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Der Letzte Bus Nach Woodstock

Der Letzte Bus Nach Woodstock

Titel: Der Letzte Bus Nach Woodstock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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du zum Mittagessen zurück?«
    »Ich esse eine Kleinigkeit im College.« Dort hatte er wenigstens seine Ruhe. Er hörte, wie sie die Haustür hinter sich zuschlug, und sah ihr vom Fenster aus nach, bis sie um die Ecke bog. Er holte sich aus der Küche ein Glas Wasser und warf zwei Aspirin hinein.
     
    Morse und Lewis setzten sich an diesem Morgen zusammen, um, wie Morse dem Sergeant gegenüber formulierte, die Klärung bestimmter noch offener Punkte zu diskutieren. Nachdem Lewis gegangen war, erhielt der Inspector einen Anruf von einem Reporter der Oxford Mail, der für die Abendausgabe einen kurzen Zwischenbericht über den Fortgang der Ermittlungen im Mordfall Kaye schreiben wollte. Morse hatte ihm nichts Neues mitzuteilen und servierte ihm routiniert einige Standardfloskeln, bemühte sich allerdings um einen möglichst zuversichtlichen Ton. Das stärkte das Vertrauen in die Polizei.
    Er holte sich die Akte Kaye aus dem Schrank und las sie noch einmal durch. Gegen elf war er fertig, griff sich das Telefonbuch von Oxford und Umgebung, suchte sich die Nummer von Chalkley & Söhne heraus, wählte und ließ sich mit dem Chef verbinden. Dieser bedauerte. John Sanders sei heute nicht da, seine Mutter habe angerufen und ihn entschuldigt. Er sei krank – Erkältung oder so etwas.
    »Sind Sie mit ihm zufrieden?« fragte Morse.
    »Oh, er ist in Ordnung. Ruhig, vielleicht manchmal ein wenig zu großspurig – aber das sind ja heute die meisten in dem Alter. An seiner Arbeit ist nichts auszusetzen, soweit ich informiert bin.«
    »Vielen Dank für Ihre Auskunft. Das wär’s dann schon. Schade, daß Mr. Sanders gerade heute krank ist. Ich hätte ihm gern noch ein paar Fragen gestellt.«
    »Wegen des Mordes in Woodstock?«
    »Ja. Er war derjenige, der das Mädchen gefunden hat.«
    »Ich weiß, ich habe davon gelesen. Wir haben hier natürlich alles versucht, noch ein paar Einzelheiten von ihm zu erfahren.«
    »Und? Hat er Ihnen etwas erzählt?«
    »Fast gar nichts. Das Thema schien ihm unangenehm zu sein. Eigentlich ja auch ganz verständlich.«
    »Ja. Dann nochmals vielen Dank.«
    »Nichts zu danken. Wollen Sie seine Adresse haben?«
    »Nicht nötig, die haben wir bei den Akten.«
     
    Lewis hatte mehr Glück. Mrs. Jarman war zu Hause. Sie fegte gerade die Treppe.
    »Aber wie kommen Sie nur darauf, Sergeant? Ich könnte schwören, daß es beides Mädchen waren.«
    Lewis nickte. »Wir wollten nur sicherheitshalber noch einmal nachfragen.«
    »Ich kann mir auch nicht vorstellen, daß ich mich geirrt haben soll. Mit der einen habe ich ja sogar gesprochen, und die andere, das arme Ding, also … Aber ob nun die Dunkle größer war als die Blonde … da will ich mich lieber nicht festlegen. Ich würde sagen, sie waren gleich groß. Man kann sich so leicht täuschen, und es ist ja jetzt auch schon zwei Wochen her, wissen Sie.«
    Lewis seufzte, wem sagte sie das? Er verabschiedete sich schnell, um sie nicht länger von ihrer Arbeit abzuhalten.
    Den Busschaffner erwischte er in der Kantine am Gloucester Green.
    »Nur ein Mädchen? Letztes Mal haben Sie aber von zweien gesprochen!«
    »Ja, das stimmt. Wir haben inzwischen eine neue Theorie.«
    »Nee, also das weiß ich jetzt nicht mehr. Tut mir leid, wirklich, aber ich habe jeden Tag so viele Fahrgäste …«
    »Machen Sie sich deswegen mal keine Gedanken. Wie ich schon sagte, eine neue Theorie – nichts weiter. Und falls Ihnen doch noch was einfällt …«
    »Na sicher.«
    George Baker war damit beschäftigt, seinen Vorgarten umzugraben. »Sie kenn ich doch?!«
    »Sergeant Lewis. Thames Valley Police.«
    »Ach, klar! Wollen Sie noch was wissen?«
    Lewis erklärte ihm, warum er gekommen war. Baker konnte ihm auch nicht viel weiterhelfen.
    »Tja, also möglich wäre es schon, aber ich hätte eigentlich beide für Mädchen gehalten. Ich kann mich auch an Einzelheiten jetzt gar nicht mehr erinnern.«
    Der Prozeß des Vergessens hatte begonnen. Der Mordfall Kaye und alles, was damit zusammenhing, rückte von Tag zu Tag mehr in den Hintergrund. Lewis ging nach Hause zum Mittagessen.
    Gegen zwei sprach er bei Barkers in der Banbury Road vor. Man führte ihn in die Buchhaltung, wo er mehr als eine Stunde lang die Werkstattzettel und Rechnungsdurchschläge von Mitte September bis Anfang Oktober durchforstete. Der Beleg, nach dem er suchte, war jedoch nicht dabei. Gründlich, wie er war, prüfte er auch noch die Unterlagen der ersten beiden Septemberwochen. Das dauerte eine weitere Stunde.

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