Der letzte Beweis
Ziegenbart. »Im Grunde ist Jim darauf gekommen«, sagte er.
»Von wegen«, sagte Brand.
»Wer auch immer«, sagte Tommy. »Ihr könnt euch den Nobelpreis ja dann teilen. Worum geht's?«
Gorvetich zuckte die Achseln. »Tom, erinnern Sie sich, als wir uns kennenlernten, hatten Sie gerade Riesenärger mit den Richtern vom Berufungsgericht?«
Tommy nickte. »Die wollten nicht, dass wir Einblick in vertrauliche Gerichtsdokumente auf Rustys Computer nahmen.«
»Richtig. Und deshalb haben wir ein Festplattenimage gemacht -«
»Eine Kopie«, sagte Molto.
»Eine exakte Kopie. Und den Computer selbst haben wir dann an den dortigen Chefrichter übergeben.«
»Mason.«
»Richter Mason. Also, Jim und ich haben uns gestern Abend noch unterhalten und beschlossen, dass wir uns, um bei dieser Weihnachtskarte auf Nummer sicher zu gehen, noch einmal das Image ankucken sollten, das wir im letzten November von Sabichs Festplatte gemacht haben, gleich nachdem Sie den Computer beschlagnahmen ließen. Und das haben wir dann auch getan. Und das Objekt, die Karte, ist nicht drauf.«
Tommy setzte sich in seinen großen Sessel und starrte die beiden an. Seine erste Reaktion war, Gorvetich zu misstrauen. Der alte Mann war Brand nicht gewachsen und hatte sich vielleicht von seinem ehemaligen Studenten zu einem schwerwiegenden Fehler drängen lassen.
»Ich dachte, die Karte wurde letztes Jahr im September einen Tag vor Barbaras Tod erstellt?«, fragte Molto.
»Das dachte ich auch«, sagte Gorvetich. »Den Anschein erweckt sie ja auch. Aber das stimmt nicht. Weil sie nicht auf dem Image ist. Sie wurde auf dem Computer platziert, nachdem der beschlagnahmt worden war.«
»Wann?«
»Tja, das weiß ich nicht. Weil die .pst-Datei jetzt das Datum von gestern trägt.«
»Weil die Verteidigung die Datei geöffnet hat, als sie den Computer im Gericht einschaltete«, sagte Brand. Er war im Augenblick einfach zu glücklich, um Tommy unter die Nase zu reiben, dass er ihn davor gewarnt hatte, den Sterns das zu erlauben.
»Genau«, sagte Gorvetich. »Aber die Karte muss in dem Monat angelegt worden sein, als der PC bei Richter Mason war. Gleich an dem Tag, als Richter Yee anordnete, dass der Rechner in unseren Gewahrsam zurückgegeben werden sollte, wurde er in Richter Masons Amtszimmer versiegelt und in Folie eingeschweißt.«
Tommy dachte nach. Auf einmal fiel ihm Sterns Kommentar von gestern wieder ein. »Interessanter Fall.«
»Wo wurde das Image aufbewahrt?«
»Das Festplattenimage wurde auf einer externen Festplatte im Beweismittelraum aufbewahrt. Jim hat sie gestern Abend herausgeholt und eine Kopie für mich gebrannt.«
Das gefiel Tommy ganz und gar nicht. »Sandys Leute waren nicht dabei?«
Brand schaltete sich ein. »Falls du befürchtest, die könnten behaupten, wir hätten das Image manipuliert, kann ich dich beruhigen. Die haben damals auch eine Kopie davon bekommen und können sich ihre Kopie selbst ansehen. Die Karte ist nicht drauf.«
Gorvetich erklärte, dass das Image mit einem Programm namens Evidence Tool Kit erstellt worden war. Die Algorithmen der Software waren geschützt, und das Image konnte daher auch nur mit dieser Software gelesen werden, die einen Schreibschutz enthielt, weshalb es unmöglich war, ein einmal erstelltes Image zu verändern.
»Ich garantiere Ihnen, Tommy«, sagte Gorvetich, »Rusty Sabich hat eine Möglichkeit gefunden, die Karte auf seinen Computer zu bringen.«
Molto fragte, wie Rusty das gemacht haben könnte. Gorvetich war nicht sicher, aber nach einer schlaflosen Nacht hatte er immerhin eine Arbeitstheorie entwickelt. Es gab eine Software namens Office Spy, die Erfindung eines Hackers, die inzwischen als Internet-Shareware erhältlich war und die Möglichkeit bot, in ein Kalenderprogramm zu gehen und die dort gespeicherten Objekte zu verändern. Man konnte das Datum zurücksetzen, verfängliche Einträge aus dem Kalender eliminieren und Namen von Personen tilgen - oder hinzufügen -, die an einem wichtigen Meeting teilgenommen hatten. Nachdem das neue Objekt - in diesem Fall die Weihnachtskarte - auf Sabichs Computer erstellt worden war, musste Office Spy mit einer Schredder-Software von der Festplatte entfernt worden sein. Anschließend war diese Schredder-Software ebenfalls gelöscht worden, was manuelle Änderungen in den Registrierungsdateien erforderte. Abgesehen davon, dass das Objekt - die Karte - in dem Image vom letzten Herbst fehlte, hatte Gorvetich nun, da er den genauen
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