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Der Letzte Bus Nach Woodstock

Der Letzte Bus Nach Woodstock

Titel: Der Letzte Bus Nach Woodstock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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bereits auf ihn. »Was haben wir heute vor, Sir?«
    »Ich dachte, wir gönnen uns zur Abwechslung mal eine kleine Busfahrt, Lewis.« Ein etwas merkwürdiger Einfall, aber es stand ihm nicht zu, den Ratschluß eines Vorgesetzten zu kritisieren. »Wir fahren zusammen nach Woodstock. Gefällt Ihnen das?«
    »Haben Sie wieder Schwierigkeiten mit Ihrem Wagen, Sir?«
    »Nein, im Gegenteil. Fährt wie neu. Das ist allerdings auch nicht mehr als recht und billig. Ich habe heute morgen von Barkers die Rechnung bekommen. Raten Sie mal, wieviel.«
    »So sechs, sieben Pfund, würde ich sagen.«
    »9 Pfund 25.«
    Lewis pfiff durch die Zähne. »Ganz schön happig. Sie hätten den Reifen- und Batteriedienst in Headington anrufen sollen. Die hätten Ihnen nur die Batterie berechnet und keine Arbeitskosten. Ich habe eigentlich noch jedesmal gute Erfahrungen mit ihnen gemacht.«
    »Das klingt ja ganz so, als hätten Sie dauernd Ärger mit Ihrem Auto.«
    »Nein, nein. Ich kann eigentlich nicht klagen. In letzter Zeit hatte ich nur etwas Pech. Reifenpanne – gleich zweimal hintereinander.«
    »Und da haben Sie beide Male extra jemand kommen lassen? Konnten Sie die Reifen denn nicht selber wechseln?«
    »Doch, schon. Ich bin ja auch ziemlich praktisch veranlagt. Das Problem war – ich hatte keine Ersatzreifen.«
    Den letzten Satz hatte Morse schon gar nicht mehr gehört. Er verspürte auf einmal wieder die ihm schon vertraute Sensation: eine Gänsehaut, verbunden mit dem Gefühl, als bekäme er plötzlich keine Luft mehr. Er atmete tief durch. »Glückwunsch, Sergeant! Sie haben mich auf eine Idee gebracht. Reichen Sie mir mal das Branchenfernsprechbuch rüber. Reifen- und Batteriedienste … ich sehe, es gibt nur zwei. Lewis, Sie dürfen sich aussuchen, bei welchem von beiden wir anfangen.«
    »Dann würde ich vorschlagen, daß wir gleich den ersten nehmen, Sir.«
    Morse wählte eine Nummer im Stadtteil Cowley. »Ich hätte gern den Chef persönlich. Eine dringende polizeiliche Anfrage.« Er blinzelte Lewis zu. »Guten Tag. Hier Chief Inspector Morse. Thames Valley … Nein, nein. Das fällt nicht in mein Ressort. Ich rufe wegen einer anderen Sache an. Ich möchte Sie bitten nachzusehen, ob sich bei Ihren Unterlagen eine Rechnung für eine Miss Jennifer Coleby befindet. Der Name schreibt sich C-O-L-E-B-Y. Die Rechnung ist – wenn – dann vermutlich in den Tagen nach dem 29. September ausgestellt worden … Ja. Sie rufen mich dann zurück? … Gut. Und bitte so schnell wie möglich. Es ist außerordentlich wichtig. Notieren Sie sich mal meine Nummer … Sehr schön. Auf Wiederhören.« Er wählte sofort die zweite Firma an. »Ich hätte gern den Chef persönlich …« Lewis blätterte unterdessen in der Akte Kaye, die aufgeschlagen auf Morses Schreibtisch lag. Die großformatigen, sehr detailscharfen Schwarzweißfotos von Sylvias Leiche übten eine seltsame Faszination auf ihn aus. Die nackte Brust unter der zerrissenen Bluse, der knappe Rock – selbst im Tod wirkte sie noch provozierend. Lewis konnte sich gut vorstellen, wie sie den Männern eingeheizt hatte. Die Aufnahmen hätten ohne weiteres in ein Pornomagazin gepaßt – wenn da nicht die schwärzlich verklebten Haare gewesen wären, der eingedrückte Hinterkopf, ein blutiger Brei aus zermalmten Knochen und Gehirn … Er konnte sich nur zu gut daran erinnern. Und sie war noch so jung gewesen. Nur wenige Jahre älter als seine eigene Tochter, die im vergangenen Monat gerade dreizehn geworden war. Die Jungen begannen sich schon nach ihr umzudrehen … In was für eine Welt würde er sie entlassen müssen! Nur einmal angenommen, sie wäre eines Abends unterwegs … Sie mußten diesen Mann finden!
    Morse legte den Hörer auf.
    »Ich verstehe eigentlich nicht ganz, warum wir immer noch hinter Miss Coleby her sind, Sir«, sagte Lewis zögernd.
    Der Inspector lehnte sich zurück und dachte einen Moment nach. »Ich hätte es Ihnen wahrscheinlich schon früher erläutern sollen, Lewis, aber ich war mir meiner Sache nicht sicher – das bin ich mir übrigens auch jetzt noch nicht. Bereits ziemlich zu Anfang unserer Ermittlungen gab es einen Punkt, der mich stutzig gemacht hat. Wir wußten von Mrs. Jarman, daß Sylvia, begleitet von einem zweiten Mädchen, nach Woodstock trampen wollte, und wir haben einen – wie ich meine verläßlichen – Zeugen, der ausgesagt hat, daß tatsächlich ein Auto, und zwar ein rotes Auto, angehalten hat und sie eingestiegen sind.« Lewis nickte. »Nun

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