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Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Regent: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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aggressive Mann, dieser Narr namens Haidad Brugger Denslow von der Orion-Koalition … Nur ein Teil seines Zorns war echt. Er hat seine Rolle übertrieben, um den anderen, Hektor Rogge, umso ruhiger und vernünftiger erscheinen zu lassen. Wie dumm und einfältig von ihnen zu glauben, uns auf diese Weise täuschen zu können! Und die Orden und der klimpernde Schmuck, Chronist … Glauben Sie nur nicht, dass es sich dabei um ein Zeichen naiver Eitelkeit handelte.«
    Eitelkeit, dachte Xavius benommen. Dieses Wort war ihm auch in einem anderen Zusammenhang durch den Kopf gegangen, aber er erinnerte sich nicht mehr an die Einzelheiten.
    »Es steckten Sensoren und Scanner darin«, fuhr die grollende Stimme fort, während Xavius noch immer versuchte, seine wild umherspringenden Gedanken festzuhalten und zu sortieren. »Einer der anderen, die geschwiegen haben, trug eine Spange mit einem externen Symbionten, der für eine biovirale Infektion vorgesehen war. Das haben die Dämpfer und Filter im Konferenzzimmer natürlich verhindert. Ebenso wie die netzvirale Kontamination, mit der es Rogge versucht hat. Er hat einen Intruder ins Mesh der Zerberus geschleust, aber die Spezialisten des Regenten haben ihn natürlich sofort isoliert und untersuchen ihn jetzt. Vielleicht öffnet uns sein Code eine Tür in die Splitter-Netze.«
    Die Spezialisten des Regenten, dachte Xavius. Sein Chronass reagierte nicht; selbst er war wie gelähmt.
    »Hören Sie mir überhaupt zu, Xavius? Was ist mit Ihnen?«
    »Ich soll Sein persönlicher Chronist werden«, hauchte Xavius. »Haben Sie Ihn gehört?« Er blinzelte, und für einen Moment verschwamm das Bild vor seinen Augen, weil die Subroutinen eines verwirrten Geistes den Schwarmokularen in seinen Augen falsche Anweisungen übermittelten. »Sie haben Ihn doch gehört, nicht wahr? Ich habe es mir nicht eingebildet, oder?« Hoffnungsvoll sah er zu Izzad hoch.
    Das Mienenspiel der Morti war für Lebende manchmal schwer zu deuten, aber Xavius hatte inzwischen viele Jahre in der Gesellschaft der Toten verbracht, und deshalb glaubte er, Belustigung in dem grauen Gesicht zu erkennen. Die beiden Adjutanten standen an der Rückwand der Kabine, stumm und unbewegt. Nur das Funkeln in ihren Augen verriet wache Aufmerksamkeit.
    »Sie haben richtig gehört und verstanden, Chronist«, knurrte der General. »Aber bevor Ihnen diese Ehre zuteilwird, gilt es noch eine Biografie fertigzustellen.«
    »Was? Oh«, sagte Xavius. »Oh, natürlich. Selbstverständlich, General.«
    Izzad sah auf ihn hinab und wartete einige Sekunden.
    »Chronist?«
    »Ja?«, erwiderte Xavius und stellte sich vor, was es für seine Familie bedeutete, wenn er zum persönlichen Berichterstatter des Regenten wurde. Sie zählte bereits zu den Sechsundzwanzig, aber daraus ergab sich nicht automatisch Zugang zur Stillen Stadt auf der Erde, einst Herz und Gehirn der Menschenwelten. Wenn er dem Regenten gute Dienste leiste …
    Plötzlich stockte ihm der Atem. Ich, dachte er. Ich bekomme Zugang zur Stillen Stadt. Als persönlicher Chronist des Regenten kann ich zur Erde reisen, wie vor sechshundert Jahren Selda V Sali, Chronistin des Adam Alamus, genannt der Weise, Verteidiger des hundertjährigen Friedens. Ich kann die Stille Stadt betreten, dort sterben und zu einem Mortus werden, um wie Izzad und all die anderen weit in die Zukunft zu reisen, während um uns herum das Leben kommt und geht.
    »Wir sind im Hangar, und die Tür ist offen, Chronist«, grollte der General. »Oder wollen Sie den Rest Ihres Lebens hier in dieser Liftkapsel verbringen?«
    Den Rest meines Lebens?, wiederholte Xavius in Gedanken, murmelte ein »Oh, bitte entschuldigen Sie« und trat aus der Kapsel. Nein, der Rest meines Lebens wird mich zur Erde bringen, zur Stillen Stadt. Dort werde ich sterben, um im Tod ein neues Leben zu beginnen. Ich werde …
    Ein Alarm ging durch die zehn Kilometer lange Zerberus , ein fast schrilles rhythmisches Heulen, mal lauter, mal leiser, und breitete sich auch als Prioritätssignal in den Netzen des Flaggschiffs aus. Xavius’ Mikromaschinen empfingen einen ganzen Katalog an Verhaltensmaßregeln, die unter anderem die Benutzung der Rettungsschaluppen und des Personen-Konnektors betrafen, wobei Letzterer dem Regenten, seinen engsten Mitarbeitern, den Führungsoffizieren und eventuellen Würdenträgern an Bord vorbehalten blieb.
    »Kein Angriff«, donnerte Izzads Stimme durch den Hangar. »Dies ist kein Angriff.«
    »Zumindest keiner von

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