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Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Bosch.«
    »He, verdammt, wie geht’s?«
    »Es geht. Was machst du im Moment?«
    »Fernsehen, wie alle. Und du?«
    »Nichts. Mir fiel nur gerade ein … erinnerst du dich an Gloria Jeffries?«
    »Glo… Mann, natürlich! Augenblick … Ihr Mann wurde bei einem Motorradunfall querschnittsgelähmt, richtig?«
    Goff erinnerte sich an den Fall, als würde er von seinem Notizblock ablesen.
    »Sie hatte es satt, ihn zu pflegen. Eines Morgens also – liegt im Bett – setzt sie sich auf sein Gesicht, bis er erstickt. Es wäre als natürlicher Tod ad acta gelegt worden. Wenn nicht ein mißtrauischer Detective namens Harry Bosch weitergebohrt hätte. Er fand eine Zeugin, der Gloria alles erzählt hatte. Was für die Jury den Ausschlag gab, war die Bemerkung, daß das arme Schwein ihr beim Ersticken den ersten Orgasmus überhaupt verschafft hatte. Vorzügliches Gedächtnis, nicht wahr?«
    »Verdammt, du bist gut.«
    »Was ist mit ihr?«
    »Sie ist in Frontera. Hat bald eine Bewährungsanhörung. Hast du Zeit, einen Brief zu schreiben?«
    »Scheiße, schon. Wie lange ist es her, drei, vier Jahre?«
    »Fast fünf. Sie liest jetzt die Bibel. Nächsten Monat hat sie den Termin vor dem Ausschuß. Ich werde einen Brief schreiben, aber es ist immer besser, wenn es auch einen vom Staatsanwalt gibt.«
    »Mach dir keine Sorgen. Ich habe einen Standardbrief im Computer. Ich ändere nur den Namen, das Verbrechen und spicke ihn mit ein paar grausigen Einzelheiten. Als Fazit schreibe ich, daß wegen der Abscheulichkeit des Verbrechens Bewährung zu diesem Zeitpunkt nicht in Frage kommt. Der Brief ist gut. Ich schicke ihn morgen raus. Er wirkt Wunder.«
    »Gut. Danke.«
    »Weißt du, sie sollten den Frauen nicht die Bibel geben. Wenn sie vor den Bewährungsausschuß kommen, sind sie alle gläubig geworden. Warst du schon mal dabei?«
    »Bei einigen.«
    »Falls man Zeit hat und augenblicklich nicht an Selbstmord denkt, kann man damit einen halben Tag vergeuden. Sie haben mich nach Frontera geschickt, als eines von den Manson-Girls ihre Anhörung hatte. Bei so bekannten Fällen schicken Sie einen warmen Körper, keinen Brief. Ich fahr’ also rauf und muß mir zehn von diesen Fällen anhören, bevor mein Mädchen drankommt. Ich sag’ dir, sie zitieren alle die Korinther, die Offenbarung, Matthäus, Paul, Johannes 3, 16, Johannes dies, Johannes das. Und es funktioniert! Diese alten Knacker im Ausschuß fressen den Scheiß. Außerdem wird ihnen bestimmt die Hose im Schritt enger, wenn diese Frauen vor ihnen zu Kreuze kriechen. Egal. Du hast das Thema angeschnitten, Harry. Du bist schuld, nicht ich.«
    »Tut mir leid.«
    »Macht nichts. Also, was gibt’s Neues? Ich habe dich schon lange nicht mehr im Gericht gesehen. Irgendwelche Fälle für mich?«
    Auf diese Frage hatte Bosch gewartet, um das Gespräch ganz nonchalant auf Arno Conklin zu bringen.
    »Nicht viel. Im Moment ist nichts los. Ich hab’ aber noch eine Frage. Kanntest du Arno Conklin?«
    »Arno Conklin? Natürlich kannte ich ihn. Er hat mich eingestellt. Weshalb fragst du?«
    »Nichts. Ich habe einige Akten durchgesehen – ich versuche gerade aufzuräumen – und habe dabei alte Zeitungen entdeckt. Sie steckten hinten im Schrank. Es waren ein paar Artikel über ihn dabei, und ich dachte an dich. Daß du damals angefangen hast.«
    »Ja, Arno. Er hat sein Bestes versucht. Vielleicht etwas zu despotisch für meinen Geschmack. Ich glaube aber, daß er alles in allem ein anständiger Kerl war. Besonders wenn man bedenkt, daß er Politiker und Rechtsanwalt war.«
    Goff lachte über seinen eigenen Witz, Bosch schwieg jedoch. Goff hatte die Vergangenheitsform verwendet. Bosch fühlte, wie es ihm in der Brust eng wurde. Erst jetzt merkte er, wie stark das Verlangen nach Rache sein konnte.
    »Er ist tot?«
    Er schloß die Augen und hoffte, daß Goff an seinem Ton nicht gemerkt hatte, wie wichtig die Frage für ihn war.
    »Oh nein, er ist nicht tot. Ich meinte, als ich ihn kannte. Er war damals ein anständiger Mensch.«
    »Ist er noch tätig als Rechtsanwalt?«
    »Nein, er ist alt. Pensioniert. Einmal im Jahr schieben sie ihn beim Jahresbankett der Staatsanwälte raus. Er händigt dann persönlich den Arno-Conklin-Preis aus.«
    »Was ist das?«
    »Ein Stück Holz mit einer Bronzetafel für den administrativen Staatsanwalt des Jahres. Kaum zu glauben. Das ist sein Erbe, einen jährlichen Preis für sogenannte Staatsanwälte, die nie einen Fuß in einen Gerichtssaal setzen. Es ist immer ein

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