Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der letzte Elf

Titel: Der letzte Elf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana DeMari Silvana De Mari
Vom Netzwerk:
letzte Elf. Wie schrecklich, der letzte Elf zu sein. Immer allein. Abgesehen davon bedeutet das, dass es keine Elfen mehr gibt. Das ist entsetzlich. ENTSETZLICH. Mir wird ganz schlecht, wenn ich nur daran denke. Ha, so könnte ich einen anderen Elfen kennenlernen. Ich kenne nur mich und meine Großmutter. Und wenn ich ihn erst einmal kennengelernt habe, ist er nicht mehr der letzte, denn dann sind wir zu zweit und es wird wunderschön...« Er verstummte. Sein Gesicht verfinsterte sich. »Aber wenn ich da bin, dann kann er ja nicht der letzte sein...«
    Schweigen. Langes Schweigen.
    »Der letzte Elf bin ich .«
    Schweigen. Sehr langes Schweigen. Plötzlich verschwand die Sonne und Nebel zog auf. Ein Vogel krächzte. Die Frau beugte sich hinunter, legte ihre Arme um den Kleinen und hielt ihn ganz fest, so fest wie noch nie.
    »Das ist eine Prophezeiung. Man weiß nicht, auf welche Zeit sie sich bezieht. Vielleicht geschieht es in tausend Jahren... vielleicht ist sie gar nicht wahr: Prophezeiungen treffen schließlich nicht immer zu, ganz im Gegenteil...«
    Der Kleine wurde aschfahl. Alles Licht wich aus seinen grünblauen Augen.
    »Vielleicht in zweitausend Jahren«, bestätigte der Mann. »Vielleicht tritt es überhaupt nicht ein.«
    Auch er hatte sich hinuntergebeugt und seine Arme um den Kleinen gelegt.
    So blieben sie da stehen, ein einziger dunkler Fleck im Nebel. Nieselregen setzte ein. Selbst da rührten sie sich nicht von der Stelle.
    Der Hund kam zu ihnen und so waren sie zu viert, ganz dicht aneinandergeschmiegt im Regen. Die Frau machte sich zuerst los.
    »Wir können unter den Bäumen Schutz suchen.«
    »Da ist ein Turm in der Nähe. Ich höre Wasserrauschen. Wir sind in der Nähe eines Baches, nicht weit von der Stadt Daligar, der Fluss liegt hinter uns. Ich weiß, wo wir sind. Hier in der Nähe muss ein verlassener Turm sein, mit einem Baum obendrauf.«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich höre das Rauschen des Baches und dann habe ich die Zeichnung gesehen. Ich habe es euch gesagt. Ich weiß, wo wir sind.«
    »Aber was für eine Zeichnung? Wovon redest du?«
    »Ich erkläre es euch später. Jetzt suchen wir erst einen Platz, wo wir bleiben können.« Der Kleine wirkte unendlich müde. Sein Blick war völlig stumpf.
    Mühsam kämpften sie sich durch ein dichtes Brombeergestrüpp. Da war der Bach. Das Wasser war klar und sauber und die Ufer waren von weichen Graspolstern überzogen. Unweit von der Stelle, wo sie aus dem Dickicht herausgetreten waren, öffnete sich eine kleine Lichtung, darauf ein halb verfallener Turm. Oben auf dem Turm stand eine enorme Eiche.
    Sie flüchteten ins Innere. Der zentrale Raum des Turms war unversehrt, und da lag sogar ein Bündel trockenen Reisigs, das der Kleine, wenn auch unter großer Anstrengung, in Brand setzte.
    Der Jäger füllte seine Feldflasche mit Wasser und so gab es zu trinken für alle. Dann gelang es ihm, eine kleine Forelle zu fangen, und er erklärte dem Kleinen, dass sie keine Wahl hatten: Entweder starb das Fischlein oder sie, das heißt, er, die Frau und der Hund starben Hungers.
    Der Kleine nickte. Der Hund blieb dicht bei ihm, um ihn herum eingerollt, warm und still.
    In seiner Verzweiflung gönnte der Kleine sich die Zerstreuung, nach einem passenden Namen für den Hund zu suchen. »Verlässlich« könnte ein schöner Name sein. Der dich nie verlässt, dich nie im Stich lässt, der immer bei dir ist, um für dich zu kämpfen. Vielleicht sollte man ihn nur etwas kürzer machen. Verlässlich, anhänglich, beständig... TREU! Endlich der richtige Name. Treu: verlässlich, anhänglich. Das war der richtige Name. Mein treuer Gefährte. Mein treuer Hund. Goldrichtig.
    Nachdem er den Namen gefunden hatte, holte den Kleinen seine Verzweiflung wieder ein. Nur er allein war übrig. Die anderen verfolgt, gejagt, verschleppt, verhöhnt, manche hatte man gehängt, manche der Einfachheit halber verhungern lassen, so waren alle tot, verstoßen aus dem Reich der Lebenden. Es war keiner mehr da, außer ihm. Er war der Letzte.

KAPITEL 10
    D er Mann und die Frau und saßen in einem Winkel und verzehrten jeder eine halbe Forelle, aber sie fühlten sich dabei wie zwei Henkersknechte, während der Kleine im gegenüberliegenden Winkel still für sich litt. Der Jäger hatte ihm ein paar Pilze mitgebracht, die er gefunden hatte, aber der Kleine hatte nichts davon wissen wollen. Der Hund legte sich neben ihn und der Kleine umarmte ihn. Dann verlangte er von den beiden Menschen,

Weitere Kostenlose Bücher