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Der letzte Abend der Saison

Der letzte Abend der Saison

Titel: Der letzte Abend der Saison Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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sie dasitzen und hoffen, dass alles gut wird.
     
    Sie fuhren durch eine Landschaft, die nach Wasser schrie. Die Heide schien wie in einer Luft aus Glas zu schweben. Wenn es keinen Regen gibt, dann wird hier kein Nebel entstehen, dachte er. Das hier ist der Ort, wo der Nebel geboren wird. Wenn im September hier die Sonne verschwunden ist, dann kommt der Nebel aus der Erde hervor. Dann sollte man hier stehen mit dem Gesicht im Wind.
    Rechts sah er plötzlich, wie sich die Wiesen öffneten. Es war, als würde ein Weg entstehen, der sich bis zum Horizont erstreckte. Es bildete sich ein Durchgang zu etwas anderem. Etwas Verlockendem. Es war, als wäre das abwesende Licht in den Augen der Frau dasselbe, das dort hinten schimmerte.
    Danach gab das Auto einen Schrei von sich, wie ein Schmerzensschrei, und hörte auf, sich lenken zu lassen. Es wurde still, rollte noch ein paar Meter und blieb dann stehen.
    Sie horchten alle, als würde das Auto mit ihnen sprechen, wenn sie sich nur still genug verhielten.
    »Was ist los?«, fragte sie schließlich.
    »Ich werde nachsehen«, sagte er, beugte sich vor und zog an dem Hebel, so dass sich die Motorhaube öffnete. Er stieg aus, machte die Motorhaube auf und arretierte sie. Ich achte auf das, was ich tue, dachte er.
    »Was ist los?«, fragte sie wieder, als er zum Fahrersitz zurückkam.
    »Ich weiß nicht.«
    »Kann man es nicht sehen?«
    »Heutzutage sind alle Systeme in den Autos mit Computerchips ausgestattet, man kann nichts selbst machen.«
    »Kann man nicht ein wenig herumschrauben?«
    »Nein.«
    »An irgendwas muss man verdammt noch mal herumschrauben können«, sagte sie. »Du bist ein Mann. Nimm irgendwas und schraube an irgendwas herum.«
    »Das ist nicht der richtige Moment«, sagte er.
    »Der richtige Moment wofür?«
    »Der richtige Moment, etwas zurückzugeben.«
    Sie antwortete nicht.
    »Es wäre etwas anderes, wenn uns das vor dreißig Jahren passiert wäre«, sagte er.
    »Wieso?«, fragte der Sohn vom Rücksitz.
    »Da waren die Autos dafür gemacht, gepflegt zu werden.«
    »Wieso?«
    »Ölfilter gehörten damals so gut wie nie zur Grundausstattung. Das hieß, dass man das Motorenöl alle 1500 Kilometer austauschen musste, und wollte man das Auto auf der Straße behalten, dann absolvierte man viele Besuche beim Schmierdienst.«
    »Wie lang sind 1500 Kilometer?«, fragte der Sohn.
    »Das ist dieses ganze Land einmal quer durch.«
    »Mein Gott«, sagte die Frau.
    »Was denn?«
    »Du lebst nicht im Hier und Jetzt«, sagte sie. »Du machst mir Angst. Ich werde damit nicht fertig.«
    »Wäre dieses Auto gepflegt worden, wäre es nie passiert«, sagte er.
    »Also ist es mein Fehler?«
    »Du bist diejenige, die das Auto gehabt hat.«
    »Ich habe dafür und für alles andere die Verantwortung übernommen, während du mit deinem verdammten Schwanz bei den verschiedenen Schmierdiensten unterwegs warst«, sagte sie.
    »Wir haben Kinder auf dem Rücksitz.«
    »Mein Gott.« Sie riss ihre Handtasche auf, holte einen Notizblock und einen Stift heraus und schrieb etwas auf. Sie hielt ihm den Block hin und er las die Nachricht. Sie wollte ein Leben ohne ihn. Ich muss wegfahren, schrieb sie.
    »Ich werde einen Abschleppwagen rufen müssen«, sagte er und stieg aus, um allein zu sein. Er nahm das Handy aus der Brusttasche und rief die Auskunft an.
     
    »Wann sollte das Abschleppauto kommen?«, fragte die Tochter mit Kuchen im Mund.
    »Bald.«
    »Wir stehen aber schon lange hier«, sagte die Tochter.
    »Ich habe zweimal angerufen«, sagte er.
    »Können wir nicht doch an etwas herumschrauben?«, fragte der Sohn.
     
    Er stand auf und ging weg, weil er nicht wollte, dass sie seinen Gesichtsausdruck sahen. Er biss sich fest ins rechte Handgelenk und sah, dass es weiß wurde und dass etwas Blut kam. Er sah einen Zweig auf dem Boden und dachte kurz daran, ihn sich in eines seiner Augen zu bohren.
    Dann war er bereit, umzukehren und zu seiner Familie zurückzugehen.
    Sie saßen still da und verfolgten die Reise der Wolken am Himmel. Ihre Blicke waren so lange nach oben gerichtet, bis es anfing zu regnen.
    Sie setzten sich ins Auto. Es war warm und er öffnete ein Fenster, das Luft und Regen einließ.
    »Warum fahren hier denn keine anderen Autos?«, fragte der Sohn.
    »Das habe ich mich auch schon gefragt«, sagte er.
    »Warum ist das Abschleppauto noch nicht da?«, fragte die Tochter.
    »Hattest du die richtige Nummer?«, fragte die Ehefrau.
    »Vielleicht sind sie falsch gefahren«,

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