DER LETZTE BESUCHER
, zu viele genommen . Das führte jedes Mal u n weigerlich zum Blackout. Er hätte es wissen müssen. Wenn er sich nur erinnern könnte. Energisch schüttelte er die B e nommenheit ab. Der Notizzettel auf dem Tischchen. Die Adresse des Krankenhauses. Eine Telefonnummer. Ich muss tel e fonieren. Er griff nach dem Wasserglas, sah die Tabletten und betrachtete sie verwundert. Wer hatte die dort hi n gelegt? Egal, er schluckte zwei und quälte sich aus dem Bett. Ein paar Minuten brauchte er noch, dann wäre sein Kopf b e stimmt wieder klar. Danach eine kalte Du sche und ein starker Kaffee, und in der Firma musste er auch noch a n rufen.
Es klingelte an der Wohnungstür, kurz darauf wurde die Tür aufgeschlossen und Schritte näherten sich dem Schla f zimmer.
„Guten Morgen . O h, ich sehe, es geht Ihnen jetzt wieder besser. Es war wohl doch alles zu viel für Sie gestern Abend.“ Peter Hornig stand in der Tür, in der einen Hand eine Tüte mit frischen Croissants , in der anderen den Wohnungsschlüssel. Er lächelte ihm b e ruhigend zu.
„Ich koche uns jetzt erst einmal einen starken Kaffee, und Sie gehen am besten ins Bad. Den Wohnung s schlüssel hänge ich wieder ans Schlüsselbrett, ich habe ihn gestern Nacht mitgenommen, falls S ie Hilfe g e braucht hätten. Nachher möchten Sie doch sicher gleich ins Kranke n haus fahren.“
Er verschwand in der Küche. Kurze Zeit danach du ftete es nach frischem Kaffee , und wenig später saßen die beiden Männer am Küchentisch vor i h ren dampfenden Tassen.
„Tut mir leid, dass ich offenbar du rchgedreht bin.“ Daniel blinzelte und schaute den a nderen unter hal b geschlossenen Lidern unsicher an. „Es war wohl alles zu viel für mich. Hatte einen extrem harten Tag und dann der Schock … Es passiert mir in letzter Zeit öfter, dass ich au s raste – meistens dann, wenn ich sehr angespannt bin. Manchmal habe ich sogar regelrechte Aussetzer.“ Leise fügte er noch hinzu: „Ich war schon beim Arzt deswegen, der hat mir aber bloß ein paar Beruhigung s mittel verschrieben und mir geraten, mal richtig ausz u spannen.“
Warum erzählt er mir das? Peter musterte sein Gege n über unauffällig. Er mochte ihn nicht besonders , zu gut war ihm die Szene aus dem Treppenhaus noch in E r innerung. Die arme Frau. Hatte es sicher nicht immer leicht mit ihrem M ann. Aber dann gab er sich einen Ruck , schlie ß lich gingen ihn die Eheprobleme seiner Nachbarn nichts an, und im Augenblick wirkte Daniel wirklich sehr mi t genommen.
„Was ist denn nun wirklich passiert?“
Peter entging nicht der zögernde Unterton in der Stimme des Nachbarn . Hatte er vor irgendetwas Angst? Aber wovor? Er schilderte ihm noch einmal kurz, wie er am Vortag nach Hause gekommen war und seine Balko n tür geöffnet hatte, um Luft zu schnappen und eine Zigarette zu rauchen: „Und dann war da plötzlich dieser Schrei , lan g gezogen und schrill. Und als ich nach unten blickte, da sah ich sie liegen, halb verdeckt von den Büschen, in die sie gefallen war. Es ging alles so schnell. Die Sträucher haben ihr wohl das Leben g e rettet.“
Und er beschrieb , wie er dann, ohne zu überlegen aus seiner Wohnung und über die Treppen nach unten gerast war, während er gleichzeitig auf seinem Handy den No t ruf gewählt und danach einer aufgeschreckten Nachbarin z u gerufen hatte, sie möge bitte schnell eine Decke und einen Erste - Hilfe - Kasten bringen. Helen war bewusstlos und schneeweiß im Gesicht gewesen und hatte sich nicht gerührt, als er neben ihr niede r kniete. Aber sie atmete , und einmal stöhnte sie leise. Gleichzeitig mit dem No t arzt und dem Krankenwagen sei dann auch die Polizei gekommen und hätte den Unfall aufgenommen. Sp ä ter ließ man einen Spezialisten kommen, der die Wohnungstür öffn e te.
„Aber das wissen Sie ja bereits. Sie sind ja dann auch bald nach Hause gekommen und beim Anblick der Beamten in Ihrer Wohnung total ausgeflippt . Es war wohl ein schwerer Schock für Sie“, fügte er noch mi t fühlend hinzu , „ d er Arzt hat Ihnen eine Beruhigung s spritze geben müssen . Dan ach haben wir Sie ins Schlafzimmer gebracht und ins Bett ve r frachtet . “
Während Peter Hornig noch sprach , war Daniel au f gestanden und ein paar Mal hin- und he r gelaufen. Schließlich setzte er sich wieder hin und schlug die Hände vors Gesicht: „Mein Gott, es ist alles meine Schuld . I ch hätte längst einen Handwerker kommen lassen sollen, um das Geländer wieder richtig zu b e
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