Der letzte Krieger: Roman
fest. »So haben wir es schon immer gehalten.«
»Das ist hart.« Mehr gab es dazu wohl nicht zu sagen. Die Zwerge würden ihre Gesetze nicht ändern, nur weil sie ihm nicht gefielen.
Gunthigis Miene wurde wieder etwas weicher. »Ich sage ja, es tut mir leid für ihn. Aber ich kann’s nicht ändern. Wenn wir ihn mitnehmen, würde sein Vater ihn wieder fortschicken. Und das weiß Vindur auch.«
Noch einer, der sein Volk verloren hat. »Daran gibt es also nichts zu rütteln?«
»Baumeisters Bart! Glaubst du, ich würde ihn bei zauberischen Elfen lassen, wenn ich einen anderen Weg wüsste?«
Wohl kaum. Aber wo sollte Vindur leben? In einer der Trollhöhlen unter Uthariel? Undenkbar. »Die Elfen schulden euch etwas«, sagte Athanor schließlich. »Ich werde dafür sorgen, dass sie sich Vindurs annehmen. Du hast mein Wort darauf.« Er streckte dem Zwerg die Hand hin, und Gunthigis schlug ein.
»Das Wort eines Königs. Mehr kann man nicht verlangen.«
Athanor fühlte sich nicht wie ein König. Er war nie gekrönt worden, hatte keinen Thron bestiegen, und wie viel Ehre lag schon darin, König eines Haufens Ruinen zu sein? Dennoch schritt er dem Trauerzug so würdevoll voran, als stünden stumme Zuschauer an den Straßenrändern, um von ihrem toten König Abschied zu nehmen. Fast konnte er sie vor sich sehen, die Edlen in ihren vornehmen Gewändern, die einfachen Frauen unter nachtblauen Trauerschleiern, die Bettler in ihren Lumpen.
Hätte es diese trauernde Menge gegeben, wäre sie Zeuge der wohl seltsamsten Bestattungsprozession geworden, die je durch Theroia gezogen war. Athanors Pferd, das ihm ohne einen Strick folgte, zog eine Bahre, auf der Theroias toter König lag. Elanya und Davaron flankierten sie, achteten darauf, dass der Tote auf dem holprigen Weg nicht herunterfiel.
Hinter ihnen marschierten die Zwerge, die sich eine Trage mit Hrodomars Leichnam auf die Schultern geladen hatten. Die Schritte ihrer genagelten Stiefel hallten von den zerstörten Häusern wider. Zu gern hätten sie auch den Drachenschädel mitgeschleppt, um Hrodomar damit ein Denkmal zu setzen, doch sie hatten nicht einmal mehr ihre hulrat und mit dem verbliebenen Drachenspieß schwer genug zu tragen.
Wen Athanor besonders hoch achtete, waren jene Elfen, die den Zwergen folgten. Obwohl sie die Leichen ihrer eigenen Gefallenen den Tieren des Waldes überließen, hatten sie sich bereit gefunden, den Toten Theroias Respekt zu erweisen. Zwar war König Xanthos’ enthaupteter Leichnam über Nacht verschwunden, doch über ein Dutzend andere hatten noch vor den Mauern gelegen. Sie alle mussten beim Überfall der Drachen gestorben und ihre Körper durch Zufälle erhalten worden sein, sodass sie keine Gruft besaßen, in die sie zurückkehren konnten. Es war Mahalea gewesen, die Athanors Not erkannt und ihr Volk für ihn um Hilfe gebeten hatte. Nun zogen die Freiwilligen hinter ihm her durch die Stadt, begleiteten die Bahren mit den Toten, um sie hinab in die Katakomben zu tragen.
Athanor hielt vor dem Portal an, durch das die Zwerge ins Freie gekommen waren. Hier konnte er sicher sein, dass ihnen keine eingestürzten Gänge den Weg in die Tiefe verwehrten. Er ließ genug Platz, damit ihn Gunthigis und seine Männer überholen und vor ihm hinabsteigen konnten.
Der Hauptmann zündete eine Laterne an. Seine Unruhe war unübersehbar, aber er reichte Athanor noch einmal die Hand. »Dein Eingreifen, als wir hier auf den Troll stießen, hat einigen von uns das Leben gerettet. Dafür danke ich dir.«
»Das habt ihr mehr als wettgemacht, indem ihr den Drachen vom Himmel geholt habt«, befand Athanor. »Es war schließlich nicht nur Hrodomars Verdienst.«
»Nein, aber um seinetwillen wird die Geschichte unvergessen bleiben. Er ist der Held, der aus der verfluchten Mine zurückkam, und nun ist er auch Drachentöter. Ein Platz in der Halle der Ahnen ist ihm sicher.«
»Dann bin ich umso stolzer, sein Freund gewesen zu sein.«
Gunthigis nickte zufrieden. »Dein Name wird bei uns nun wieder einen anderen Klang haben, Herr Athanor. Ich wünsche dir Glück. Und sei auf der Hut vor der Heimtücke der Elfen!«
»Das werde ich, Herr Hauptmann«, versicherte Athanor schmunzelnd. »Möge der Große Baumeister über eure Reise wachen.«
Gunthigis brummte zustimmend in seinen Bart und nahm die Laterne auf. Mit geschultertem Kriegshammer marschierte er durch das Portal, als zöge er in einen neuen Krieg. Seine Männer folgten ihm schweigend, aber einige
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