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Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Hauptverdächtige abends nach Hause gehen?«
    »Wie kann ich das nachprüfen?«
    »Heute sicher nicht. Sie müssen entscheiden, wem Sie glauben wollen. Morgen können Sie Assistant Chief Irving anrufen, wenn er mit Ihnen sprechen will.«
    »Verdammt, Bosch! Ich kann’s nicht glauben. Wenn ich jetzt zum Chefredakteur gehe und ihm sage, daß die Story, die in der Drei-Uhr-Besprechung für die erste Seite ausgewählt wurde, Makulatur ist, dann muß ich mir nicht nur ein anderes Ressort suchen, sondern auch eine andere Zeitung.«
    »Es gibt andere Nachrichten in der Welt, Keisha. Sie werden Ersatz für die erste Seite finden. Langfristig wird sich das für Sie auszahlen. Ich werde dafür sorgen, daß sich das rumspricht.«
    Eine kurze Pause trat ein, während sie ihre Entscheidung traf.
    »Ich muß Schluß machen. Ich muß jetzt in die Redaktion und mit ihm sprechen. Good bye, Bosch. Hoffentlich habe ich diesen Job noch, wenn wir das nächstemal miteinander sprechen.«
    Sie hatte aufgelegt, bevor er sich verabschieden konnte.
    Er ging die Straße hinauf zu seinem Mustang und fuhr ihn vors Haus. Gowdy hatte inzwischen die Spangen an beiden Türen angebracht und mit Schlössern versehen. Er stand jetzt an seinem Auto und benutzte die Motorhaube als Unterlage für sein Klemmbrett. Wahrscheinlich ließ er sich Zeit, um sicherzugehen, daß Bosch das Grundstück verließ. Ohne zu wissen, wohin er fahren würde, begann Bosch seine Sachen in den Mustang zu laden.
    Statt weiter über seine Obdachlosigkeit nachzubrüten, dachte er an Keisha Russel. Er fragte sich, ob sie den Artikel so spät noch hatte aufhalten können. Wahrscheinlich hatte die Story ein Eigenleben entwickelt – wie ein Monster im Zeitungscomputer –, das sie als Dr. Frankenstein nicht mehr stoppen konnte.
    Als er alles in den Mustang gepackt hatte, winkte er Gowdy zum Abschied zu und fuhr den Hügel hinunter. Er erreichte den Cahuenga Boulevard und wußte immer noch nicht, wohin er fahren sollte. Rechts ging es nach Hollywood, links ins Valley. Dann fiel ihm das Mark Twain ein. Es war ein altes Hotel auf der Wilcox Avenue, nur ein paar Blocks vom Revier entfernt, und hatte Einzimmerapartments, die generell sauber und in gutem Zustand waren – anders als die Umgebung. Bosch war dies bekannt, weil er manchmal Zeugen hier versteckte. Er wußte auch, daß es einige Zweizimmerwohnungen mit eigenem Bad gab, und entschloß sich, eine zu mieten. Als er nach rechts abbog, klingelte sein Telefon. Es war Keisha Russel.
    »Sie stehen tief in meiner Schuld. Ich habe die Story zurückgezogen.«
    Er war zugleich erleichtert und verärgert. Ihre Denkweise war typisch für Reporter.
    »Was reden Sie da?« konterte er. »Sie schulden mir einen Gefallen, schließlich habe ich Ihren Arsch gerettet.«
    »Wir werden sehen. Ich habe immer noch vor, es morgen nachzuprüfen. Wenn es so ist, wie Sie sagen, werde ich mich bei Irving über Brockman beschweren. Ich werde ihn als Informanten preisgeben.«
    »Das haben Sie gerade getan.«
    Sie begriff, daß sie Brockman als Quelle identifiziert hatte, und lachte beklommen.
    »Was hat Ihr Redakteur gesagt?«
    »Er hält mich für eine Idiotin. Aber ich habe ihm gesagt, es gibt noch andere Nachrichten in der Welt.«
    »Guter Spruch.«
    »Ja, ich werde ihn im Computer speichern. Also, was ist los? Was ist mit den Zeitungsausschnitten, die ich Ihnen besorgt habe?«
    »Das muß noch etwas kochen. Ich kann im Moment noch nicht darüber sprechen.«
    »Das dachte ich mir. Ich weiß nicht, warum ich Ihnen weiter helfe, Bosch, aber ich sag’ Ihnen trotzdem was. Erinnern Sie sich an Monte Kim? Er hat den ersten Artikel, den ich Ihnen gab, geschrieben.«
    »Ja. Monte Kim.«
    »Ich hab’ mich umgehört, und einer von den alten Typen in der Schlußredaktion erzählte mir, daß er noch lebt. Nachdem er die Times verlassen hat, hat er eine Weile für den District Attorney gearbeitet. Ich weiß nicht, was er jetzt tut, aber ich habe Adresse und Telefonnummer. Er wohnt im Valley.«
    »Können Sie sie mir geben?«
    »Ich denke schon, schließlich steht er im Telefonbuch.«
    »Verdammt, daran habe ich nie gedacht.«
    »Sie sind vielleicht ein guter Detective, Bosch. Aber aus Ihnen wäre nie ein Reporter geworden.«
    Sie gab ihm die Information und sagte, sie würde sich wieder melden. Dann hängte sie auf. Bosch legte das Telefon auf den Beifahrersitz und dachte auf dem Weg nach Hollywood über diese letzte Neuigkeit nach. Monte Kim hatte für den

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