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Der Letzte Bus Nach Woodstock

Der Letzte Bus Nach Woodstock

Titel: Der Letzte Bus Nach Woodstock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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vielleicht.«
    »Ich habe dem Inspector alles gesagt, was ich weiß. Glaubt er mir etwa nicht?«
    »Was haben Sie ihm denn erzählt, Miss?«
    »Soll ich das jetzt etwa alles noch mal wiederholen?« Jennifer verzog den Mund.
    »Ihre Aussage muß ja sowieso noch schriftlich festgehalten werden.«
    Jennifer stieß einen tiefen Seufzer aus. »Na schön. Es geht ja wohl um den Mittwochabend.«
    »Ja, das stimmt, Miss.«
    »Also, am Mittwochabend …«
    Lewis begann langsam und umständlich mitzuschreiben.
    »Soll ich es nicht gerade selbst aufschreiben?« fragte Jennifer.
    »Ich glaube, es ist richtiger, wenn ich das mache, Miss. Ich habe Englisch zwar nicht studiert, aber ich werde mir Mühe geben.« In Jennifers Augen schien für den Bruchteil einer Sekunde Wachsamkeit auf, doch Lewis war die Reaktion nicht entgangen.
    Nach einer halben Stunde war die Aussage protokolliert. Sie las sie noch einmal durch, bat, ein oder zwei Dinge verbessern zu dürfen – »nur die Schreibung, Sergeant« – und war ansonsten einverstanden.
    »Dann gebe ich es jetzt zum Tippen, Miss.«
    »Wie lange wird das dauern?«
    »Nicht lange – zehn Minuten vielleicht.«
    »Lassen Sie mich das doch machen, Sergeant – ich brauche höchstens zwei.«
    »Ich denke, dafür sind wir zuständig, Miss. Wir haben da unsere Vorschriften, wissen Sie.«
    »Ich wäre Ihnen gern ein bißchen behilflich gewesen, aber das sehe ich natürlich ein«, sagte Jennifer liebenswürdig. Sie war erleichtert, daß die Fragen jetzt vorbei waren.
    »Möchten Sie noch einen Kaffee, Miss?«
    »Ja, danke. Sehr gern.« Lewis stand auf und verließ den Raum.
    Mit Polizeibeamtin Fuller war keine Unterhaltung möglich, sie machte einen völlig unnahbaren Eindruck, und Jennifer verharrte mehr als zehn Minuten in schweigendem Warten. Als sich die Tür endlich öffnete, war es Morse, der eintrat. Er hielt das getippte Protokoll ihrer Aussage in der Hand.
    »Guten Tag, Miss Coleby.«
    »Guten Tag.«
    »Manchmal sieht man sich schneller wieder, als man denkt.« Die Erleichterung, die sie eben noch verspürt hatte, wich einem Gefühl von Unruhe und Anspannung, dem sie um so hilfloser ausgeliefert war, als sie geglaubt hatte, bereits alles hinter sich zu haben.
    »Ich bin gestern abend nach dem Gespräch mit Ihnen noch zur Bibliothek gegangen«, fuhr Morse fort.
    »Hoffentlich hat Ihnen das Spazierengehen wenigstens Spaß gemacht.«
    »Ich habe mir sagen lassen, daß es einen jung hält«, entgegnete Morse.
    Jennifer brachte ein Lächeln zustande. »Ich gehe auch immer gern zur Bibliothek. Es ist ein hübscher Weg.«
    »Das kommt darauf an, welchen Sie nehmen.«
    Wie schon eben während ihres Gesprächs mit Lewis erschien in ihren Augen einen Moment lang ein Ausdruck von erhöhter Aufmerksamkeit. Morse fragte sich, an was er da gerührt hatte. »Ich würde jetzt gern meine Aussage unterzeichnen und dann gehen«, sagte Jennifer übergangslos. »Ich hoffe, Sie haben nichts dagegen, ich habe nämlich bis morgen noch einige Dinge zu erledigen.«
    »Hat Ihnen Sergeant Lewis nicht erklärt, daß Sie völlig freiwillig hier sind und gehen können, wann Sie wollen?«
    »Doch, ja. Der Sergeant hat, als er mich herbrachte, so etwas gesagt.«
    »Ich wäre Ihnen aber trotzdem dankbar, wenn Sie sich bereit erklären würden, noch ein paar Minuten zu bleiben.«
    Jennifers Mund war ganz trocken. »Aber wieso?« Es klang, als sei sie heiser.
    »Weil ich doch sehr hoffe«, begann Morse, »daß Sie nicht so töricht sein werden, eine Aussage zu unterschreiben, von der wir beide wissen, daß sie falsch ist.« Seine Stimme war zunehmend lauter geworden. Bevor sie auch nur den Mund aufmachen konnte, fuhr er in derselben Lautstärke fort: »Ich habe Sie heute nachmittag hierher zur Vernehmung bringen lassen, weil ich den Verdacht hatte und noch habe, daß Sie wesentliche Dinge verschweigen, Dinge, die zur Identifizierung von Sylvia Kayes Mörder führen könnten. Damit nicht genug, sind Sie auch noch so unverfroren, uns statt dessen eine Geschichte aufzutischen, die nicht nur ungenau, sondern schlicht falsch ist.« Krachend schlug er mit der Faust auf den Tisch.
    Jennifer zuckte nicht mit der Wimper. »Sie glauben also, ich habe Ihnen nicht die Wahrheit gesagt«, stellte sie kühl fest.
    »Sie sagen es.«
    »Darf ich fragen, wie Sie darauf kommen?«
    Morse war im ersten Augenblick sprachlos. Es war nur allzu deutlich, daß sie aus unerfindlichen Gründen plötzlich wieder Oberwasser hatte. Mit einiger

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