Der letzte Regent: Roman (German Edition)
der anderen Seite.
Für Xavis Xavius waren es Sekunden absoluter, totaler Fassungslosigkeit. Nicht einmal in privaten Gesprächen, nicht einmal bei den Reklusionen der Innovatoren, die es auf verschiedenen Welten des Enduriums gab, hatte er jemals Worte gehört, die eine so unfassbare, unerhörte Respektlosigkeit Ihm gegenüber zum Ausdruck brachten, der sein Leben vor sechs Jahrhunderten geopfert hatte, um dem Endurium zu dienen, zum Wohle aller Menschen.
Quiron hatte sich ganz vorgebeugt, und Xavius sah sein Gesicht im Profil, die krumme Nase wie der Schnabel eines Adlers.
»Wie kannst du es wagen, du Wurm von einem Splitter-Menschen!«, zischte er.
»Ich bitte um Entschuldigung.« Hektor Rogge, noch immer stehend, die Hände auf den Tisch gestützt, warf dem sitzenden Denslow einen warnenden Blick zu, bevor er dem Regenten gegenüber eine Verbeugung andeutete. »Mein Freund und Kollege hat es an Respekt mangeln lassen …«
» Sie lassen es an Respekt mangeln!«, stieß Denslow hervor. »Haben Sie den Flur gesehen? Seit wie vielen Jahren versuchen unsere Linguisten, die Hieroglyphen der Letzten Alten zu entziffern? Aber diese Leute … Sie kratzen einfach die Hieroglyphenschrift von den denkenden Steinen und schmücken ihre verdammten Raumschiffe damit! Oh, es ist natürlich kein Schmuck , denn davon hält man im Endurium ja nichts. Es ist Symbolik. Es soll eine Verbindung geschaffen werden zwischen den Alten Zivilisationen und den Morti. Wie lächerlich! Wie grotesk! Auf der einen Seite Jahrmilliarden, und auf der anderen wie viel? Einige wenige Jahrhunderte!«
»Haidad …«, begann Rogge.
»Kennen Sie die Geschichte des Steins von Rosette?«, fuhr Denslow fort, und Xavius fragte sich, warum ihm niemand Einhalt gebot, diesem Splitter-Mann, der es gewagt hatte, den Regenten zu unterbrechen und Ihn zu beleidigen. »Es ist eine Geschichte von der Erde, über zweitausend Jahre alt; unsere Kustoden erzählen sie gelegentlich. Seit vielen Jahren versuchte man damals, die Schrift einer alten Kultur zu entziffern. Diese Schrift bestand ebenfalls aus Hieroglyphen, geschaffen von den Elittern.«
»Ägyptern«, knurrte Izzad, und Xavius staunte, nicht nur darüber, dass der General, an dessen Biografie er seit vier Jahren arbeitete, seine passive Haltung aufgab, sondern auch, dass er über solche Dinge Bescheid wusste. Vielleicht musste man tot sein, um über die alte Erde Bescheid zu wissen, dachte er.
»Was?« Denslow blinzelte verwirrt.
»Sie meinen die Hieroglyphen der Ägypter«, grollte General Izzad.
Haidad Brugger Denslow blinzelte noch einmal. »Wie auch immer. Der Stein von Rosette ermöglichte damals die Übersetzung der Hieroglyphen.« Er sprach wieder lauter. »Es könnte sein, dass ihr Toten einen solchen Stein gefunden und damit die Wände des verdammten Flurs da draußen verkleidet habt! Vielleicht wären wir längst in der Lage, die Hieroglyphen der Letzten Alten zu übersetzen und die Botschaften ihrer Zivilisationen zu verstehen, wenn …«
»Den intuitiven Linguisten von Cuadrado ist es in den vergangenen beiden Jahren gelungen, dreiundzwanzig LA-Hieroglyphen zu entschlüsseln«, sagte der Regent ruhig. »Wie ich hörte«, fügte er hinzu.
Denslow schnappte nach Luft. »Sie spionieren uns aus!«
Rogge legte ihm die Hand auf die Schulter. »Ich bitte noch einmal um Entschuldigung, Seine Erlauchte Exzellenz«, sagte er, und Xavius beobachtete, wie seine Hand auf der Schulter des Orioners kurz zudrückte. »Wenn Sie uns Verhandlungen anbieten, so nehmen wir Ihr Angebot selbstverständlich an.« Er lächelte. »Unter gewissen Bedingungen.«
»Und die wären?«
»Zehn Konnektoren«, sagte Rogge sofort. »Wir verlangen zehn Langstreckenkonnektoren, voll ausgestattet und betriebsbereit, mit variablen Zielparametern.«
»Sie … verlangen? «, zischte Quiron.
»Außerdem verlangen wir eine Offenlegung Seiner Geheimnisse …«
Der Vorsitzende des Gremiums lehnte sich zurück. »Sie sind übergeschnappt.«
»Und den Ayunn«, warf Denslow ein. »Wir verlangen den Ayunn.«
»Ist das alles?«, fragte Avedo M Avedis.
Der Mann in der lindgrünen, schmucklosen Kombination nickte. Mithilfe der Schwarmokulare in seinen Augen konnte Xavius erkennen, dass sich Rogges Wangen ein wenig verfärbt hatten – es gelang ihm nicht ganz, seine Aufregung zu verbergen.
»Ich denke schon.«
»Sie dürfen sich setzen, Hektor V Rogge«, sagte der Regent, und der Splitter-Mann nahm tatsächlich Platz. Vielleicht
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