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DER LETZTE BESUCHER

DER LETZTE BESUCHER

Titel: DER LETZTE BESUCHER Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Böhm
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entgegenkommende Einbah n straße . Nach ein paar Metern wendete er und parkte das Auto direkt neben einem Hydranten. Er schaltete die Schei n werfer aus und die Stereoanlage ein, holte aus dem Handschuhfach ein Fläschchen mit hel l blauen Kapseln und nahm zwei davon. Als er aus dem Fenster blickte, sah er ein junges Pärchen, das eng umschlungen dem nächsten Hau s eingang zustrebte. Der junge Mann blickte sich noch ei n mal um, irgendetwas hatte ihn wohl irritiert , aber dann ließ er sich willig von seiner Liebsten ins Haus ziehen. Er merkte, wie sein rechtes Augenlid zu zucken b e gann.
    Nach einiger Zeit setzte die Wirkung der Tabletten ein, ein wohlig warmes Gefühl du rchströmte ihn, und plötzlich verspürte er Hunger. Nein, lieber noch nicht zurückfahren . Es war noch zu früh. Er fuhr wieder zur Kreuzung zurück , diesmal in die richtige Richtung , und fädelte sich stadtau s wärts in den Verkehr ein. Er hatte es nicht weit. Als er sich der Stad t grenze näherte, stand die Sonne bereits sehr tief und blendete ihn. Schon von Weitem sah er den Turm der Alten Warte, die er wegen ihrer vorzüglichen Küche liebte. Er war lange nicht mehr hier g e wesen. In diesem Lokal hatte n sie sich damals kenne n gelernt , als er auf einem Kongress in Frankfurt und sie zu Besuch bei Verwandten war. Dabei hatte sich herausgestellt, dass sie be i de aus der gleichen Stadt kamen. Aber das war vorbei.
    Er parkte seinen Wagen im Innenhof, eigentlich ein Privileg, das nur Stammgästen gewährt wurde, und b e trat das Lokal. Begrüßte den Mann hinter der Bar mit einem Kop f nicken und rief der B e dienung ein forsches „ Hallo, meine Schöne! “ zu, das diese mit einem strahlenden Lächeln quittierte. Es waren nicht viele Gäste im Lokal. Er fand einen Tisch in einer der Fensternischen , vertiefte sich in die Speis e karte und traf seine Wahl. Wenig später wurde das Essen serviert, Zander in der Salzkruste . Er liebte Fisch über alles, dazu ein eisgekühlter Riesling. Er aß gierig, b e stellte sich nach dem Essen noch einen Kognak und entnahm dann dem Medikamentenfläsc h chen, das er vorhin vorsorglich in seine Jackentasche gesteckt hatte, noch ei n mal eine der kleinen Kapseln und schluckte sie schnell hinunter. Danach bezahlte er, ve r ließ das Lokal und ging rasch zu seinem Auto . Seine Schläfen pochten . Er musste sich beeilen, es war nun doch später geworden, als er u r sprünglich geplant hatte. Das Zucken in seinem Augenlid wollte nicht au f hören.

5
     
     
     
     
     
     
     
    Ober kommissar Ul rich Becker saß am Schreibtisch in seinem Büro im Präsidium und blickte missmutig auf den Aktenstapel vor sich, der täglich größer wurde. E s war schon spät, eigentlich müsste er längst zu Hause sein . Aber er hatte sich vorgenommen, endlich einmal aufzuarbeiten und abz u schließen, was längst au f gearbeitet und abgeschlossen sein müsste. Er war kein Verwaltung s mensch.   Schreibtischarbeit, fand er, stehle einem nur die Zeit, und Protokollführung war ihm grun d sätzlich ein Gräuel. Er fuhr sich mit den Fingern du rch die du nke l blonden Haare, die hier und da bereits von grauen Fäden du rchzogen waren , und gähnte. Erst einmal einen Kaffee , dachte er und erhob sich halb von seinem Stuhl. Das Läuten des Telefons ließ ihn mitten in der B e wegung inn e halten. Er setzte sich wieder , griff müde zum Hörer und meldete sich . Während er sekundenlang stumm zu hörte, veränderte sich seine Miene schlagartig. W ie we g geblasen war der Ausdruck von Frust und Langeweile auf seinem G e sicht. Zwischen den Brauen bildete sich eine steile Falte, er presste die Lippen zusammen, während seine Kiefermuskeln unaufhörlich au f einanderrieben. Aufmerksam und konzentriert hörte er seinem G e sprächspartner , einem diensthabenden Mi t arbeiter vom KDD , zu, stellte ein paar Zwischenfragen und machte sich N o tizen.
    Als sich die Tür öffnete und sein ´ Neuer ´ mit einer weiteren Akte unter dem Arm hereinkam, b e deutete er ihm mit der Hand zu warten und legte den Finger an die Lippen. Ralf Hermann, Absolvent der Polizeifachhoc h schule und frischgebackener Kommissar z. A., mit einem eifrigen runden Bube n gesicht, dessen blasse Glätte nur du rch einige Sommersprossen unterbrochen wurde, brannte darauf, en d lich seinen ersten richtigen Fall zu lösen. Sein strähniges , rö t liches Haar, das ihm ständig beim Sprechen ins Gesicht fiel und das er mit einer immer gleichen Bewegung in rege l

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