohnend sein, habe ich gehört.«
Sie hielt inne und sah Wagnhärad aufmerksam an.
»Warum erkundigen Sie sich nach ihm?«, fragte sie neugierig.
»Ist er in irgendwas verwickelt?«
»Das wissen wir nicht«, antwortete er ausweichend und wandte sich an Ragnar Sandström. »Kennen auch Sie Axel Hemberg?«
»Hab diesen Namen noch nie gehört«, brummte er
gleichgültig.
»Nein, Ragnar kann ihn nicht kennen«, warf seine Frau ein.
»Mein Mann hatte damals einen Hof in Halland. Ich hatte Kontakt zu den Hembergs, bevor wir uns kennen lernten.«
»Wann haben Sie Axel Hemberg das letzte Mal gesehen?«, fragte Wagnhärad.
Sie dachte eine Weile nach, bevor ihr Gesicht sich aufhellte.
»Das ist noch gar nicht so lange her. Das muss vorigen Sommer gewesen sein. Er war bei Patrik Andersson zu Besuch, die beiden sind alte Schulkameraden. Sie gingen zu dritt spazieren, Axel, Patrik und Katharina. Ich glaube, es war ungefähr Mittsommer. Ich hatte mich so gefreut, ihn nach all den Jahren wiederzusehen. Anfangs hat er mich gar nicht wiedererkannt, aber als ich den Handarbeitskreis erwähnte, 198
erinnerte er sich doch. Damals habe ich nach seiner Mutter gefragt und von ihrem bedauernswerten Zustand erfahren. Ich hatte den Eindruck, dass er ein bisschen gerührt war, jemanden aus der guten alten Zeit, als seine Mutter noch gesund war, wiederzutreffen. Wir konnten leider nicht viel miteinander reden, weil Patrik und Katharina so gehetzt wirkten. Zumindest habe ich erfahren, dass es Axel in jeder Hinsicht gut ging.«
Wagnhärad sah sie eindringlich an und sagte: »Und seitdem haben Sie von ihm nichts mehr gesehen oder gehört?«
»Nein«, sagte sie verwundert über sein hartnäckiges Interesse.
»Es ist ihm doch nichts passiert?«
»Das wollen wir hoffen«, entgegnete er rätselhaft. Er blickte von ihr zu ihrem Mann. »Sagt Ihnen der Name Marianne Wester etwas?«
Beide blickten ihn fragend an, und etwas anderes hatte er auch nicht erwartet. Er tauschte einen Blick mit Bergh und stand auf.
»Dann bedanken wir uns für dieses Mal«, sagte er. »Sollten wir weitere Fragen haben, werden wir von uns hören lassen.«
Märta Sandström stand ebenfalls auf, während ihr Mann regungslos auf dem Sofa verharrte.
»Ich glaube, wir haben Ihnen alles gesagt, was wir wissen«, sagte sie unruhig und begleitete sie zur Tür. Als sie außer Hörweite ihres Mannes waren, senkte sie die Stimme: »Sie müssen meinen Mann entschuldigen, aber er ist nicht ganz auf der Höhe. Im Grunde sollte alles vermieden werden, was ihn aufregen könnte. Und an die grauenhafte Zeit auf Knigarp will er schon gar nicht erinnert werden. Vor allem braucht mein Mann Ruhe.« Sie öffnete die Tür, blieb jedoch selbst im Türrahmen stehen, als habe sie noch etwas auf dem Herzen.
»Wäre es nicht möglich, dass Nisse Hallman …« Sie hielt inne und suchte nach den richtigen Worten. »Ich meine, wenn man so bösartig veranlagt ist … oder ein Unfall … Ich habe schon 199
immer gedacht, dass diese Jauchegrube eine richtige Gefahr für die Leute ist. Sie ist zwar eingezäunt, aber es ist schon öfter vorgekommen, dass Hallman vergessen hat, das Tor zu schließen. Seine Zuverlässigkeit lässt nämlich manchmal zu wünschen übrig. Jemand könnte doch einfach hineingegangen und ausgerutscht sein.«
»Das halten wir für ziemlich ausgeschlossen«, entgegnete Wagnhärad trocken. »Auf Wiedersehen, Frau Sandström.«
Er trat energisch auf die Haustür zu, sodass sie gezwungen war, sie freizugeben.
Als sie wieder im Auto saßen, seufzte Wagnhärad
demonstrativ
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