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Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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District Attorney gearbeitet. Bosch konnte sich denken, für welchen.

37
    D er Angestellte an der Rezeption des Mark Twains schien Bosch nicht zu erkennen, obwohl Harry sich ziemlich sicher war, daß er schon vorher mit ihm zu tun gehabt hatte, wenn er Zimmer für Zeugen mietete. Der Mann war groß und schlank und hatte die Schultern hochgezogen, als trüge er eine schwere Last. Er sah aus, als säße er seit der Eisenhower-Ära am Empfang.
    »Erinnern Sie sich an mich? Ich war beruflich schon öfter hier.«
    »Ja, ich erinnere mich. Ich habe nichts gesagt, weil ich nicht wußte, ob Sie eine verdeckte Fahndung durchführen.«
    »Nein, nichts dergleichen. Ich wollte wissen, ob Sie eines der großen Apartments hinten frei haben. Eins mit Telefon.«
    »Brauchen Sie eins?«
    »Deshalb frage ich.«
    »Wen wollen Sie diesmal unterbringen? Ich will keine Gangmitglieder mehr. Beim letztenmal haben …«
    »Nein, keine Gangmitglieder. Ich will das Apartment für mich.«
    »Sie wollen das Apartment?«
    »Richtig. Und ich werde nicht die Wände besprühen. Wieviel?«
    Der Mann schien verblüfft zu sein, daß Bosch selber hier wohnen wollte. Schließlich fing er sich wieder und erklärte Bosch, daß er die Wahl habe: dreißig Dollar pro Tag, zweihundert Dollar pro Woche oder fünfhundert pro Monat. Jeweils im voraus. Bosch bezahlte mit seiner Kreditkarte für eine Woche und wartete nervös, während der Mann überprüfte, ob die Karte nicht überzogen war.
    »Wieviel kostet der Parkplatz vor dem Eingang?«
    »Den Platz können Sie nicht mieten. Dort ist nur Be- und Entladen gestattet.«
    »Ich möchte vorne parken, damit Ihre Mieter nicht so leicht mein Auto klauen können.«
    Bosch holte sein Geld raus und schob ihm fünfzig Dollar über den Schalter.
    »Wenn die Politessen kommen, sagen Sie ihnen, es ist in Ordnung.«
    »Ja.«
    »Sind Sie der Manager?«
    »Und Besitzer. Seit siebenundzwanzig Jahren.«
    »Mein Beileid.«
    Bosch ging nach draußen, um seine Sachen zu holen. Er mußte dreimal hin- und hergehen, bis er alles ins Zimmer 214 geschafft hatte. Das Apartment lag hinten im Haus, und seine zwei Fenster schauten auf eine Gasse hinter einem einstöckigen Gebäude, in dem sich zwei Bars und ein Pornoladen befanden. Aber Bosch hatte gewußt, daß er keine Parkaussicht haben würde. Hier hing kein Frotteebademantel im Wandschrank, und abends lag kein Betthupferl auf dem Kissen. Das Hotel war nur etwas besser als die Absteigen, wo sich die Rezeption hinter kugelsicherem Glas befand und man sein Geld durch einen Schlitz schob.
    In einem Zimmer standen eine Kommode und ein Bett, dessen Tagesdecke zwei Brandlöcher von Zigaretten schmückten, sowie ein Fernseher, der durch einen Stahlrahmen mit der Wand verschraubt war. Kein Kabel, keine Fernbedienung, keine Gratisprogrammzeitschrift. In dem anderen Zimmer befand sich eine abgewetzte, grüne Couch, ein kleiner Tisch für zwei Personen und eine Kochnische mit einem kleinen Kühlschrank, einem Mikrowellenherd, ebenfalls festgeschraubt, und einem Elektroherd mit zwei Platten. Das Badezimmer ging von dem Flur ab, der die beiden Zimmer verband, und hatte ehemals weiße Kacheln, die inzwischen so gelb wie alte Zähne waren.
    Trotz der tristen Umgebung und der Hoffnung, hier nur kurz bleiben zu müssen, tat Bosch sein Bestes, um sich heimisch zu fühlen. Er hing ein paar Sachen in den Wandschrank, legte seine Zahnbürste und sein Rasierzeug ins Badezimmer und verband den Anrufbeantworter mit dem Telefon – obwohl niemand seine Nummer hier kannte. Er beschloß, am Morgen bei der Telefongesellschaft für seinen alten Anschluß eine automatische Ansage mit der neuen Nummer zu bestellen.
    Als nächstes stellte er seine Stereoanlage auf die Kommode und die Lautsprecher auf den Boden daneben. Dann kramte er in der Kiste mit seinen CDs und fand eine Aufnahme von Tom Waits mit dem Titel ›Blue Valentine‹. Er hatte sie schon seit Jahren nicht mehr gehört und legte sie auf.
    Schließlich setzte er sich neben das Telefon aufs Bett, hörte der Musik zu und überlegte eine Weile, ob er Jazz in Florida anrufen sollte. Aber er war sich nicht sicher, was er sagen oder fragen sollte. So entschied er, es für den Moment zu lassen, steckte sich eine Zigarette an und ging zum Fenster. In der Gasse rührte sich nichts. Über die Hausdächer hinweg konnte er den prunkvollen Turm des Hollywood Athletic Clubs sehen. Es war ein prächtiges Gebäude, eines der letzten in Hollywood.
    Dann schloß er die

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