Der letzte Beweis
Vergleich angestellt hatte, auch feine Unterschiede in dem nach Anwendung der Schredder-Software verbliebenen Datenmüll auf mehreren freien Festplattensektoren festgestellt. Das legte die Vermutung nahe, dass zweimal eine Schredder-Software heruntergeladen und eingesetzt worden war, nämlich einmal vor Barbaras Tod und einmal nach der ersten Beschlagnahmung des Computers.
»Ich dachte, Mason hatte den Computer in sicherer Verwahrung.«
»Hatte er auch. Oder dachte es zumindest«, sagte Gorvetich.
»Ich meine, Herrgott noch mal, Boss. Rusty war dreizehn Jahre lang da Chefrichter. Denkst du denn, der hatte nicht sämtliche Schlüssel, um überall reinzukommen? Wir hätten diese verdammte Festplatte gleich überprüfen sollen, als wir den Rechner zurückbekamen, aber Mason hat gesagt, er hätte alles protokolliert, was Rustys Leute sich angesehen haben, und Yee hatte ja als Bedingung für die Rückgabe an uns angeordnet, dass der Computer versiegelt wird. Darüber hat er nicht mit sich reden lassen.«
Tommy rekapitulierte das Ganze noch einmal. Barbara hatte die Weihnachtskarte nicht erstellt, weil Barbara zu dem Zeitpunkt bereits tot war. Und die einzige Person, die einen Nutzen davon hatte, die Karte in den Kalender einzufügen, war Rusty Sabich. Jener Rusty, der doch angeblich keine Ahnung von Computern hatte.
Endlich lachte Tommy laut auf. Weniger vor Freude als vor Erstaunen.
»Mannomann, ich freu mich auf mein Gespräch mit diesem arroganten kleinen Argentinier«, sagte Molto. »Mannomann«, wiederholte er.
Mitten im Raum hob Brand, der sich die ganze Zeit nicht hingesetzt hatte, beide Hände.
»Lust auf ein Tänzchen?«, fragte er.
Kapitel 38
Nat, 25 Juni 2009
Gnau wie Marta prophezeit hat, warten die Anklagevertreter heute Morgen mit einer neuen Theorie auf, nach der mein Dad schuldig ist. Jim Brand erhebt sich und erklärt Richter Yee, dass die Anklage über Nacht befunden hat, die Weihnachtskarte sei eine Fälschung.
»Euer Ehren!«, protestiert Sandy von seinem Platz aus. In seinem schwerfälligen Bemühen, möglichst schnell aufzustehen, hangelt er wie eine Zeichentrickfigur mit den Händen herum. Schließlich hilft ihm Marta auf die Beine. »Selbst der Sachverständige der Anklage hat gestern eingeräumt, dass dieses sogenannte Objekt echt ist.«
»Da hatten wir auch das Image noch nicht überprüft«, entgegnet Brand. Er ruft den aufgeblasenen kleinen Professor Gorvetich auf, der seine neuen Erkenntnisse vorträgt. Noch ehe Gorvetich fertig ist, tastet Marta in ihrer Handtasche nach ihrem Handy und stürmt aus dem Saal, um Hans und Franz anzurufen.
Richter Yee ist offensichtlich mit seiner Geduld am Ende. Sein Stift begann etwa in der Mitte von Gorvetichs Vortrag zu wippen.
»Leute«, sagt er schließlich, »was machen wir hier? Junger Mr Sabich sollte im Zeugenstand sein. Die Geschworenen warten an ihren Telefonen. Verhandeln wir nun weiter oder nicht?«
»Euer Ehren«, sagt Stern, »ich hatte gehofft, die Anklagevertretung würde heute die Einstellung des Verfahrens beantragen. Ich bin fassungslos. Darf ich fragen, ob Sie tatsächlich vorhaben, Ihre neue Theorie über die Karte mit Beweisen zu belegen?«
»Darauf können Sie wetten«, antwortet Brand. »Das war Irreführung des Gerichts.«
Stern schüttelt traurig den Kopf. »Die Verteidigung muss mit ihrer Erwiderung offensichtlich warten, bis wir selbst eine Untersuchung vorgenommen haben.«
Wir kehren alle zurück in die Kanzlei der Sterns, wo wir auf Nachricht von Hans und Franz warten, die eine Kopie des Festplattenimage in ihren Büroräumen aufbewahren. In der Zwischenzeit rufe ich Anna an, um ihr zu erzählen, was vorgeht. Sie war die ganze Zeit der Meinung, dass Tommy Molto notfalls auch betrügen würde, um zu gewinnen, und sie ist überzeugt, dass er das jetzt wieder versucht.
»Die Katze lässt das Mausen nicht«, sagt Anna. Gestern Nacht hat sie ebenso wie Marta vorhergesagt, dass Molto sich irgendwas einfallen lassen würde, um die Einstellung des Verfahrens zu verhindern.
Eine Stunde später tauchen Hans und Franz in der Kanzlei auf, beide ganz ähnlich gekleidet wie gestern, mit Designerjeans und gegeltem Haar. Anscheinend ziehen die Jungs jede Nacht bis zur Sperrstunde durch die Bars, und sie sehen aus, als hätte Marta sie aus dem Bett geholt.
»Sogar eine kaputte Uhr geht zweimal am Tag richtig«, sagt Hans, der größere der beiden. »Gorvetich hat recht.«
»Die Karte ist nicht auf dem Image?«, fragt
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