Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
Vom Netzwerk:
gehen und nahm sich eine Zigarette.
    »Wieviel Zeit haben wir?«
    »Soviel Sie wollen. Machen Sie sich deswegen keine Sorgen.«
    »Sie haben von meiner Mission gesprochen. Sie haben gesagt, ich soll darüber nachdenken. Und Sie haben das Wort vor einer Minute abermals erwähnt.«
    »Ja.«
    Er zögerte.
    »Was ich hier sage, ist vertraulich und bleibt unter uns, nicht?«
    Sie zog ihre Augenbrauen zusammen.
    »Ich meine nichts Illegales … nur, daß Sie niemandem berichten, was ich Ihnen hier erzähle. Irving wird nichts davon erfahren, oder?«
    »Nein. Was Sie mir sagen, bleibt unter uns. Ohne Ausnahme. Ich schreibe nur eine Empfehlung, die sich allein darauf bezieht, ob Sie Ihren Dienst wieder aufnehmen sollten oder nicht. Das ist alles, was Assistant Chief Irving bekommt.«
    Er nickte, zögerte wieder und entschloß sich dann. Er würde es ihr erzählen.
    »Nun, Sie sprachen von meiner Mission und Ihrer Mission und so weiter und … nun, ich denke, daß ich schon seit langem eine Mission habe. Nur wußte ich es nicht … oder ich akzeptierte es nicht. Ich weiß nicht, wie ich es erklären soll. Vielleicht hatte ich Angst oder etwas Ähnliches. Seit vielen Jahren. Egal … Ich will damit sagen, ich habe es jetzt akzeptiert.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich Ihnen folgen kann, Harry. Sie müssen aussprechen, was Sie mir sagen wollen.«
    Er sah auf den grauen Teppich hinunter. Er erzählte es ihm, weil er nicht wußte, wie er es ihr ins Gesicht sagen konnte.
    »Ich bin Waise … Meinen Vater habe ich nie gekannt und meine Mutter wurde in Hollywood ermordet, als ich noch ein Kind war. Niemand wurde je deshalb verhaftet.«
    »Sie suchen den Mörder, stimmt’s?«
    Er sah zu ihr auf und nickte.
    »Das ist jetzt meine Mission.«
    Es schien sie nicht zu schockieren, was ihn wiederum überraschte. Es war, als ob sie es erwartet hätte.
    »Erzählen Sie mir mehr darüber.«

13
    B osch saß mit seinem Notizbuch am Eßtisch. Die Zeitungsausschnitte, die ein Praktikant bei der Times im Auftrag von Keisha Russel für ihn herausgesucht hatte, lagen in zwei Stapeln vor ihm. Der eine enthielt Stories über Conklin, der andere über Mittel. Auf dem Tisch stand eine Flasche Henry’s, die er sich im Laufe des Abends schlückchenweise eingetrichtert hatte. Mehr als ein Bier würde er sich nicht erlauben. Der Aschenbecher hingegen quoll über, und blaue Rauchschwaden hingen über dem Tisch. Vom Rauchen hatte Hinojos nichts gesagt.
    Allerdings hatte sie viel über seine Mission zu sagen gehabt. Sie hatte ihm kurz und bündig geraten, nicht weiterzumachen, bis er emotional besser auf das vorbereitet wäre, was er herausfinden könnte. Er hatte erwidert, daß er sich schon zu weit in den Fall eingearbeitet habe, um aufzuhören. Ihre Antwort darauf war ihm noch auf dem Heimweg durch den Kopf gegangen, und auch jetzt mußte er von Zeit zu Zeit daran denken.
    »Überlegen Sie es sich gut, ob es das ist, was Sie wollen«, hatte sie gesagt. »Unbewußt oder nicht sind Sie vielleicht Ihr ganzes Leben darauf zugesteuert. Vielleicht hat es Sie zu dem gemacht, was Sie sind. Ein Polizist. Jemand, der Morde untersucht. Wenn Sie den Mord an Ihrer Mutter lösen, eliminieren Sie eventuell Ihr Bedürfnis, Polizist zu sein. Sie könnten Ihren Antrieb, Ihre Mission verlieren. Sie müssen darauf vorbereitet sein oder die Sache aufgeben.«
    Bosch glaubte, daß sie die Wahrheit gesagt hatte. Er wußte, daß es sein ganzes Leben wie ein roter Faden durchzogen hatte. Was mit seiner Mutter geschehen war, hatte ihn geprägt. Es war immer dagewesen, in den dunklen Höhlen seines Bewußtseins. Das Versprechen, es herauszufinden. Das Versprechen, sie zu rächen. Er hatte es nie ausgesprochen, nicht einmal explizit gedacht. Sonst hätte er schon früher einen Plan gemacht. Aber es gab keinen großen Plan. Trotzdem war er von dem Gefühl erfüllt, daß es unvermeidlich und von verborgener Hand vor langer Zeit festgesetzt worden war.
    Seine Gedanken lösten sich von Hinojos Bemerkung und konzentrierten sich auf eine Erinnerung. Er war unter Wasser, seine Augen waren geöffnet und blickten auf das Licht über dem Schwimmbecken. Dann wurde das Licht von einer Gestalt verdunkelt, einem unscharfen Umriß, einem düsteren Engel, der über ihm schwebte. Bosch drückte sich vom Boden ab und stieg zu der Gestalt hinauf.
    Bosch nahm die Bierflasche und leerte sie in einem Zug. Dann versuchte er sich auf die Zeitungsausschnitte vor ihm zu konzentrieren.
    Am Anfang war er

Weitere Kostenlose Bücher