Der letzte Grieche
und eventuell mehr als die Situation erfordert hätte. Anton und Theo wirkten verunsichert. Efi war nett und Griechin und undurchschaubar, kniff ihnen aber ständig in die Wange. Agneta behelligte niemanden. Sie wusste, was zu tun war, wenn Nyberg um die Maurerkelle bat. Sie arbeitete, ohne zu kichern. Sie war nicht schuld, wenn die Brüder blaue Flecken hatten.
Als Efi am zweiten Morgen den Keller inspizierte, legte sie die Hände auf beide Seiten der Wand, die Jannis von seiner mána trennte. Manchmal, sagte sie, sei ein liebgewonnener Mensch näher als man glaube – »dreißig Zentimeter höchstens, würde ich schätzen« – und trat zu ihm. Sie hatte Recht: Es war kaum Platz für ein Schullineal zwischen den Freunden. Aber ehe Jannis zu diesem Umstand Stellung beziehen konnte, hörte man Rufe. Der Elektriker war mit einem Steinblock auf der Schaufel eingetroffen. Wortlos eilte Jannis aus dem Haus. Efi ließ sich auf die Bettcouch fallen. Sie hatte das Gefühl, dass der Freund ihr aus dem Weg ging. Unten am See dirigierte Jannis mit übertriebenen Gesten den Traktor. Mit einiger Mühe gelang es, den Block ins Wasser zu kippen. Das Erdreich bebte und klagte, dann fand der Stein mit blubberndem Murmeln seinen Platz. Anschließend pendelte der Traktor zwischen Haus Seeblick und der Feldsteinmauer, die der Lebensmittelhändler des Dorfs nicht mehr benötigte. Efi wurde immer missmutiger. Lily auch. Es würde Wochen dauern, bis der Rasen sich erholt hatte.
Am dritten Tag zog Jannis Schnüre entlang der Wasserlinie, maß und kontrollierte. Nach dem Mittagessen rührten er und Nyberg mit vielen Litern Rövare Zement an, danach wurde die Masse zwischen die Bretter gegossen, die sie hochkant in verschiedenen Formationen plaziert hatten. Als es am vierten Tag Abend wurde, konnten die Bauherren die ersten Schritte auf einer zwei Meter breiten und fünfzehn Meter langen Promenade machen, die sich vom Schilf auf der einen Seite bis zu Olléns Hecke auf der anderen erstreckte. Parallel zum Wasser hatte Jannis in regelmäßigen Abständen Bierflaschen in den Zement gedrückt. Sie schimmerten in grünspanartigen und olivbraunen Farbtönen. Als die Kinder die Baustelle besuchten, entdeckten sie in einer Ecke der Plattform einen gezeichneten Mann mit den Händen in den Taschen. Der Kellergrieche, der mit einem grauen Krocketstab in der Hand in seinem Liegestuhl saß, hüllte sich in vornehmes Schweigen.
Der fünfte Tag war ein Mittwoch mit Sonne, Wind und unerwartetem Ärger, weil Tore Ollén mal wieder betrunken antrat. Jannis stand das Wasser bis zum Nabel, während Nyberg zeigte, wie die Steinblöcke befestigt werden mussten, und der Schmied Zement von einem langen Spaten zu kippen versuchte, den er beharrlich falsch hielt. Weitere Dorfbewohner mussten hinzugerufen werden, die über Ollén lachten und in die Hände spuckten. Als Agneta und Efi am Abend den Tisch abdeckten, erklärte die Griechin, sie bräuchten nicht zu spülen, so sauber seien die Teller. In dieser Nacht schlief selbst der Schmied tief und fest. Am sechsten Tag trieb Jannis entlang einer Konstruktion, die immer deutlichere Züge eines Piers angenommen hatte, Eisenstangen in den Grund. Bretter wurden befestigt, Zement und Steine Schicht für Schicht übereinander gelegt. Auf dem See schaukelte mit Strohhut und amerikanischem Collegepullover in einer Jolle sitzend Ado von Reppe. Von Zeit zu Zeit gab er dem »Supergriechen« Anweisungen, der es jedoch vorzog, Tomaten auf den Ohren zu haben. Im Übrigen stand Nyberg am Ufer, und der wusste, was er tat, nachdem er drüben an der Badestelle den neuen Steg angelegt hatte. Wollte der Freiherr etwa behaupten, dieser habe im vergangenen Winter Risse bekommen? Nicht. Na also.
Am Abend trug Jannis Tisch und Stühle von der Veranda nach unten. Efi und Agneta deckten wortlos den Tisch. Schüsseln und Platten wurden geholt, Kerzenständer und Zahnstocher hingestellt. Sogar die in Blei gefassten Kristallgläser fanden Verwendung. Efi sprühte mit Lilys Haarspray, um die Mücken fernzuhalten, Agneta blieb weiterhin stumm. Gemeinsam zogen Nyberg und Ollén eine Kiste mit klirrenden Flaschen aus dem Wasser. Es stellte sich heraus, dass der Schmied den Inhalt bereits um die Hälfte dezimiert hatte. Dann wurden der Doktor und seine Familie gerufen. Während des Abendessens erklärte Efi, Jannis habe auch früher schon Wunder vollbracht. Sie erwähnte seine Versuche, in Makedonien eine Kanalisation einzuführen, und erzählte
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