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Der letzte Elf

Titel: Der letzte Elf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana DeMari Silvana De Mari
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einer Beschimpfung, die schlimm genug wäre. Dann fand er das Ärgste: »Wegen eines Elfen, der sich benimmt wie ein Elf.«
    Yorschkrunsquarkljolnerstrink stieß ein leises Schluchzen aus. Aber diesmal kam nur der Hund, um ihn zu trösten.
     
     
    »Gibt es einen Weg, um hier wegzukommen?«, fragte der Mann den Drachen in barschem und zugleich müdem Ton. »Ich meine, ohne im Wasserfall sein Leben zu lassen und gangbar auch für Leute ohne Flügel?«, setzte er hinzu.
    Den gab es. Die Menschen der Zweiten Runendynastie, die hierherkamen, um ihre Bücher zu studieren, nachdem sie sich die Hände gewaschen und die Schuhe abgestaubt und sich bei ihrer Ehre verpflichtet hatten, nicht auf den Boden zu spucken und schon gar nicht auf die Buchseiten, mussten ja auch irgendwie hergelangt sein. Vom hinteren Ende der Anhöhe aus ging, allen unbekannt und auf keiner Karte verzeichnet, ein alter Weg ab, der sich an der Südseite der Schattenberge entlangschlängelte und sich vom Fluss und dem Wasserfall entfernte, um dann in die dichten Wälder südlich der Berge einzutauchen.
    Als sie aus der Höhle traten, war es schon Nacht, aber sie war so hell, voll der strahlendsten Sterne und obendrein mit einem leuchtend hellen Mond, dass sie beschlossen, trotzdem loszugehen.
    Der Weg begann auf der gegenüberliegenden Seite der Anhöhe, wo sie angekommen waren. Sie sahen ihn nicht, da er inmitten von Wacholdersträuchern verborgen und stellenweise durch ganz Büsche von Margeriten überwuchert war, aber sie konnten ihn doch erkennen, denn er war einst gepflastert gewesen, und von der alten Pflasterung war noch einiges übrig.
    Die Pflastersteine waren klein, sechseckig und dicht aneinandergefügt, wie Zellen in einem Bienenstock. Zwischen den Margeritenbüschen versteckt waren kleine Säulen, die einst ein Geländer getragen haben mussten, das beim Auf- und Abstieg behilflich gewesen war. Hin und wieder gab es an der Straße kleine Ausbuchtungen, sodass man auf dem Weg auch Rast machen konnte. Als sie weiter hinunterkamen, traten an die Stelle des Wacholders Lärchen, später riesige Kastanienbäume und ein paar Eichen.
    Die Nacht war so hell, dass Sajra sogar zu so später Stunde noch stehen blieb, um Kastanien zu sammeln. Eine nach der anderen steckte sie sie in ihren Quersack und gab sich Mühe, sich an den Stacheln nicht wehzutun. Sie sammelte sie dutzendweise und zog sich trotz aller Vorsichtsmaßnahmen jede Menge Stacheln ein, dann fing sie an zu weinen.
    »Na, immer noch besser, als gehängt zu sein!«, knurrte der Jäger.
    Ihr Weinen dauerte nicht lang. Sajra richtete sich auf. Sie kehrte um und begann, wieder hinaufzusteigen.
    »Ich gehe zu dem Kleinen«, sagte sie entschlossen. Sanft und ruhig, aber entschlossen. Der Tonfall der unwiderruflichen Entscheidung. »Es war schließlich nicht seine Schuld«, fuhr sie fort. »Er hat schließlich nichts getan. Ganz im Gegenteil. Er opfert sein Leben und bleibt bei dem Drachen, damit die Sonne wieder scheinen kann. Er rettet die Welt. Und wir haben ihm nicht einmal Danke schön gesagt! Sein Vater mag ja vielleicht ein Schurke gewesen sein, na, und wenn schon? Das ändert nichts daran, dass der Kleine in Ordnung ist. Und sein Vater war ja schließlich nicht die Ursache für das Zeitalter der Überschwemmungen. Er hat es ganz einfach nicht verhindert. Das ist etwas anderes. Er wollte nicht sein Leben opfern und bei dem Drachen bleiben, um die Erde zu retten. Vielleicht konnte er es nicht. Vielleicht war er krank. Vielleicht hatte er andere Dinge zu tun. Vielleicht musste er zu seinem Sohn zurückkehren und ihn vor etwas warnen? Was wissen wir denn schon? Und wie können wir uns anmaßen, ihn zu verurteilen? Seit jeher bezichtigt man die Elfen aller möglichen Dinge, und wir haben es für gut befunden, in den allgemeinen Chor mit einzustimmen. Die Finsternis hat er auf jeden Fall nicht verursacht. Er hat sich lediglich darauf beschränkt, uns nicht zu retten...«
    Der Jäger folgte ihr schweigend. In Abständen gab er ein missbilligendes Gebrumm von sich, aber er verlangsamte den Schritt nicht, sondern trotz der Müdigkeit in seinen Beinen beschleunigte er das Tempo noch, sosehr es ging. Sie waren schon wieder bei den Wacholderbüschen angelangt, als der Mond unterging, Wolken zogen auf, verdeckten die Sterne und es wurde vollkommen finster. Weiterzugehen war unmöglich. Aneinandergeschmiegt rollten sie sich ein, zusammen mit dem Hund, auf einer dieser Ausbuchtungen, die den Pilgern in

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