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Der letzte Drache

Der letzte Drache

Titel: Der letzte Drache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Schneider
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sang sie mit “I got a big fat Moma, trying to break me.” Die Stimmung stieg, sie kamen gut voran, die Musik wurde wilder. Nun waren sie bei “All day and all of the night”: Ella schüttelte dazu den Kopf wild, so dass ihre langen blonden Haare hin und her wallten. Das aprikosenfarbene Haarband hatte sich in den Tiefen des Fußraums zu den anderen beiden Kassetten gesellt. Sogar Baldur begann sachte seinen Kopf im Rhythmus zu bewegen. Die Musik wurde immer wieder stilvoll untermalt durch einzelne Fehlzündungen.
    Als sich ein Polizeifahrzeug vor sie setzte und zum Anhalten zwang, schaltete Baldur das Radio aus und Ella ernüchterte. Baldur kurbelte das Fenster herunter. Jedenfalls versuchte er es, viel mehr als einen Spaltbreit ließ es sich allerdings nicht öffnen. Einer der zwei uniformierten Beamten stieg aus. Baldur traf fast der Schlag.
    “Herr Hauptkommissar Kolumbus!” Baldur konnte sich Namen sehr gut merken. In Uniform.
    “Machen Sie keine Witze. Ich bin Polizeiobermeister Kolumbus. Woher kennen Sie überhaupt meinen Namen?” Der Polizist wirkte verärgert. Kein guter Einstieg in das Gespräch.
    “Wir haben uns doch erst vor eine paar Tagen in der Uni getroffen. Erinnern Sie sich nicht? Das verätzte Buch?”
    “Das war sicherlich mein Zwillingsbruder.” POM Kolumbus zog verächtlich seine Lippe hoch, auf seinen Bruder war er offensichtlich nicht gut zu sprechen. Und auf diesen Verkehrssünder, der ihn daran erinnerte, auch nicht.
    “Steigen Sie bitte aus. Wir wollen uns mal gemeinsam ihren Wagen ansehen.” Das klang ernst. Baldurs Puls beschleunigte und in seiner Magengegend breite sich ein flaues Gefühl aus.
    “Ihr Wagen stößt bei der Fahrt kleine schwarze Rauchwolken aus. Der wurde doch deutlich vor der Einführung der ASU gebaut: Und hier”, er kratzte die TÜV Plakette frei und nahm sie in Augenschein , ”der letzte TÜV Besuch liegt auch schon ein paar Jahre zurück. Überall Rost. Gurte hab ich eben auch keine gesehen. Wie kommen Sie nur auf die Idee, mit so einem Ding auf einer deutschen Autobahn frei herumzufahren?” Die Stimme des Beamten war lauter und lauter geworden, jetzt schrie er Baldur förmlich an. Auf seiner Stirn hatte sich ein Schweißtropfen gebildet, am Hals war eine Ader hervorgetreten. Baldur fühlte sich sehr, sehr schuldig.
    “Was müssen wir tun? Müssen wir eine Strafe zahlen?” Er versuchte durch leise Stimme und unterwürfige Körperhaltung Herrn Kolumbus zu beruhigen. Es gelang nur bedingt.
    Die Beifahrertür öffnete sich und Ella stieg aus. Mit einem Schwung ließ sie ihr langes Haar nach hinten fliegen und gesellte sich zu den beiden. POM Kolumbus sah sie überrascht und beeindruckt an.
    “Wie kommen Sie denn in dieses Auto?” Das passte nicht in sein Weltbild. Frauen wie Ella vermutete er stilsicher in Fahrzeugen aus Ingolstadt, München oder Böblingen. 
    “Oh, guten Tag. Ich wollte nur mal schauen, warum sich unsere Weiterfahrt verzögert.” Sie lächelte den Staatsdiener freundlich an. Kolumbus aber überwand die Ablenkung und wurde wieder ernst.
    “Es tut mir wirklich leid, meine Dame. Aber dieser Käfer fährt nirgendwo mehr hin. Seine Uhr ist schon vor Jahren abgelaufen. Er hat sich seinen ewigen Frieden redlich verdient. Hiermit lege ich ihn still.” Baldur traf der Schlag. Er hing an dem Wagen. Auch wenn er ihn in den letzten Jahren selten benutzt hatte und tatsächlich keinen Cent in TÜV oder Werkstatt investiert hatte. Das war ziemlich gedankenlos gewesen. Nun, jetzt war es zu spät. Ella versuchte noch einmal alles:
    “Sie tun ja nur ihre Pflicht, aber wir sind eigentlich sowieso grad auf dem Weg ihn zu seinem finalen Ziel zu bringen. Lassen Sie uns das doch zu Ende bringen. So viel Würde hat so ein altes Auto doch verdient, lieber Herr Polizist.” Wieder lächelte sie und schaute ihn unschuldig an und man sah, wie sich sein Gesicht wieder aufhellte und jede Anspannung verlor.
    “Wenn Sie mir versprechen, dass er heute noch aus dem Verkehr gezogen wird, meine Liebe..” In dem Moment schrie Baldur:
    “Da, das gibt’s doch nicht, da fliegt ein Drache.” Ella schaut hoch. Tatsächlich, da flog ein Drache, ein riesiges Tier, mit großen Flügeln. Aber schon war er hinter einer Wolke verschwunden. Auch der POM sah angestrengt nach oben, sah aber ganz offensichtlich nichts. Nun wurde er ärgerlich:
    “Wollen Sie mich verarschen? Ich lasse mich doch nicht für dumm verkaufen. Game over. Schnappen Sie sich ihr Gepäck, ich

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