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Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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zarte Geste hatte er ihr einen Käfig mit einem Singvogel darin gebracht, den er einem vorbeiziehenden Vogelhändler abgekauft hatte. Er hatte sie gebeten, den Vogel freizulassen, und so getan, als sei es ihm peinlich, es selbst zu tun und damit zuzugeben, dass ihm die Gefangenschaft der kleinen Kreatur zuwider war. Als Arima den Vogel davonflattern sah, war ihr gewesen, als würde er einen Teil ihres Kummers mitnehmen. Sie war dankbar gewesen, dass Hunald einfach neben ihr auf der Plattform des Donjon stehen geblieben und in die Ferne geblickt hatte, bis sie hatte aufhören können zu weinen. Arima hatte es längst nicht mehr nötig, mit hartnäckiger Lästigkeit dafür zu sorgen, dass die Besatzung der Burg sie über alles informierte, was vor sich ging. Die Männer kamen ganz selbstverständlich zu ihr, und wenn sie es vergaßen, sorgte Hunald dafür, dass sie es nachholten.
    Der Frankenkrieger, der sie geholt hatte, sprudelte über vor Aufregung, als Arima neben ihm zur Halle hinunterstieg und dann über den Hof zur Schmiede eilte. Die Luft war klar und eiskalt. Rauhreif hing in den Zweigen der Bäume und hatte die Berghänge überhaucht; er lag wie eine Vorahnung des Winters auf den Dächern aller Gebäude. Ihr Atem bildete kleine Wölkchen. Arima zog den Mantel enger zusammen. Sie war barfuß; die Kälte des Bodens biss in ihre Fußsohlen. Tagsüber würde die Sonne den Rauhreif wegschmelzen und die Luft erwärmen, aber ein herbstlicher Stich blieb nun auch in der Mittagszeit in der Brise erhalten. Der Sommer war kurz auf der Passhöhe und der Herbst nur ein kurzer Übergang zum Winter. Bald würden die Septembergewitter kommen und danach der erste Schnee – und unten in der Ebene die Herbstregenfälle.
    »Der Bote kommt aus Patris Brunna, Herrin«, sagte der Frankenkrieger. »So sieht er auch aus … als sei er die ganze Strecke durchgeritten und die letzten Meilen zu Fuß gelaufen. Hunald war nicht sicher, ob er ihm glauben sollte, weil der Kerl ein getaufter Sachse ist, aber er sagte, du würdest ihn von der Reichsversammlung in Patris Brunna her kennen und könntest für die Wahrheit seiner Botschaft bürgen. Hunald und wir anderen waren nicht bei der Reichsversammlung; wir sind erst für den Feldzug gegen die Mauren gemustert worden und …«
    »Für wen ist denn diese wichtige Botschaft?«, unterbrach Arima.
    »Für den König«, sagte der Krieger. »Und er meinte, es sei lebenswichtig, dass sie so schnell wie möglich zum Heer weitergetragen werde.«
    »Hat er auch gesagt, was die Botschaft ist?«
    Sie waren in der Schmiede angekommen. Arima spürte dankbar die Wärme des Schmiedefeuers, das Tag und Nacht brannte. Hunald stand plötzlich vor ihr. Über seine Schulter sah sie einen Mann in eine Decke gehüllt vor dem Schmiedefeuer sitzen, gierig damit beschäftigt, einen warmen Haferbrei in sich hineinzulöffeln.
    »Es ist keine gute Botschaft, Herrin«, knurrte Hunald. »Die Sachsen haben sich erhoben. Der ganze Osten des Reichs ist im Aufstand.«
    Arima blieb wie angewurzelt stehen. »Und Karl und das Heer …«
    »… sind weit weg.« Hunald nickte. Er wirkte noch finsterer als gewöhnlich. »Wir werden die Sachsengebiete verlieren, für die so viel Blut geflossen ist.«
    »Bist du sicher, dass die Botschaft wahr ist?« Arima hatte das Gefühl, als wäre sie doch im Traum gefangen, und er habe sich in einen Albtraum verwandelt. Wenn Karl die neu eroberten Sachsengebiete wieder verlor, weil er einen abenteuerlichen Feldzug gegen die Mauren unternommen hatte, anstatt sein Reich zu sichern, war es mit seiner Herrschaft vorbei – und mit der Einigkeit des Frankenreichs. Er würde abgesetzt werden, vielleicht sogar getötet, und alles, was Karls Großvater Karl Martell und sein Vater Pippin mühevoll errungen hatten, wäre dahin.
    »Der Bote sagt, du würdest für ihn bürgen«
    »Ich frage mich, wie er darauf kommt«, sagte Arima. »Ich hatte in Patris Brunna mit keinem der unterworfenen Edelinge der Sachsen Kontakt.«
    Der Bote hatte beim Klang von Arimas Stimme aufgeblickt und die Holzschüssel mit dem Haferbrei weggestellt. Jetzt erhob er sich, legte die Decke ab und trat um Hunalds breiten Rücken herum. Er verneigte sich und sah Arima dann in die Augen. Sein Haar war halblang und von der Reise schmutzig und verfilzt, er trug einen schütteren, ungepflegten Vollbart, sein Gesicht war von Wind und Wetter gegerbt. Um ein Haar hätte Arima ihn nicht erkannt, doch dann stockte sie. Der Bote

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