Der letzte Beweis
Medikamente mitnehmen könne, anstatt bei uns im Haus alles umständlich aufzulisten, und ich weiß noch, dass ich ihm die Erlaubnis erteilte, Mr Molto.«
»Es hätte ziemlich verdächtig gewirkt, wenn Sie sich geweigert hätten, nicht wahr?«
»Ich habe ihm gesagt, er solle alles tun, was er tun müsse, Mr Molto. Falls ich gewollt hätte, dass niemand die Tablettenfläschchen untersucht, hätte ich mir bestimmt eine Begründung einfallen lassen können, warum er sich vor Ort die Namen der Medikamente notieren sollte.«
Am Tisch der Staatsanwaltschaft tut Jim Brand so, als wollte er sich ans Kinn fassen, während er mit den Fingern eine Kreiselbewegung Richtung Molto macht. Er signalisiert Molto, zum nächsten Punkt zu kommen. Mein Dad hat gerade gepunktet.
»Kommen wir zur Sache, Richter Sabich. Das da sind Ihre Fingerabdrücke auf dem Phenelzinfläschchen aus dem Arzneischrank Ihrer Frau, richtig?« Tommy ruft die Nummer eines Beweisstücks, und ein Assistent der Staatsanwaltschaft wirft eine Bilderserie an die Leinwand, die einige goldene Fingerabdrücke auf einem schimmernden Untergrund zeigt. Mit Gold mattiert, sehen die Abdrücke aus wie aus der Bundeslade entnommen.
»Ich habe Dr. Dickermans Aussage gehört.«
»Wir alle haben seine sachverständige Meinung gehört, dass das Ihre Fingerabdrücke sind, Richter Sabich, aber jetzt frage ich Sie vor den Geschworenen.« Tommy deutet mit einer ausladenden Bewegung auf die sechzehn Personen hinter ihm. »Ich frage Sie, ob Sie einräumen, dass die Fingerabdrücke auf dem Phenelzinfläschchen Ihrer Frau tatsächlich von Ihnen sind.«
»Ich habe Barbaras Medikamente regelmäßig in der Apotheke abgeholt und sie oft auch in ihren Arzneischrank geräumt. Ich habe keinen Grund, daran zu zweifeln, dass das da meine Fingerabdrücke sind. Ich erinnere mich, dass Barbara in der Woche vor ihrem Tod einmal gerade im Garten arbeitete, als ich nach Hause kam. Ihre Hände waren schmutzig, und sie bat mich, ihr ein Fläschchen zu zeigen, das ich abgeholt hatte, und es dann in ihren Arzneischrank zu stellen, aber ich kann Ihnen nicht mit Sicherheit sagen, ob das Phenelzin war.«
Molto starrt ihn kurz mit einem angedeuteten Grinsen an und genießt die offensichtliche Zweckdienlichkeit dieser Erklärung.
»Sie sagen also, die Abdrücke rühren daher, dass Sie Ihrer Frau das von Ihnen abgeholte Fläschchen gezeigt haben?«
»Ich sage, dass das eine Möglichkeit ist.«
»Gut, dann schauen wir mal etwas genauer hin, Richter Sabich.« Tommy geht zum Tisch der Staatsanwaltschaft und kommt mit dem Fläschchen in einem Plastikbeutel zurück. »Zu Beweisstück Nummer 1 - das Phenelzin, das Sie vier Tage vor dem Tod Ihrer Frau in der Apotheke abholten - sagen Sie aus, dass Sie es Ihrer Frau zeigten, etwa so?« Er umfasst das Fläschchen im Plastikbeutel und hält es meinem Vater hin.
»Wie gesagt, falls ich ihr tatsächlich Phenelzin gezeigt habe, dann ja.«
»Und ich halte das Fläschchen zwischen meinem rechten Daumen und der Seite meines Zeigefingers, richtig?«
»Richtig.«
»Und mein rechter Daumen zeigt nach unten auf das Etikett vorne auf dem Fläschchen, nicht wahr?«
»Ja.«
»Aber wenn wir uns noch einmal Beweisstück 1A anschauen, die Aufnahme der Fingerabdrücke, die Dr. Dickerman entwickelt hat, dann weisen drei der vier Abdrücke, Ihr rechter Daumen, Ihr rechter Zeigefinger und Ihr rechter Mittelfinger, in Richtung auf das Etikett nach oben. Nicht wahr?«
Mein Dad betrachtet die Aufnahme einen Moment lang. Dann nickt er und wird von Richter Yee aufgefordert, fürs Protokoll laut zu sprechen.
»Ich musste in die Tüte greifen, um das Fläschchen herauszuholen, Mr Molto.«
»Aber die Abdrücke sind unten an der Flasche, nicht wahr, Richter Sabich?«
»Vielleicht stand das Fläschchen in der Tüte auf dem Kopf.«
»Laut Dr. Dickermans Aussage deuten Länge und Breite all dieser Abdrücke darauf hin, dass Sie das Fläschchen fest umfassten, um den kindersicheren Verschluss zu öffnen. Haben Sie diese Aussage gehört?«
»Ja. Aber vielleicht habe ich es auch fest umfasst, um es aus der Tüte zu ziehen.«
Molto fixiert ihn mit einem weiteren angedeuteten Lächeln. Mein Dad hat sich bislang ganz gut geschlagen, mal abgesehen von der Tatsache, dass auf dem Fläschchen keine Fingerabdrücke von meiner Mutter sind.
»Kommen wir auf die Apotheke zu sprechen, Richter Sabich. Am 25. September 2008, vier Tage vor dem Tod Ihrer Frau, wurden in Ihrer Apotheke zehn
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