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Der letzte Elf

Titel: Der letzte Elf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvana DeMari Silvana De Mari
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hatte sie wirklich Angst, vielleicht würde sie es nicht schaffen bis zum Frühling.
    Reglos und niedergeschlagen blieb Robi stehen. Zum ersten Mal in ihrem Leben schien sich auch der letzte Funken Hoffnung verflüchtigt zu haben.
    Mit einem Mal wurde die Welt grün. Jemand kreischte vor Angst. Robi sah nach oben. Etwas enorm Großes, Smaragdgrünes war am Himmel und das Licht fiel hindurch. Robi war die Erste, die begriff, oder vielleicht wäre es genauer, zu sagen: Sie erkannte wieder, was da vor sich ging. Die Flügel eines Drachen hatten sich vor die Sonne geschoben.

KAPITEL 6
    Y orsch wachte auf und streckte sich. Die Verbrennungen am rechten Arm und an der Stirn waren praktisch verheilt und er spürte sie fast nicht mehr, während die am Rücken höllisch wehtaten. Humpelnd stand er auf. Der letzte Stalaktit, den der Drache mit seinem Schwanz umwarf, hatte ihn an den Knöcheln getroffen. An beiden. Er war lahm und steif und alles tat ihm weh.
    Die Kälte machte seine Glieder fühllos und die Knie gehorchten ihm nicht.
    Er fühlte sich wie eine Garnele, die in einer Gletscherspalte genächtigt hat.
    In Arstrid, dem letzten auf der Karte eingezeichneten Dorf, hatte der Jäger bequeme, warme Kleider aus grauer und blauer Wolle für ihn gekauft, aber Kleider wachsen nicht, Kinder dagegen wohl, von allem Übrigen ganz zu schweigen. Risse, abgewetzte Stellen und solche, wo der Stoff durch Abnutzung einfach nicht mehr vorhanden war, durchzogen seine Kleider. Alles, was jetzt noch davon übrig blieb, war ein Fetzen um die Hüften, im Übrigen kam er um vor Kälte.
    Er erinnerte sich an die schönen Zeiten, als er bei idealen Temperaturen unter Schmetterlingen geschlafen hatte, die ihn bedeckten und warm hielten. Und da hatte er sich auch noch beklagt! Sein Schicksal musste schon einigen Sinn für Humor besitzen, denn es hatte all seine Wünsche erfüllt, aber wie: An Unsicherheit und Unvollkommenheit hatte er jetzt mehr als genug. Doch was hätte er jetzt nicht für einen vorhersehbaren und gleichförmigen Tag gegeben, einen Tag wie alle anderen!
    Er erinnerte sich an sich selbst als Kind, fast dreijährig, als er, halb tot vor Kälte, Angst und Hunger, durch Dunkelheit und Regen geirrt war. Er hatte das Schicksal um etwas Wärme und Behaglichkeit angefleht und dreizehn Jahre lang hatte er nun davon gehabt, bis zum Überdruss. Sein Schicksal kannte offenbar kein Mittelmaß.
    Der kleine Drache schlief noch. Leichter Schnee bedeckte den Lärchenwald, in dem sie die Nacht verbracht hatten. Es war besser, außerhalb der Bibliothek zu bleiben, nicht nur um wenigstens einen Teil des Wissens der Menschheit vor der Zerstörung zu bewahren, sondern auch weil der Kleine stets fröhlich und gut aufgelegt war. Er wedelte unentwegt und auch durch Schwanzschläge umgeworfene Stalaktiten können tödlich sein.
    Der Elfenjunge trat hinaus auf die Lichtung. Am Rand des Gletschers wuchs Gebirgsarnika. Yorschkrunsquarkljolnerstrink hatte alles versucht, dem Drachen den Begriff von Gebirgsarnika zu übermitteln, in der Hoffnung, diese vor ihm aufsprießen zu sehen. Alles, was er erreicht hatte, war ein verzweifeltes, verständnisloses Squiiiiiieek gewesen mit der dazugehörigen Stichflamme. Wenn er daran dachte, brannte ihm die Schulter immer noch.
    Offenbar klappte die Materialisierung nur, wenn große Gefühle im Spiel waren, fuderweise Freude und überbordende Zuneigung. Die bloße Notwendigkeit, sich ein wenig Arnika zu beschaffen, um Verbrennungen zu behandeln oder zu vermeiden, löste nicht die erforderliche Gefühlseuphorie aus.
    Außerdem bekam der Kleine Zähne, die vorderen Schneidezähne waren schon recht gut entwickelt und erste Andeutungen der hinteren Backenzähne waren zu sehen. Das verursachte Jucken im Zahnfleisch und er reagierte sich durch Kauen und Knabbern ab. Zu den verbrannten Büchern kamen die zerkauten und zerbröselten hinzu, und das Wissen der künftigen Generationen stand in Gefahr, empfindlich reduziert zu werden. Es war, wie ein Nagetier von tausendsechshundert Pfund im Haus zu haben.
     
     
    Hinkend hatte Yorsch es bis zu den Arnikastauden geschafft. Es waren nur ein paar Pflänzchen, aber für Rücken und Schulter würde es reichen. Um das Feuerspeien des kleinen Drachen zu löschen oder doch wenigstens etwas einzudämmen, hätte er auch Eisenhut und Fingerhut gebraucht, aber das Problem war, dass in dem Buch keine genauen Mengenangaben gemacht wurden. Es empfahl, für die Lösung nur wenig zu nehmen,

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