Der letzte Beweis
Phenelzintabletten gekauft.«
»So ist die Beweislage.«
»Und die Unterschrift auf dem Kreditkartenbeleg, Beweisstück 42, das ist Ihre, nicht wahr?« Eine Aufnahme des Belegs, der nach der Zulassung als Beweismittel den Geschworenen in einem weiteren durchsichtigen Beutel herumgereicht wurde, erscheint auf der Leinwand neben dem Zeugenstand. Mein Vater sieht nicht mal hin. »Ja.«
»Sie haben also das Phenelzin gekauft?«
»Ich kann mich nicht daran erinnern, Mr Molto. Ich kann nur bestätigen, dass es sich offensichtlich um meine Unterschrift handelt, und Ihnen sagen, dass ich regelmäßig auf dem Heimweg Medikamente abholte, wenn Barbara mich darum gebeten hatte. Die Apotheke liegt gegenüber der Bushaltestelle, wo ich jeden Abend nach der Arbeit ausgestiegen bin.«
Molto wirft einen Blick auf seine Beweisliste und fordert im Flüsterton das nächste Dia an.
»Und zu Beweisstück 1B, eine Fotografie, haben Sie Officer Krilics Aussage gehört, dass das Fläschchen Phenelzin auf dem Foto in demselben Zustand ist wie zu dem Zeitpunkt, als er es aus dem Arzneischrank nahm.«
»Ja.«
»Wenn Sie sich Beweisstück 1B bitte einmal anschauen würden, so sehen Sie, dass nur sechs Tabletten in dem Behältnis sind, ist das richtig?«
Das Foto zeigt den Inhalt des Plastikfläschchens, die sechs Tabletten auf dem Boden, die haargenau so aussehen wie die orangefarbenen Ibuprofentabletten, die ich manchmal gegen Kopfschmerzen nehme. Kaum vorstellbar, dass so harmlos aussehende Pillen jemanden umbringen können.
»Richtig.«
»Wissen Sie, wo die vier fehlenden Tabletten geblieben sind?«
»Mr Molto, falls Sie fragen, ob ich irgendetwas mit der Entnahme dieser Tabletten zu tun hatte, so lautet die Antwort Nein.«
»Aber Sie haben Dr. Stracks Aussage gehört, dass vier Tabletten Phenelzin auf einmal genommen eine tödliche Dosis wären.«
»Das habe ich gehört.«
»Haben Sie irgendeinen Grund, dem zu widersprechen?«
»Mir ist klar, dass vier Tabletten Phenelzin auf einmal genommen eine tödliche Dosis sind. Aber Sie haben festgestellt, dass ich das Medikament am 25. September abgeholt habe. Und eine Tablette pro Tag ist die empfohlene Dosis. Der fünfundzwanzigste, der sechsundzwanzigste, der siebenundzwanzigste und der achtundzwanzigste.« Mein Vater zählt die Tage an den Fingern der linken Hand ab.
»Sie behaupten also, dass Ihre Frau kurz vor ihrem Tod täglich Phenelzin eingenommen hat?«
»Ich will hier gar nichts behaupten, Mr Molto. Ich weiß, dass Dr. Strack, Ihre Sachverständige, die Möglichkeit eingeräumt hat, dass die Kombination einer normalen Dosis Phenelzin mit bestimmten Nahrungsmitteln oder Getränken eine tödliche Reaktion auslösen könnte.«
»Dann war der Tod Ihrer Frau ein Unfall?«
»Mr Molto, sie lebte, als ich mich schlafen legte, und sie war tot, als ich aufwachte. Wie Sie wissen, kann keiner der Experten mit Sicherheit sagen, ob das Phenelzin Barbara getötet hat. Kein einziger von ihnen kann ausschließen, dass sie wie ihr Vater an einer hypertensiven Reaktion gestorben ist.«
»Nun gut, Richter Sabich, betrachten wir einmal die Möglichkeit, dass es ein Unfall war, ja?«
»Ganz wie Sie wollen, Mr Molto. Ich bin hier, um Ihre Fragen zu beantworten.« Wieder ist die Reaktion meines Vaters ein wenig zu bissig. Tommy und ich - und jetzt auch die Geschworenen - wissen alle eines über meinen Vater. Nach zwanzig Jahren auf der Richterbank und zwölf davon als Chefrichter ist er es nicht gewohnt, überhaupt irgendwem Fragen zu beantworten. Der leichte Anflug von Arroganz kommt Molto zugute, weil es den Eindruck vermittelt, dass mein Dad im tiefsten Innern sein eigenes Gesetz sein könnte.
»Sie erwähnten vorhin die Möglichkeit, dass es zu einer schweren Vergiftungsreaktion kommen kann, wenn Phenelzin in Kombination mit bestimmten Nahrungsmitteln eingenommen wird, ist das richtig?«
»So habe ich es gelernt.«
»Bleiben wir kurz dabei, was Sie gelernt haben, Richter Sabich. Als Dr. Gorvetich aussagte, dass Informationen über die Gefahren von Phenelzin in Kombination mit einer Vielzahl von Nahrungsmitteln, die Tyramin enthalten - Rotwein und älterer Käse und Hering und Hartwurst -, frei im Internet zugänglich sind, hat Sie das überrascht?«
»Mr Molto, ich wusste, dass eines der Medikamente, die Barbara gelegentlich nahm, mit bestimmten Nahrungsmitteln interagieren kann. Ja, das war mir bekannt.«
»Genau darauf wollte ich hinaus. Und aufgrund von Dr. Gorvetichs Aussage
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