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Der letzte Elf

Titel: Der letzte Elf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana DeMari Silvana De Mari
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eigene Name dem Vergessen anheim, der doch die höchste Erkenntnis bedeutet, denn der Name ist die Seele selbst, vor allem bei den Drachen, die sich ihren Namen auf der Höhe ihrer Macht selbst aussuchen, es sei denn, sie bekommen ihn von dem, der sie großzieht.
    Yorsch schluckte. Er hatte das Gefühl, in eiskaltes Wasser gefallen zu sein.
    Zum Brüten braucht der Drache viel Wärme. In jener Zeit, da die Drachen zahlreich und auf der ganzen Welt verbreitet waren, suchte sich ein Drache, bevor er zu brüten begann, einen anderen Drachen zum Geschichtenerzählen, wie das in unseren Tagen Bremsen und Heuschrecken auch noch tun. Es waren Geschichten voller Gefühl und Empfindung, denn das ist der einzige Weg, die Temperatur des Drachen anzuheben und damit die Brut zu begünstigen. Der befreundete Drache muss den Brütenden nicht nur durch Geschichten von vertauschten Kindern und entführten Prinzessinnen zerstreuen und erwärmen, sondern es wird ihm auch noch eine weitaus höhere Aufgabe zufallen, nämlich die, das Junge des Drachen aufzuziehen, denn der Drache überlebt die Brutzeit nur um wenige Stunden, gerade die Zeit für einen letzten Flug, um noch einmal die Kraft des Windes in den Flügeln zu spüren und sich dann zurückzuziehen, damit sein Junges nicht, kaum aus dem Ei geschlüpft, seinen Erzeuger verscheiden sieht.
    Verscheiden? Sterben? Sein Drache würde bald sterben? Es gab dem Elfenjungen einen Stich ins Herz.
    Dies ist der Grund, weshalb der Drache während der Brutzeit ganz besonders quengelig, lästig, langweilig und unerträglich ist, auf dass nämlich die Geduld dessen über jedes nur erdenkliche Maß auf die Probe gestellt werde, der künftig der Erzieher seiner Brut sein soll, der sein Geschöpf lieben und beschützen soll, es aber vor allem das Fliegen lehren muss, denn erst wenn er fliegen kann, hört ein Drache auf, ein Neugeborenes zu sein.
    Aber warum hatte er ihm das nicht gesagt? Warum hatte er das vor ihm verborgen gehalten?
    Wahrscheinlich hatte er auch deshalb alle Lehrbücher der Drachenkunde vernichtet, damit er das nicht entdeckte.
    Ein brütender Drache hat Angst vor allem.
    Aus Angst hatte er es ihm verborgen gehalten. Aus Angst, verlassen zu werden? Dass er sein kostbares Ei verlassen könnte?
    Aber jetzt, da die Drachen verschwunden sind, wird es für einen Drachen immer schwieriger, einen ruhigen Ort zu finden, warm und mit ausreichender Nahrung, denn er kann sich ja nicht von der Stelle rühren, nicht einmal für einen kurzen Flug, denn sonst erkaltet das Ei und geht zugrunde. Und dann braucht der Drache Geschichten, die seine Temperatur für den Brutvorgang ausreichend hoch halten. Und selbst wenn der Drache dies alles gefunden hat, so braucht er doch immer noch jemanden, der sich seiner kleinen Waise annimmt, und das ist der Grund, warum es immer weniger Drachen gibt. Der brütende Drache weiß, dass er seinen Zustand um jeden Preis verbergen muss, denn einen neugeborenen Drachen aufzuziehen, ist eine ... (Schimmelfleck) und niemand würde eine solche Aufgabe freiwillig auf sich nehmen. Auch weil ...
    Das Auch weil war nicht mehr zu erfahren. Der Rest des Textes war vom Schimmel zerfressen.
    Der Magen des Elfenjungen hatte sich vor Grauen und Rührung zusammengekrampft. Und vor Schuldgefühl. Hätte er nicht etwas netter sein können? Sicher, der Drache war dumm, quengelig, herrschsüchtig und unerträglich, aber weil er brütete!
    Eine schrecklich lange Brutzeit, so lang und mühsam, dass Geist und Verstand dabei zugrunde gingen, der Mut zunichtewurde. Der letzte Akt seines Lebens. Und dann käme der Tod.
    DER TOD.
    Yorsch ließ das Pergament los und mit einem leisen Splash fiel es zu Boden. Zu mehr kam er nicht, denn sogleich gab es einen fürchterlichen Knall, sodass selbst die Wände der Grotte erzitterten.
    Es folgte ein merkwürdiges Geräusch, so etwa: splash, splash, splash , wie ein Pergament, das zu Boden fällt, aber viel weicher und viel lauter. Wie das Schlagen enormer Flügel in der Luft.
    Und schließlich ein mörderisches, sehr hohes Squiiiiiiiiiiiiiiieek , das die Hälfte der Bernsteinscheiben an den Fenstern in Scherben legte.
    Der Elfenjunge stürzte in den großen Saal. In der Mitte stand ein riesiges Ei in Smaragdgrün und Gold, mit den gleichen verschlungenen Mustern, wie sie auf der Haut des Drachen (der Drachin?) in Rosa und Hellgrau zu sehen gewesen waren. Auf einer Seite war es aufgebrochen und daraus lugte verzweifelt der Kopf einer smaragdgrünen

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