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Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Paladin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Dübell
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war immer noch nicht klar, welche Stellung er in der Delegation einnahm, nur dass er nicht ihr Anführer war. Das war ein Mann namens Abu Taur ibn Quasi, der Wali von Wasqah, ein enger Verbündeter des Statthalters Suleiman ibn al-Arabi. Dennoch trat auch Abu Taur beiseite, wenn Afdza dahergeschlendert kam. Arima hatte sich bereits zu fragen begonnen, ob auch Suleiman so etwas Ähnliches wie das Prinzip der Paladine kannte – und ob Afdza vielleicht ein maurischer Paladin war. Aber wenn Arima keinen Drang verspürte, in ihr Zelt zurückzukehren, lag das sicher nicht daran, dass sie mehr über Afdzas Stellung herausfinden wollte. Der Grund war eher der, dass seine Nähe sie noch mehr beruhigte, als sie sie verwirrte.
    Afdza erlöste sie aus ihrer Verlegenheit. »Ich bin erstaunt über die Qualität der Straße, auf der wir heute gereist sind«, sagte er. »Wenn ich sage, dass sie jeden Vergleich mit den großen Straßen in meinem Land aushält, meine ich das als Kompliment.«
    »Oh, ja. Die Frankenkönige legen großen Wert darauf, die Hauptverkehrsstraßen gut und sicher auszubauen. Die Königswege, auf denen neben den Händlern auch die Herrscher reisen, sind per Gesetz eine ganze Lanzenlänge breit von Gestrüpp freizuhalten und aufzuschütten, wenn Regenfälle sie unterspülen. Die Comites und Äbte, durch deren Ländereien die Königswege verlaufen, sind dafür verantwortlich. Dort, wo die Wildnis nicht allzu groß ist, gibt es sogar Wegweiser.«
    »Ich bin beeindruckt. Und alles nur für den Handel?«
    Arima sah Afdza von unten herauf an. »Wir sollten nicht sprechen wie Kinder, die sich gegenseitig Märchen erzählen. All das dient natürlich dazu, damit die Heere schneller vorwärtskommen. So war es bei den Römern, so ist es bei den Franken, und so ist es auch bei den Mauren, wenn mich nicht alles täuscht.«
    »Natürlich, Herrin.« Afdza verbeugte sich.
    »Eigentlich bräuchte es auch so ein Nachtlager nicht«, meinte Armina mit Blick auf den improvisierten Zeltplatz. »Wir sind jedoch langsamer vorwärtsgekommen, als es normalerweise der Fall ist.« Was nicht zuletzt daran liegt, dass ich aus lauter Wut die Abreise verzögert habe, solange es ging, dachte sie still. »Üblicherweise befinden sich entlang der großen Straßen Wegstationen, die man in einem Tagesmarsch erreichen kann – das sind entweder Burgen oder Klöster oder von den jeweiligen Comites unterhaltene Herbergen. Ganelon hat als Paladin und Bote des Königs eine Tractoria dabei, einen …«
    »… einen königlichen Freibrief, der seinem Träger und dessen Reisegruppe freie Beherbergung und Kost in den Wegstationen sichert«, sagte Afdza. »Auch bei uns gibt es etwas Vergleichbares. Die Franken und die Mauren sind sich, was die Organisation ihres Landes angeht, gar nicht so unähnlich. Das macht uns eigentlich zu natürlichen Freunden, oder nicht?«
    »Auch in dieser Sache sollten wir beide nicht so naiv sein zu leugnen, dass viele der Meinung sind, genau diese Ähnlichkeit mache uns zu Feinden«, sagte Arima.
    »Wenn ich dir gegenüberstehe, Herrin, möchte ich jeden Franken als meinen Bruder ansehen.«
    Arima räusperte sich erneut. Afdza nahm den Krug vom Tablett und schenkte ihr nach. Arima trank, schon um ihre Sprachlosigkeit zu verbergen. Die Freundlichkeit des Mauren war ebenso direkt wie elegant. Ein Franke, der einer Frau zu bedeuten versuchte, dass er etwas für sie empfand, nahm zunächst Zuflucht zu allen möglichen wortlosen Symbolen, normalerweise kostspieligen Geschenken: Kleidung, Schmuck, Edelsteine, Geld. Erst wenn er sicher war, dass ihn keine Ablehnung erwartete und dass auch die Eltern der Angebeteten nichts dagegen hatten, warb er mit Worten um sie. Diese waren dann so fränkisch-direkt, wie sie nur sein konnten, und das hieß auf jeden Fall: unelegant. Jemand wie Afdza, dessen Worte keinen Zweifel daran ließen, dass Arima sein Herz berührt hatte, und dennoch keinerlei Obszönität enthielten, war eine ganz ungewohnte Erscheinung, die Arima in tiefe Verwirrung stürzte.
    »Und jede Fränkin als deine Schwester?«, versuchte sie sich schließlich in hilfloser Ironie.
    »Nicht jede«, lächelte Afdza, »und nicht als Schwester.«
    »Sondern?«
    Afdza lächelte noch freundlicher und erwiderte nichts. Sein Blick irrte ab, und Arima erkannte, dass ihre Zofe herangekommen war. »Ich habe wieder Ordnung gemacht, Herrin«, flüsterte das Mädchen und huschte zurück in Richtung Zelt. Arima nickte. Sie sah Afdza an.

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