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Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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daß er seine restliche Habe aus dem Haus enthielt.
    Er parkte und ging hinüber zu dem gepflasterten Weg, der ehemals zur Vordertür geführt hatte. Als er zu Boden schaute, sah er nur die sechs Stützpfeiler, die aus dem Abhang wie Grabsäulen aufragten. Er konnte noch einmal ein Haus auf ihnen errichten – falls er wollte.
    Etwas bewegte sich unter den Akazien in der Nähe der Pfeiler. Bosch sah einen braunen Schatten und dann den Kopf eines Coyoten, der durch das Strauchwerk trottete. Er hatte Bosch nicht gehört und schaute nicht nach oben. Kurz darauf verschwand er in den Büschen und Bosch sah ihn nicht mehr.
    Er blieb noch zehn Minuten, rauchte eine Zigarette und wartete. Aber der Coyote ließ sich nicht mehr blicken. Dann verabschiedete er sich still von seinem Flecken Erde. Er hatte das Gefühl, er würde nicht zurückkehren.

46
    A ls Bosch wieder in seinem Apartment im Mark Twain war, begann die Stadt gerade ihren Tag. Er hörte, wie ein Müllwagen hinten in der Gasse den Abfall einer Woche abholte. Es erinnerte ihn an sein Haus, dessen Bestandteile in zwei Bauschutt-Container gepaßt hatten.
    Glücklicherweise lenkte ihn eine Sirene ab. Es war ein Streifenwagen, nicht die Feuerwehr. Das Revier war nur ein paar Blocks von hier, und er würde oft dieses Geräusch hören. Nachdem er eine Weile ruhelos zwischen den beiden Zimmern hin und her gegangen war, machte er sich Kaffee mit der Maschine, die er aus seinem Haus gerettet hatte, was den Effekt hatte, daß er noch nervöser wurde.
    Er nahm sich noch einmal die Zeitung. Aber außer dem Artikel auf der ersten Seite gab es nichts, was ihn interessierte. Er blätterte durch den Lokalteil und entdeckte einen Bericht, daß die Verwaltung des Countys mit kugelsicheren Schreibunterlagen ausgerüstet wurde, die die Angestellten des Countys als Schutzschild benützen konnten, falls ein Amokläufer hereinkäme und um sich schießen würde. Er legte den Lokalteil weg und nahm sich wieder die ersten Seiten.
    Bosch las den Artikel über seine Ermittlungen noch einmal durch und konnte das Gefühl nicht loswerden, daß irgend etwas nicht stimmte, daß irgend etwas fehlte. Keisha Russels Bericht war okay. Daran lag es nicht. Das Problem war, die Story gedruckt zu sehen. Alles klang nicht so überzeugend, wie er es ihr oder Irving oder sich selbst dargestellt hatte.
    Er legte die Zeitung beiseite, lehnte sich zurück und schloß die Augen. In Gedanken ging er den Ablauf der Ereignisse noch einmal durch und kam schließlich darauf, daß das Problem nichts mit dem Zeitungsbericht zu tun hatte, sondern mit etwas Bestimmtem, das Mittel gesagt hatte. Bosch versuchte sich das Gespräch auf dem Rasen hinter dem protzigen Palast noch einmal ins Gedächtnis zu rufen. Was war gesagt worden? Was hatte Mittel zugegeben?
    In jenem Moment hatte Mittel sich unbesiegbar gefühlt. Er hatte Bosch gekidnappt und zusammenschlagen lassen – und war gewillt, seinen Tod anzuordnen. Sein Killer, Vaughn, stand mit der Waffe in der Hand hinter Bosch. In dieser Situation, so glaubte Bosch, hatte es für einen Mann mit Mittels Ego keinen Grund gegeben, etwas für sich zu behalten. Und das hatte Mittel auch nicht getan. Er brüstete sich sogar mit seiner Macht über Conklin und andere. Indirekt, aber freiwillig, hatte er sogar zugegeben, daß er Conklin und Pounds hatte töten lassen. All das hatte er zugegeben – aber nicht die Verantwortung für die Ermordung von Marjorie Lowe.
    Bosch versuchte aus der Erinnerung die genauen Worte zusammenzustückeln, es gelang ihm jedoch nicht ganz. Visuell konnte er sich gut erinnern. Mittel stand vor dem Lichterteppich der Stadt unten. Aber die Worte entzogen sich ihm. Mittel bewegte die Lippen, aber Bosch verstand nichts. Nachdem er sich eine Weile den Kopf zermartert hatte, wußte er es plötzlich wieder. Mittel hatte ihren Tod eine Chance genannt. War das ein Schuldgeständnis gewesen? Meinte er damit, daß er sie umgebracht hatte – direkt oder indirekt? Oder gab er nur zu, daß ihr Tod ihm eine Chance geboten hatte, die er dann ausgenutzt hatte?
    Bosch wußte es nicht, und das bedrückte ihn. Er versuchte, nicht daran zu denken, und begann einzudösen. Die Geräusche der Stadt draußen, sogar die Sirenen, beruhigten ihn. Er trieb auf den erlösenden Schlaf zu, als er plötzlich die Augen öffnete.
    »Die Fingerabdrücke«, sagte er laut.
    Dreißig Minuten später hatte er geduscht, sich rasiert, frische Sachen angezogen und war auf dem Weg nach Downtown.

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