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Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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wütender Miene in sein Vorzelt platzte, die anderen Paladine hinter sich. Doch diesmal war Roland schneller. Er packte Ganelons Handgelenk. Die Augen des älteren Paladins weiteten sich, als Roland seine Hand mühelos nach unten zwang. »Ich habe gesagt, du schlägst mich kein zweites Mal!«, zischte er.
    Einen Herzschlag lang standen sie da und schauten sich an, lange genug, dass Karl brüllen konnte: »Auseinander! Ganelon! Tritt zurück!«
    Ganelon hieb Roland mit der freien Faust in den Leib – oder wollte es, aber Roland blockte den Schlag ab. Dann ging alles so rasch, dass nicht einmal Turpin richtig mitkam. Zwei, drei ruckartige Bewegungen, ein Keuchen, ein halber Tanzschritt Rolands – und Ganelon krachte rücklings auf den massiven Tisch, der in Karls Vorzelt stand. Die Tischplatte zerbrach unter der Wucht des Aufpralls. Ganelon zog Roland mit sich, so dass der junge Mann beinahe auf ihn gefallen wäre, doch Roland fing sich ab, riss sich los und sprang auf. Ganelon blieb liegen. Sein Gesicht wurde weiß.
    Roland trat zurück. Er hob beide Hände. »Ich habe mich gewehrt, das ist alles!«, keuchte er. »Er durfte nicht noch einmal versuchen, mich zu schlagen.«
    Karl, der unwillkürlich zurückgewichen war, starrte von Ganelon zu Roland. Turpin hatte den König noch nie so wütend gesehen.
    »In meinem Zelt!«, schrie Karl. »Vor meinen Augen! Prügeln sich zwei Paladine! Was für eine Schande!«
    Roland senkte den Blick, doch Turpin erkannte keine Demut darin, nur Zorn.
    »Ich habe mich geirrt, als ich dich zum Paladin machte, Neffe! Und ich glaube, ich habe mich vor vielen Jahren schon einmal geirrt, als ich dir die Würde übertrug!« Karl hatte sich bei den letzten Worten an den totenblassen Ganelon gewandt, der inmitten der Trümmer des Tisches liegen geblieben war. »Ich kann nicht mit zehn Paladinen den Feldzug beenden. Die Krieger würden das nie verstehen. Daher werdet ihr vorerst Paladine bleiben. Aber wenn wir zurück sind, werdet ihr beide euer Ehrenamt an neue Männer übergeben! Ist das klar!?«
    Entsetztes Schweigen herrschte unter den Männern. Wer Paladin war, blieb es, bis er selbst beim König um seine Demission ersuchte oder starb. Keiner von Karls Vorgängern auf dem fränkischen Thron hatte jemals auch nur einen seiner Paladine abgesetzt.
    »Herr, es ist Ganelon, der angefangen hat«, wandte Remi ein. »Er hat den Frieden des Königszelts gebrochen. Roland hat sich nur zur Wehr gesetzt.«
    »Wenn ich deine Meinung hören will«, brüllte Karl, »dann frage ich danach!«
    Turpin konnte regelrecht spüren, wie Befremdung von den Paladinen Besitz ergriff. »Damit wir unsere Meinung freiheraus sprechen, hast du uns zu Paladinen gemacht«, wandte er ein.
    Karl starrte ihn an. Turpin wich dem Blick des Königs nicht aus.
    »Ich habe gesprochen«, sagte Karl zuletzt. Er atmete tief ein und aus. »Ganelon führt die Nachhut an. Roland bleibt beim Hauptheer. Zu Hause wird es zwei neue Paladine geben.«
    Anskar seufzte, trat zu Ganelon und hielt ihm eine Hand hin, um ihn hochzuziehen. Ganelon reagierte nicht. Sein Atem kam stoßweise, und sein Gesicht war von einem Schweißfilm bedeckt.
    »Gütiger Gott«, sagte Anskar. Besorgt kniete er sich neben seinen alten Weggefährten. Ganelon murmelte etwas.
    »Was ist los?«, fragte Karl.
    »Ganelon sagt, er könne seine Beine nicht mehr bewegen.«
    Alle starrten den gefallenen Paladin an. Turpin wurde es eiskalt.
    Karl schloss die Augen, dann ließ er sich schwer auf eine Truhe fallen. »Heiliger Herr Jesus.«
    »Ich … bin … bald … wieder … in Ordnung«, presste Ganelon zwischen den Zähnen hervor.
    Karl schüttelte den Kopf. Er fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht. »Holt meine Ärzte«, sagte er dann sanft. »Sie werden sich um dich kümmern, Schwager. Deine Männer werde ich vorerst unter Turpin und Anskar aufteilen.« Er musterte Roland. »Das Schicksal hat gesprochen. Du wirst die Nachhut an Stelle deines Stiefvaters führen.«
    »Nein«, flüsterte Ganelon. »Nein!«
    Die Paladine traten hinaus ins Freie. Als Karls Ärzte, von einem der Krieger herbeigerufen, angerannt kamen, wichen sie ihnen aus. Keiner sah dem anderen ins Gesicht.
    »Es ist meine Schuld«, sagte Roland. Er war fast genauso blass wie Ganelon.
    Turpin schüttelte den Kopf.
    Gerbert de Rosselló brummte: »Nein, diesmal nicht. Es war dein Recht, den Befehl über die Nachhut zu erbitten. Es wäre das Recht jedes von uns gewesen. Und ich habe gesehen, dass

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