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Der letzte Beweis

Der letzte Beweis

Titel: Der letzte Beweis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Scott Turow
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Richtig?«
    »Ich habe Mutmaßungen angestellt, Mr Molto. Das war nur eine Möglichkeit.«
    »Und Sie haben gesagt, dass sie nichts davon gegessen oder getrunken hat. Richtig?«
    »Ich erinnere mich zumindest nicht daran.«
    »Und falls Ihre Frau tatsächlich nichts gegessen oder getrunken hat, das Tyramin enthielt, dann kann sie auch nicht durch einen Unfall an einer tödlichen Phenelzinreaktion gestorben sein. Korrekt?«
    »Einspruch«, sagt Stern von seinem Platz aus. »Der Zeuge ist kein Sachverständiger.«
    Richter Yee schaut nachdenklich nach oben und gibt dem Einspruch dann statt. Mein Dad hat sich selbst in die Enge getrieben und daher Prügel einstecken müssen. Molto reitet großartig auf den kleinen Widersprüchen herum, die mir schon die ganze Zeit keine Ruhe lassen. Jetzt lässt er das Erreichte einen Moment sacken und blättert seine Unterlagen durch.
    »Richter Sabich, einer der Gründe, warum wir hier darüber reden, was Ihre Frau gegessen und getrunken haben könnte, ist der, dass die Untersuchung ihres Mageninhaltes bei der Obduktion keine Antwort auf diese Frage brachte. Richtig?«
    »Sie haben recht, Mr Molto. Der Mageninhalt war nicht aufschlussreich.«
    »Man konnte nicht feststellen, ob sie Käse oder Steak gegessen hatte, richtig?«
    »Korrekt.«
    »Aber wenn die Obduktion, wie normalerweise üblich, innerhalb der ersten vierundzwanzig Stunden nach Eintritt des Todes erfolgt wäre, hätten wir jetzt eine bessere Vorstellung davon, was sie am Vorabend gegessen hatte, nicht wahr?«
    »Ich habe die Aussage des Rechtsmediziners gehört, Mr Molto, und ohne vorgreifen zu wollen, Sie wissen, dass unser Sachverständiger, Dr. Weicker aus Los Angeles, da anderer Meinung ist, vor allem hinsichtlich der Frage, wie schnell die Salami oder der Hering von der Magensäure zersetzt worden wäre.«
    »Aber Sie und ich und die Experten, wir können uns doch wohl auf Folgendes verständigen: Die vierundzwanzig Stunden, die Sie neben der Leiche Ihrer Frau gesessen haben, ohne irgendwen von ihrem Tod in Kenntnis zu setzen - diese Verzögerung konnte die genaue Bestimmung dessen, was sie gegessen hatte, nur erschweren.«
    Mein Vater wartet. An seinen Augenbewegungen ist zu erkennen, dass er nach einem Ausweg sucht.
    »Das hat es erschwert, ja.« Auch dieser Punkt kommt auf der Geschworenenbank an. Molto macht seine Sache gut.
    »Ich möchte noch einmal darauf zurückkommen, was Sie uns gerade eben gesagt haben. Sie sagten, dass Ihre Frau sich an dem Abend sehr gefreut hat, Ihren Sohn und seine Freundin zu sehen.«
    »Richtig.«
    »Wirkte sie glücklich?«
    »>Glücklich< ist ein schwieriger Begriff, Mr Molto, wenn wir über Barbara reden. Sie wirkte sehr zufrieden.«
    »Aber Sie haben doch der Polizei gegenüber ausgesagt, dass Ihre Frau beim Abendessen oder an den Tagen davor nicht depressiv wirkte, ist das richtig? Haben Sie das gesagt?«
    »Das habe ich gesagt.«
    »War das die Wahrheit?«
    »Das war mein Eindruck, zum damaligen Zeitpunkt.«
    »Und das Phenelzin, Richter Sabich - Sie haben die Aussage von Dr. Vollman gehört, dass sie dieses Medikament als die Atombombe bezeichnete, die sie nur bei schlimmsten Verstimmungen nahm.«
    »Das habe ich gehört.«
    »Und nach den über fünfunddreißig Jahren mit Ihrer Frau, glaubten Sie da, die Stimmungen Ihrer Frau gut einschätzen zu können?«
    »Ihre schweren Depressionen waren meistens offensichtlich. Aber es kam auch vor, dass ich ihren Gemütszustand vollkommen falsch einschätzte.«
    »Aber noch mal, Richter Sabich, wir wissen, dass das Phenelzin für ihre schlimmsten Tage gedacht war, und am Vorabend ihres Todes sahen Sie keinerlei Anzeichen dafür, dass sie sich in einer derartigen Verfassung befand. Ist das richtig?«
    »Ja.«
    »Oder an den Tagen davor?«
    »Nein.«
    Dasselbe habe auch ich bereits ausgesagt. Wenn ich an den Abend zurückdenke, hätte ich Mom sogar als regelrecht aufgekratzt beschrieben. Sie schien sich auf alles zu freuen.
    »Also, Richter Sabich, ausgehend von dem, was Sie beobachteten und auch der Polizei gegenüber aussagten, gab es keinen Grund, warum Ihre Frau täglich hätte Phenelzin nehmen müssen.«
    »Noch einmal, Mr Molto, ich habe mir nie eingebildet, ihren Gemütszustand fehlerfrei einschätzen zu können.«
    »Aber als Sie das Phenelzin drei Tage zuvor abholten, haben Sie sie da gefragt, ob sie sich depressiv fühlte?«
    »Ich erinnere mich nicht an ein derartiges Gespräch.«
    »Obwohl Sie gerade die Atombombe für sie

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