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Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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leer, dass Turpin ihn für einen Augenblick nicht wiedererkannte. Er sah aus wie ein Mann, der einen Geist gesehen hatte. Nein, verbesserte sich Turpin: der einen Geist berührt hatte.
    »Ich sagte: Fass es nicht an«, wiederholte Roland und machte Anstalten, seinen Posten zu verlassen.
    Ganelon reagierte am schnellsten. Er trat um Karl herum, nahm den Olifant aus Afdzas widerstandslosen Händen und schritt zu Roland. Zur Überraschung aller kniete er vor seinem Stiefsohn nieder.
    »Hier«, sagte er. »Möge es dir mehr Glück bringen als deinem Vater.«
    Roland riss Ganelon das Horn aus den Händen.
    Afdza, der inzwischen seine Fassung widergewonnen hatte, räusperte sich und sagte: »Ich hoffe, die Gabe meines Herrn ist angemessen.«
    »Sie ist sicherlich … außergewöhnlich«, brachte Karl hervor. »Welches Geschenk erwartet der Wali im Gegenzug von mir?«
    Afdza, der wieder ganz der Alte war, lächelte. »Die Fußabdrücke deiner Krieger im Staub, die alle in diese Richtung weisen.« Er deutete in Richtung der Berge, die sich wie eine Ahnung aus blauem Rauch über den Hügelketten am Horizont erhoben.
    Ein paar Paladine schmunzelten trotz der Tatsache, dass hier über einen fränkischen Rückzug gesprochen wurde. Indem Afdza ihn als Geschenk Karls titulierte, ließ er Raum für die Vorstellung, dass die Franken sich aus freien Stücken zurückzogen, auch wenn es nichts weiter als eine elegante diplomatische Formulierung war. Turpin empfand Hochachtung für das feine Verhandlungsgeschick des Mauren.
    Der Rest war eine Formsache. Der Friedensvertrag wurde vorgelesen; eine Aufgabe, die Ealhwine übernahm, der im Lager der Franken geblieben war. Karl malte sein Zeichen auf die Urkunde und ließ darunter siegeln; Afdza setzte sein Namenszeichen in der verschnörkelten Schrift seines Volks daneben und siegelte mit dem Ring Suleimans. Wenig später trafen die Wagen mit der freiwillig abgetretenen Beute ein, und Afdza ritt mit seiner Eskorte zurück nach Siya. Karl kehrte mit den Paladinen in sein Zelt zurück, um den Rückmarsch zu planen. Alles schien gut.
    Doch dann geriet die Welt aus den Fugen.
    Die Beratungen hatten noch nicht begonnen, da kniete Roland vor Karl nieder. »Herr, ich möchte die Nachhut mit der Beute befehligen«, bat er.
    Bevor Karl etwas erwidern konnte, war Ganelon an Rolands Seite. »Nein!«, rief er. »Nein! Das ist meine Aufgabe!« In Turpins Ohren klang es weniger zornig als gehetzt.
    »Ich habe noch keine Entscheidung getroffen«, sagte Karl.
    Roland begann: »Herr, wenn du sie triffst, dann bedenke bitte …«
    »Heiliger Jesus Christus!«, sagte Karl zornig. »Ich brauche keinen Rat von dir, wie ich meine Entscheidungen zu fällen habe!«
    Roland stand auf und stapfte auf den Zeltausgang zu. Turpin trat beiseite und hielt ihm die Zeltklappe auf. Ganelon folgte dem jungen Mann ins Vorzelt. Turpin zögerte einen winzigen Augenblick, dann trat er ebenfalls nach draußen. Er verhielt sich indiskret, aber das war ihm egal.
    »Worum geht es dir?«, hörte er Ganelon fragen. Der Paladin hatte Roland am Arm festgehalten. »Willst du deine Rache an Afdza Asdaq, weil du damit rechnest, dass Suleiman sein Wort nicht halten und Afdza befehlen wird, die Nachhut anzugreifen? Dies ist nicht der richtige Zeitpunkt für eine persönliche Abrechnung, Roland!« Ganelon hatte noch drängender geklungen als vorhin.
    Roland riss sich los. »Alles, was ich will, ist, dass der bessere Mann die Nachhut befehligt!«
    »Das bin in diesem Fall ich.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher.«
    »Was soll das heißen?«, rief Ganelon. »Was willst du damit sagen?«
    »Nur, dass ich glaube, ich kann es besser.« Roland starrte Ganelon ohne mit der Wimper zu zucken ins Gesicht.
    »Du lügst dich selbst an«, sagte Ganelon.
    »Weil du weißt, was in mir vorgeht, oder?«
    »Ich hab dich aufgezogen. Natürlich weiß ich, was in dir vorgeht.«
    »Du hast mich nicht aufgezogen, du hast nur meinen Vater im Bett meiner Mutter ersetzt.«
    Ganelon schnappte nach Luft. »Ich verlange Respekt von dir!«, flüsterte er.
    »Wenn du Respekt vor dir selbst hättest, wärest du nicht gegangen, um vor den Mauren auf dem Bauch zu kriechen.«
    Turpin sagte scharf: »Ich bin auch zu den Mauren gegangen. Du vergisst dich, Roland.«
    »Aber du bist aus Kameradschaft gegangen«, schrie Roland. »Ganelon tat es aus Angst!«
    Ganelon hob die Hand, als wolle er Roland erneut ins Gesicht schlagen, gerade als Karl die Zeltklappe aufriss und mit

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