Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Aufstand

Der letzte Aufstand

Titel: Der letzte Aufstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas David Carter
Vom Netzwerk:
nur zu gut kannte, weil er ihr schon des öfteren an die Wäsche hatte gehen wollen. Sie wendete den Blick ab.
    „Ich muss hier nur einige Details in dem Rapport ausfüllen, danach fahren wir Sie heim, Ms. Keighs.“, sagte die Polizistin.
    Die Reporter hörten die ganzen zehn Minuten, die es dauerte um den Rapport auszufüllen und alle Fragen zu beantworten, nicht auf an die Fensterscheiben zu klopfen und Fotos durch die Fenster aufzunehmen. Das war genau das, was Livia an ihrem Beruf hasste: Aufdringlichkeit, vor allem wenn es um Sensationslust ging. Ihrer Meinung nach war dieser Aspekt des Journalismus ein Grund, wieso die Welt dort war, wo sie war.
    „Können wir jetzt gehen?“, fragte Livia, als die Frau die Antwort auf die letzte Frage notiert hatte.
    „Sicher.“
     
    Zuhause angekommen liess Livia sich ein Bad aus. Das Erlebnis einen Menschen erschossen zu haben, klebte ihr auf der Haut. Sie versuchte das Gefühl mit einem groben Lappen abzureiben. Das Gefühl war klebrig. Livia wusste nicht was schlimmer war, dass sie einen guten Freund und Mentor verloren hatte, oder dass sie einen Terroristen umgebracht hatte. Beides war eine Katastrophe.
    Im heissen Bad liegend, dachte sie an Dave. Wo er jetzt wohl war? Wieso traf es immer die Besten? Das waren Fragen, die keine Antworten erhielten.
    Plötzlich ging die Wohnungstüre laut auf. Sie wurde so wuchtig geöffnet, dass sie an der Wand anschlug.
    „Liv? Liv, wo bist du?“, hörte sie Pete‘s Stimme.
    „Ich bin im Bad.“
     
    Eine Stunde später lagen sie nackt nebeneinander im Bett. Livia hatte geweint, Pete hatte sie getröstete, und dann hatten sie sich geliebt. Pete streichelte ihren Bauch, während sein Zauberer sich von seiner erigierten Form langsam wieder in die schlaffe Form verkleinerte. Liv starrte scheinbar abwesend die Decke an.
    „Ich höre auf, Pete!“, sagte sie dann leise, aber entschlossen.
    „Ich weiss ...“, sagte Pete. „Was wirst du tun?“
    Liv hob die Schultern. „Weiss nicht. Noch nicht.“
     
    ☸
     
    Brüssel, 18 Tage bis „Tag X“
     
    Als Tom aufwachte, sprang er aus dem Bett. Er hetzte ins Badezimmer und putzte seine Zähne so zackig, dass er sich am Zahnfleisch verletzte. Dann machte er sich einen Kaffee und schaltete den Computer ein.
    Mit heiss dampfender Tasse neben sich gab er einige Suchbegriffe in die Leiste von Google ein.
    Brüssel Fussballspiele international „nächste zwei Monate“
    Kurz darauf war es klar. Sein neues Hobby würde in genau vierundzwanzig Tagen den einmaligen Höhepunkt erreichen. Genau dann fand das Viertelfinal der Champions League in Brüssel statt. Das Stadion würde ausverkauft sein. Das hiess, bei seinem Höhepunkt würden 45‘000 Menschen ihr Leben lassen, wenn er es richtig anstellen würde. Welche zwei Mannschaften gegeneinander spielen würden war noch unklar, weil momentan erst die Achtelfinale entschieden wurden, aber das war egal. Hauptsache das Stadion war voll.
    Toms Fantasie nahm neue Dimensionen an. Er kritzelte fünfzehn Namen auf ein Stück Papier. Das waren alles Menschen, die er zum Fussballspiel einladen würde. Freunde, Arbeitskollegen, sein Bruder und seine Familie. Die Sache wurde immer pathologischer. Tom wusste es, aber es war ihm egal. Er hatte im Brief eines Serienkillers genau so ein Beispiel gelesen. Auf irgend einer Ebene wusste man, dass das, was man zu tun gedachte, falsch war, aber die Lust war einfach grösser. Tom wusste jetzt genau, was der Serienkiller meinte. Die Lust war grösser und für die Lust war man bereit alles zu opfern, auch die eigene Menschlichkeit.
    Mit nervösen Finger navigierte Tom auf die Seite des Stadions in Brüssel. Er konnte einen Freudenschrei nicht verkneifen. Es gab noch zweihundert Tickets. Kurzerhand bestellte Tom sich dreissig Karten. Kostenpunkt viertausend Euro, aber das war es ihm Wert. Er kritzelte weitere Namen auf das Blatt Papier.
    Nach eine halben Stunde standen achtundzwanzig Namen dort. Ein Ticket war für ihn selbst und dann blieb noch ein Ticket übrig, welches er fortan Jokerkarte nannte. Dieses Ticket würde er spontan jemandem schenken, irgendeiner Person, die den Tod verdient hatte. Er lachte.
    Es war erstaunlich, wie ihm die Ideen einfach so zuflogen. War das nicht ein Beweis dafür, dass es sein Weg war, diese Lust zu befriedigen, dieses Werk zu vollbringen? Gott sei Dank ist es Samstag, dachte Tom. Er glühte förmlich, als er sich klar machte, dass er den ganzen heutigen Tag seinem Projekt schenken

Weitere Kostenlose Bücher