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Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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noch nicht einmal diese Tür entdeckt.«
    Suleiman wies auf das alte Zelt, das nicht zufällig so an die Wand gelehnt worden war, dass es die Tür verdeckte. »Wofür du ganz elegant gesorgt hast.«
    Der Verwalter grinste noch breiter. »Es ist von Vorteil, wenn der Knecht etwas weiß, das dem Herrn verborgen ist.«
    Suleiman erwiderte das Grinsen und dachte, dass er den Verwalter lieber doch nicht in seinem Palast in Medina Barshaluna haben wollte. Er wies mit der Hand in den engen, finsteren Schlund. »Nach dir«, sagte er.
    Der Verwalter hielt eine kleine Laterne hoch über seinen Kopf. In ihrem Licht schlüpften sie voran. Im Gang roch es zu Suleimans Überraschung nicht modrig, sondern trocken und staubig und vage nach Mäusekot. Er stellte fest, dass die Enge ihn nervös machte, und hoffte, dass der Weg nicht mehr allzu weit war. Im Gang herrschte eine kühle Trockenheit; dennoch klebte dem Statthalter die Tunika am schweißnass gewordenen Leib.
    Der Verwalter blieb stehen, bückte sich mühsam, stellte die Laterne ab und schloss die Klappen bis auf einen kleinen Schlitz. Es wurde noch dunkler, und – so kam es Suleiman vor – enger. »Wir sind da«, flüsterte der Verwalter und wies auf die Wand direkt vor sich.
    »Schsch!«, machte Suleiman.
    »Auf der anderen Seite kann man ein Flüstern nicht hören, Herr, keine Sorge. Das ist eine massive Wand. Hier, seht Ihr – wo das Licht durchschimmert? Hier kann man in den Raum spähen, ohne dass es jemand merkt.«
    Suleiman schob sich vor die Stelle und presste das Gesicht an die lichtgesäumte Spalte, auf die der Verwalter deutete. Sie war nicht natürlichen Ursprungs, vielmehr hatte der Steinmetz hier die senkrechte Fuge zwischen zwei Steinen künstlich erweitert. Es war nicht einmal ein Fingerbreit, aber es genügte, um den wichtigsten Teil des Raumes überblicken zu können: das Bett.
    »Ich nehme an, der Bischof hatte seine besonderen Vorlieben, was seine Gäste betraf«, sagte der Verwalter und kicherte.
    Suleiman schnaubte. Wenn er sich konzentrierte, konnte er Geräusche aus dem Raum hinter dem Spalt vernehmen: jemand ging auf und ab. Dann kam ein Mann ins Blickfeld, setzte sich schwer aufs Bett und starrte ins Leere, während er mit den Fingern einen hektischen Rhythmus auf seine Oberschenkel klopfte. Dann fuhr er sich mit der Hand durchs Gesicht und das Haar, bis es zu Berge stand und ihm ein völlig verwirrtes Aussehen verlieh. Suleiman hatte selten einen Mann gesehen, der so weit von seiner Mitte entfernt war.
    Nicht so unruhig, Ganelon de Ponthieu, dachte Suleiman. Gleich wird einer deiner sehnlichsten Wünsche erfüllt.
    Er hörte wie aus weiter Ferne, dass jemand gegen die Tür zu Ganelons Quartier schlug. Ganelon richtete sich auf. Sein Gesicht spannte sich, und seine Hand glitt zu einem seiner knöchelhohen Stiefel. Er zog ein flaches Messer mit einer dünnen, gekrümmten Klinge heraus. Suleiman lachte leise. Er hätte sich gewundert, wenn ein Mann wie Ganelon alle seine Waffen abgelegt hätte, bevor er auf diese Mission ging. Ganelon verschwand aus dem Blickfeld. Gedämpft vernahm Suleiman die barsche Stimme des Paladins.
    »Ja?«
    Suleiman konnte das Öffnen der Tür nicht hören, aber das lange Schweigen, das folgte, sagte ihm, dass Ganelons Besuch eingetroffen war, so wie Suleiman es zuvor abgesprochen hatte. Er spürte die Gegenwart des Verwalters neben sich und dessen Ungeduld, und er ahnte, dass der Mann darauf brannte, auch durch den Spalt zu schauen, aber nicht zu fragen wagte. Auf einmal war ihm der Vascone zuwider – fast ebenso zuwider wie die Tatsache, dass er in einem finsteren, nach Mäusekot duftenden Versteck das Gesicht an ein Loch in der Wand presste und zwei fremde Menschen beobachtete wie ein kleiner, jämmerlicher Spion. Er biss die Zähne zusammen.
    Ganelon kam wieder zum Bett. Es gab in seinem Quartier wohl keine andere Möglichkeit, sich zu setzen. Er bot seinem Besuch die Sitzgelegenheit mit einer ungelenken Geste an.
    Der Besuch war Bertha de Laon, Ganelons Ehefrau. Suleiman wünschte sich, er hätte das Gesicht des Paladins sehen können, aber Ganelon stand mit dem Rücken zu ihm. Die Tatsache, dass er sich mehrmals räuspern musste, bis ihm ein vollständiger Satz gelang, verriet jedoch, wie fassungslos der Paladin war, seine Frau hier zu treffen.
    »Was tust du in diesem Haus?«, brachte Ganelon schließlich heraus.
    Bertha ging nicht darauf ein. »Geht es dir gut?«, fragte sie stattdessen. »Bist du verletzt

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