Der letzte Aufstand
Schicksal überlassen können, aber er hat sie gerettet. Deshalb ist sie ihm einen Teil ihres Lebens schuldig.“
„Habt ihr `ne Macke?“
„Deine Wut wird dich nicht weiter bringen, Theke.“
Pete spürte einen glühenden Zorn in sich aufsteigen. Er hob seine geballten Hände und machte einen Schritt auf Tam zu. Doch kurz bevor er dem jungen Mann eins verpassen konnte, stellte Henk ihm ein Bein und Pete fiel zuerst auf die Knie und von dort aus auf den Bauch.
Es hatte ausgesehen, als stolpere er. Niemand schaute die Männergruppe komisch an. Die Touristen strömten einfach an ihnen vorbei. Pete rappelte sich wieder hoch; die Wut immer noch unerlöst in seinem Bauch. Er klopfte sich die feinen Steinchen von den Kleidern.
„Das könnt ihr nicht tun! Ihr könnt nicht einfach in unser Leben treten, uns fast umbringen und uns dann noch solch einen Quatsch an die Birne werfen!“
Henk betrachtete ihn, wie man ein kleines Kind betrachtet, das an der Kasse unbedingt Süssigkeiten will, sie aber nicht kriegt.
„Füge dich deinem Schicksal, Theke. Es bleibt dir nichts anderes übrig. Diese Dinge sind in Stein gemeisselt. Du wirst deine Freundin in drei Jahren wieder sehen. Ein halbes Jahr davon hast du ja schon geschenkt gekriegt ...“
„Was meinst du?“
„Du bist ein halbes Jahr in der Zukunft gelandet. Schon vergessen?“
„Scheisse!“
„Leb wohl, Pete von den Theken. Vielleicht kreuzen sich unsere Wege noch einmal ...“
Henk tippte Terry auf die Schulter und nickte ihm zu. Dieser nahm das - Pete bereits bestens vertraute - blaue Tuch aus seiner Manteltasche und legte es vorsichtig zwischen Tam und sich selbst. Dann sprang er. Und als handle es sich dabei um Magie, bemerkte niemand der Umherstehenden auch nur der Spur nach etwas. Tam sprang als Nächster.
Pete machte sich bereit den Männern hinterher zu springen. So einfach liess es sich nicht abspeisen. Henk nickte Pete noch einmal zu. „Akzeptiere dein Schicksal, Theke!“ Dann sprang auch er und als das Tuch ihn verschlang, grabschte er es mit der linken Hand und zog es hinter sich her. Pete war bereits abgesprungen, als er es realisierte, und landete mit beiden Füssen auf dem kalten Steinboden.
Das Tuch, die Männer, die fremde Welt, Liv: alles weg, unerreichbar.
☸
Paris, 8 Tage nach „Tag X“
Philippe Broccart hatte einen guten Tag hinter sich, das heisst, vor sich ... es war schliesslich noch früh. Und zwar genau elf Uhr morgens. Er hatte einem dummen, reichen Holländer vor genau zehn Minuten einen Rembrandt verkauft, der gar keiner war. Besser konnte das Leben nicht sein. Sein Konto auf den Cayman-Islands war wieder satte zweihunderttausend Euro praller und die Sonne schien. Was wollte man mehr?
Er ging gerade die Rue Balzac herunter und kaufte sich in einem Tabac-Laden ein Pack Gauloise Blau, als ihm plötzlich das Blut in den Adern gefror. Alle Alarmsignale, die sein Körper zu produzieren im Stande war, schienen gleichzeitig loszugehen. Philippe drückte sich instinktiv an die nächste Mauer, um weniger Sichtfläche zu bieten.
War das nicht dieser Bulle?
Er ging unauffällig hinter einem Auto zwei mal auf und ab. Dann war er sich sicher. Ein guter Tag war soeben noch besser geworden, wenn er mit genügend Vorsicht vorging. Das Dreckschwein hatte ihn vor einigen Monaten hinter‘s Licht geführt, und Philippe Broccart mit angekratztem Stolz war nicht gesund, für niemanden. Auch nicht für einen Bullen, der meinte, er sei wegen seiner Zugehörigkeit zum Staat etwas Besseres und unantastbar.
Philippe zückte sein Handy hervor.
„Mireille, ich hab den Scheissbullen von Nizza gesichtet. Kannst du mich an der Rue Balzac abholen?“
Er hatte dem Bistro jetzt den Rücken zugekehrt und beobachtete den Platz vor dem Kaffee durch den Seitenspiegel eines schlecht parkierten Mercedes. Der Bulle war ins Innere des Bistros gegangen.
„Ja, alles gut gegangen. Den Transfer hab ich auch gleich überprüft. Alles in Ordnung.Wann kannst du hier sein? Ich will den Kerl nicht entwischen lassen ...“
Philippe öffnete das Gauloise Päckchen und zündete sich eine an.
„Gut. Beeil ich.“
Er legte auf.
Die nächsten zehn Minuten blieb der Polizist im Bistro, was Broccart genau in den Kram passte. Als Mireille zehn Minuten später vorfuhr, was er immer noch drin. Philippe stieg ein.
„Parkier den Wagen dort vorne, damit wir ihn nicht verlieren.“
„Was hast du vor?“, fragte Mireille.
„Ich will wissen, wo er wohnt und wo
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