Der letzte Befehl
echter Unfall.
So standen wir also da. Wir hatten keine echten Beweise, sondern nur Unterlagen, die ganz offenkundig manipuliert worden waren. Die Einzigen, bei denen wir uns recht sicher sein konnten, dass sie wussten, was eigentlich passiert war, waren mittlerweile tot. Und nur um alles noch schlimmer zu machen, sind beide bei Flugwagenunfällen ums Leben gekommen ... und das war nun einmal zufälligerweise die Lieblingsmethode der Systemsicherheit, ›missliebige‹ Individuen zu beseitigen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Befürworter des Krieges im Kongress eindeutig in der Überzahl, wir konnten keinerlei echte Beweise vorlegen, und die Art und Weise, wie Grosclaude und Giancola ums Leben gekommen waren, musste wirklich in der gesamten Republik zu Misstrauen führen. Also konnten wir dem Kongress nicht einfach unsere Theorie vorlegen und darauf vertrauen, dass der Kongress einem Schuldeingeständnis zustimmen würde – einem Eingeständnis, dass jemand aus der Republik – nicht die Republik selbst, sondern jemand auf höchster Regierungsebene – diese Korrespondenzen manipuliert hat. Dieser ›Jemand‹ hatte uns – mich! – dazu gebracht, die Feindseligkeiten wiederaufzunehmen, weil wir aufrichtig davon überzeugt waren, die Regierung unseres Gegners würde nicht nur diplomatische Schreiben dazu nutzen, in äußerst zynischer Art und Weise ihre eigenen Ziele voranzutreiben, sondern uns auch noch über unsere eigenen diplomatischen Noten belügen.«
Ihre Stimme klang beinahe schon flehentlich und verzweifelt. Elizabeth wartete lange genug ab, um sich sicher zu sein, ihre eigene Stimme zu beherrschen.
»Wie lange wissen oder vermuten Sie das schon?«, fragte sie dann.
»Giancola ist im September 1920 ums Leben gekommen«, antwortete Pritchart, ohne mit der Wimper zu zucken. »Wir hatten bereits einen Verdacht, was geschehen sein könnte, aber zu Giancolas Lebzeiten war die Untersuchung noch nicht abgeschlossen. Es bestand ja immer noch die Chance, dass wir einen richtigen Beweis finden würden.«
»Aber Sie haben gewusst – und zwar fast zwei T-Jahre lang –, dass wir die Wahrheit gesagt haben! Dass einer Ihrer Leute die Korrespondenz manipuliert hat! Und Sie haben nichts gesagt!«
Zornig blickte Elizabeth Pritchart an, und einige der anderen Haveniten wurden angesichts ihres vorwurfsvollen, wütenden Tonfalls erkennbar unruhig. Doch Pritchart nickte nur.
»Soweit man behaupten kann, wir hätten überhaupt irgendetwas ›gewusst‹, haben Sie recht, Eure Majestät«, gestand sie ein. »Und das, Eure Majestät, war auch der Grund für mich, ein Gipfeltreffen vorzuschlagen. Als es offenkundig wurde, dass wir niemals einen Beweis für das finden würden, was wirklich geschehen war, wurde es wirklich Zeit, die Kämpfe zu beenden, auf welchem Wege auch immer – selbst wenn das bedeutet hätte, Ihnen gegenüber die Wahrheit zuzugeben: Ihnen persönlich, Eure Majestät, damit Sie und Ihre Baumkatze sich davon überzeugen könnten, dass ich es ganz und gar aufrichtig meine. In der Heimat hätten wir mit diesen Informationen immer noch nicht an die Öffentlichkeit gehen können – genauso wenig, wie Sie High Ridge vor Ausbruch des Krieges seines Amtes entheben konnten.« Ihr Blick wurde ein wenig härter, als sie auf diese Weise Elizabeth daran erinnerte, dass auch sie, die Königin von Manticore, ihre eigenen Erfahrungen mit den Beschränkungen hatte machen müssen, die politische Erwägungen selbst einem Staatsoberhaupt hin und wieder auferlegen konnten. »Aber ich war bereit, Ihnen persönlich die Wahrheit zu sagen und auf einen beachtlichen militärischen Vorteil unsererseits zu verzichten, um endlich zu einem Frieden zu kommen. Als also Ihr Captain Terekhov nach Monica aufgebrochen war, habe ich Ihre Cousine zu Ihnen in die Heimat geschickt, um genau das in die Wege zu leiten. Und wir beide wissen ja noch genau, was dann geschehen ist.«
Ruhig hielt sie Elizabeths zornigem Blick stand. Ein kalter Schauer durchfuhr die Regentin von Manticore, als sie sich an die damaligen Ereignisse erinnerte. Sie erinnerte sich an ihre Wut, sie erinnerte sich daran, von sich aus dieses Angebot eines Gipfeltreffens zurückgewiesen zu haben. Sie erinnerte sich, dass dieses Mal sie die Entscheidung getroffen hatte, die Kampfhandlungen wiederaufzunehmen, statt sich auf Gespräche einzulassen.
Schweigen senkte sich über Honors Arbeitszimmer, ein brüchiges, angespanntes Schweigen. Pritchart ließ es einige Sekunden lang
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