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Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Sie dreißig Jahre Dienst hinter sich.«
    Seine Prophezeiung stieß auf eisernes Schweigen. Bosch wußte nicht einmal, warum er sich überhaupt bemühte. Toliver gehörte zu den Leuten, die ihn fertigmachen wollten. Aber irgend etwas an dem jugendlichen Gesicht des Detectives ließ ihn sein Vorurteil in Frage stellen.
    Sie bogen um die letzte Kurve auf dem Woodrow Wilson Drive, und Bosch konnte sein Haus sehen. Außerdem sah er vor dem Haus einen weißen Wagen mit einem gelben Nummernschild sowie einen Mann mit einem gelben Schutzhelm und einem Werkzeugkasten. Bauinspektor Gowdy.
    »Verdammte Scheiße«, sagte Bosch. »Ist das noch einer dieser gemeinen DIE-Tricks?«
    »Ich … Wenn das so ist, weiß ich nichts davon.«
    »Klar.«
    Ohne ein weiteres Wort stoppte Toliver vor dem Haus, und Bosch stieg mit seinen Sachen aus. Gowdy erkannte ihn sofort und kam auf ihn zu, als Toliver wegfuhr.
    »Hören Sie, Sie wohnen doch nicht etwa noch hier?« fragte Gowdy. »Das Haus muß abgerissen werden. Wir haben einen Anruf bekommen. Jemand hat illegal das Stromnetz angezapft.«
    »Ich habe auch einen Anruf bekommen. Haben Sie schon jemanden gesehen? Ich wollte gerade nachschauen.«
    »Erzählen Sie keine Märchen, Mr. Bosch. Sie haben Reparaturen durchgeführt. Begreifen Sie endlich, daß Sie das Haus nicht reparieren können, Sie dürfen nicht einmal hineingehen. Es besteht eine Abrißanordnung, die überfällig ist. Ich werde einen Auftrag erteilen und ihn von einem Unternehmen durchführen lassen. Die Rechnung geht an Sie. Warten hat keinen Sinn mehr. Sie gehen jetzt am besten, denn ich werde den Strom abstellen und Schlösser an den Türen anbringen.«
    Er stellte den Werkzeugkasten auf den Boden, öffnete ihn und nahm mehrere Verschlußspangen aus Stahl und Vorhängeschlösser für die Türen heraus.
    »Hören Sie, ich habe einen Anwalt«, sagte Bosch. »Er will die Sache mit Ihrem Amt besprechen.«
    »Es gibt nichts zu besprechen. Es tut mir leid. Wenn Sie noch einmal hineingehen, können Sie verhaftet werden. Wenn Sie diese Schlösser anrühren, können Sie ebenfalls verhaftet werden. Ich werde dann sofort das Revier in North Hollywood anrufen. Ich mein’s ernst.«
    Zum erstenmal kam Bosch der Gedanke, daß das Ganze ein Trick sein konnte. Daß Gowdy Geld wollte. Wahrscheinlich wußte er nicht einmal, daß Bosch Polizist war. Die meisten Cops konnten es sich nicht leisten, hier oben zu wohnen. Bosch war nur dazu in der Lage, weil er einen Batzen Geld gemacht hatte, indem er die Filmrechte an einem seiner Fälle verkauft hatte.
    »Okay, Gowdy«, sagte er. »Was wollen Sie? Ich bin manchmal schwer von Begriff. Sagen Sie mir, was Sie wollen, und Sie bekommen es. Ich will nur das Haus retten. Das ist alles, was mich interessiert.«
    Gowdy schaute ihn lange an, und Bosch merkte, daß er sich geirrt hatte. Er konnte die Entrüstung in Gowdys Augen sehen.
    »Wenn Sie so weiterreden, landen Sie noch im Gefängnis. Ich sag’ Ihnen, was ich machen werde. Ich werde vergessen, was Sie gesagt haben, und …«
    »Hören Sie, es tut mir leid.« Bosch schaute zum Haus. »Es ist nur … ich weiß nicht. Das Haus ist das einzige, was ich habe.«
    »Sie haben viel mehr. Sie haben nur nicht darüber nachgedacht. Ich werde noch mal ein Auge zudrücken und Sie fünf Minuten ins Haus lassen, damit Sie herausholen können, was Sie brauchen. Danach bringe ich die Schlösser an. Es tut mir leid, aber es geht nicht anders. Wenn das Haus beim nächsten Erdbeben den Hang runterrutscht, werden Sie mir vielleicht danken.«
    Bosch nickte.
    »Gehen Sie rein. Fünf Minuten.«
    Bosch ging ins Haus und holte einen Koffer aus dem Wandschrank im Flur. Zuerst legte er seine Waffe hinein und dann soviel Kleidung aus dem Schlafzimmer wie möglich. Er schleppte den vollen Koffer nach draußen und ging noch einmal für eine zweite Ladung zurück. Er öffnete die Schubladen der Kommode und warf alles aufs Bett. Dann verschnürte er es in der Bettwäsche und trug es ebenfalls nach draußen.
    Er überzog die fünf Minuten, aber Gowdy ließ ihn in Ruhe. Bosch konnte hören, daß er an der Vordertür mit dem Hammer tätig war.
    Nach zehn Minuten hatte er einen großen Stapel mit seinen Sachen auf dem überdachten Parkplatz errichtet. Darunter befand sich seine Schachtel, in der er Fotos und Erinnerungsstücke aufbewahrte, eine feuerfeste Kassette mit seinen finanziellen und persönlichen Dokumenten, ein Stapel ungeöffneter Post und unbezahlter Rechnungen, die

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