Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)
übernommen, sie an den König der Franken weiterzuleiten. Es ist wichtig, dass der König die Lüge glaubt, Herrin. Mir wird er sie garantiert nicht abkaufen. Sie muss von jemandem kommen, dem er vertraut.«
»Ich soll dem König eine Lüge auftischen? Erwartet Afdza das wirklich von mir?«
Chlodwig wurde ernst. »Mein Volk wird sich gegen die Franken erheben, früher oder später. Du nimmst nur die Ereignisse vorweg. Und es geht nicht so sehr darum, Karl zu belügen, als vielmehr, Roland zu retten!«
Arima blinzelte überrascht und ebenso beschämt. Sie hatte in den letzten Minuten keinen Gedanken an Roland verschwendet. Afdza hatte ihr Herz beherrscht.
»Roland ist jetzt der Anführer des größten Teils des fränkischen Heeres«, erklärte Chlodwig. »Die Paladine Beggo und Otker haben sich und ihre Panzerreiter unter seinen Befehl gestellt, Gerbert de Rosselló hat ihm die Bogenschützen überantwortet, die sein jüngerer Bruder Puvis führt, und zusammen mit Rolands eigener Schar und den Fußkämpfern, die er befehligt, ist das der größte Haufen im fränkischen Heer, den ein einzelner Mann führt.«
»Das heißt, dass er und Afdza …«
»Mein Herr ist vom Wali zum Feldherrn über alle maurischen Truppen bestimmt worden. Die beiden werden sich in der nächsten Schlacht als Gegner gegenüberstehen. Nur einer von beiden wird den Kampfplatz lebend verlassen.«
Arima schluckte. Es hatte keiner großen Fantasie bedurft, um sich diese Tatsache vor Augen zu rufen, aber sie hatte sie bislang angestrengt verdrängt. Sie wollte sagen: Gott schütze Afdza Asdaq! Doch sie biss sich auf die Zunge. Wenn Roland gegen Afdza unterlag und der Maure den Paladin tötete, bedeutete das nicht, dass ihre und Afdzas Liebe ein gutes Ende nehmen würde. Es bedeutete vielmehr, dass Rolands Tod für immer wie ein Schatten über ihnen hinge.
Und wenn Roland der Sieger war? Die Vorstellung war zu grauenhaft, als dass Arima ihr hätte Raum geben können. Chlodwig schwieg. Arima schien es, als könnte der junge Mann ihre Zerrissenheit ihr von der Stirn ablesen.
»Wirst du wieder zu Afdza zurückkehren?«, fragte sie.
Chlodwig nickte. »Sobald ich wieder im Sattel sitzen kann. Mein Hintern fühlt sich an, als …«
»Ja, ja«, sagte Arima, aber sie lächelte mit feuchten Augen. »Wie kann man nur so ein Weichling sein!«
Ganz uncharakteristisch für ihn legte Chlodwig plötzlich seine Hand auf die Arimas und drückte sie. »Alles wird gut«, sagte er leise. »Vertrau meinem Herrn. Schau mich an – eigentlich müsste ich schon längst tot sein.«
»Chlodwig – wenn es doch zum Kampf zwischen Afdza und Roland kommt: Versprich mir, dass du auf ihn aufpasst!«
»Natürlich, Herrin.«
»Ich werde Hunald bitten, eine Eskorte für mich zusammenzustellen. Ich hoffe, dass keiner auf den Gedanken kommt, Roncevaux anzugreifen. Er wird mir einen Haufen Krieger mitgeben müssen, damit ich unbeschadet bis zu Karls Heer durchkomme.«
»Oh«, sagte Chlodwig. »Es war nie die Rede davon, dass du die Nachricht persönlich übermitteln sollst. Sie soll nur aus deinem Mund an denjenigen kommen, der sie letztlich übermittelt. Mein Herr würde dich nie dieser Gefahr aussetzen.«
»Und wer soll dann derjenige sein, dem Karl vertraut, wenn er Nachrichten über einen vermeintlichen Sachsenaufstand bringt?«
Chlodwig grinste. »Ein Mann, der innerhalb kürzester Zeit Karls Verehrung gewonnen hat, weil er so fest an den Christengott glaubt wie der alte Abt Styrmi, ohne dessen Verbohrtheit zu besitzen, so gelehrt ist wie zehn von Karls Hofbeamten und außerdem damit angefangen hat, dem König das Lesen und Schreiben beizubringen, bevor die Kämpfe begannen und er in die Sicherheit eines Kloster geschickt wurde, damit ihm auf keinen Fall etwas zustößt.«
Arima dämmerte etwas. »Ealhwine von York?«
»Er hält sich in der Klause unterhalb der Passhöhe auf.«
»Ich dachte, er sei mit Karls Heer mitgezogen.«
»Nur, bis die Belagerung von Iruña begann. Dann wurde er zurückgeschickt.«
Arima schüttelte den Kopf. »Ich bin beeindruckt, wie gut Afdza über alles Bescheid weiß, was in Karls Heer vor sich geht.« Sie fasste den jungen Mann ins Auge. »Oder bist nur du es, der so schlau ist?«
»Ach, Herrin, es hilft, wenn man mit Afdza Asdaqs Siegelring durch ein Gebiet reitet, durch das die Franken vorher gezogen sind und sich dabei nicht viele Freunde gemacht haben. Jeder war ganz begierig darauf, mir Informationen zuzustecken. Und mein
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