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Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Regent: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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vernahm auch er die Autorität in der Stimme des großen Avedis. Seine stärker werdende Präsenz in der Mesh-Struktur der Zerberus fühlte er vermutlich nicht, denn ihm fehlten Mikromaschinen, und Xavius bemerkte keine jener ekligen organisch-symbiotischen Erweiterungen, die ihm vielleicht einen Blick in den öffentlichen Teil der lokalen Netze gestattet hätten. »Für meine Großzügigkeit, mit Ihnen zu verhandeln, werden Sie mir eine Datei zur Verfügung stellen, die in allen Einzelheiten Auskunft über den aktuellen Stand Ihrer Forschungsarbeiten in Hinsicht auf die LA-Hieroglyphen gibt. Ich möchte wissen, was die dreiundzwanzig Zeichen bedeuten, die Ihre Linguisten übersetzt haben.«
    »Es sind nur dreiundzwanzig«, sagte Rogge. »Von über siebentausend.«
    »Sie bekommen einen Konnektor«, fuhr der Regent fort. »Mit konstanten Zielparametern Ihrer Wahl und eingeschränkt nutzbaren Rotationselementen. Damit zeige ich meinen guten Willen. Wenn unsere Verhandlungen erfolgreich sind, wenn wir hier …« Die linke Hand bewegte sich kurz, eine knappe Geste, die dem Konferenzzimmer galt. »… in den nächsten Tagen bei der ersten Runde unserer Gespräche zu einem konkreten Ergebnis kommen, wenn wir uns auf eine Agenda für die nächsten Etappen verständigen und gemeinsam beginnen, einen neuen Weg zu beschreiten, mit dem Ziel, alle Teile der Menschheit zu vereinen … Dann verspreche ich Ihnen, das erste meiner Geheimnisse mit Ihnen zu teilen.«
    Quintus Quiron wandte sich erschrocken dem Regenten zu. »SEE …«, begann er besorgt.
    Avedo Avedis ließ ihn nicht zu Wort kommen. »Was den Ayunn betrifft …«
    Diesmal war die Veränderung im Mesh der Zerberus noch deutlicher. Sie betraf den Regenten; etwas erforderte seine Aufmerksamkeit.
    »Es ist die Aufgabe des Enduriums, die Menschheit vor den Ayunn zu schützen«, sagte Avedis. »So steht es in der Gründungscharta, und so sieht es der Irdische Frieden vor. Um diese Aufgabe wahrzunehmen, brauchen wir alle Informationen über den Feind, die wir bekommen können. Deshalb behalten wir den Ayunn. Ich werde jetzt gehen und ihn verhören. Sie dürfen die Ihnen zugewiesenen Quartiere aufsuchen und über mein Angebot nachdenken.«
    Ein leises akustisches Signal erklang, ein glockenartiges Ping , und hinter den Splitter-Menschen öffnete sich eine Tür, wo zuvor eine massive Wand aus Polymerkeramik gewesen war. Materialgedächtniss, dachte Xavius. Eins der Geheimnisse, die der Regent hütete. Ein anderer Gedanke flüsterte: Es kann doch nicht Sein Ernst sein, dass Er sie mit diesen Leuten teilen will, oder?
    Hektor Rogge verbeugte sich erneut, kurz und knapp, und gab seinen Begleitern ein Zeichen. Die übrigen Splitter-Menschen, ebenso bunt gekleidet und mit klimperndem Schmuck behangen wie Denslow, standen auf und gingen wortlos zur Tür. Xavius rechnete fast damit, dass der unverschämte, unerträgliche Haidad Brugger Denslow noch einen Blick zurückwarf und vielleicht eine letzte Frechheit murmelte, aber er verschwand ebenso wortlos durch die Tür wie die anderen. Hinter ihnen schloss sich die Öffnung, und anschließend war die Wand wieder vollkommen glatt, ohne auch nur die Andeutung einer Fuge – die Erinnerung des Materials an Festigkeit war zurück.
    Die übrigen Morti am Konferenztisch erhoben sich, unter ihnen auch der große General Izzad und seine beiden Adjutanten. Xavis Xavius war noch immer so wütend auf den impertinenten Denslow – und so verwirrt von den Worten, die er in den letzten Minuten gehört hatte –, dass er nicht sofort reagierte und ein oder zwei Sekunden länger sitzen blieb, als es der Respekt den Toten gegenüber erlaubte. Erschrocken und mit einer gemurmelten Entschuldigung sprang er auf.
    »Bevor Sie gehen, General …«, sagte Avedo Avedis. »Wie ist die Situation?«
    »Unter Kontrolle, wie immer, SEE«, erwiderte Izzad, und der Vokalisator vor seinen Lippen gab den Worten einen würdevollen Klang. »Ich habe zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, für den Fall, dass der Keil ein Wegbereiter war.«
    »Die Ayunn könnten es auf den Konnektor von Magrew abgesehen haben, General. Er erlaubt schnelle Verbindungen nach Killema und Thivierge, und von dort aus gibt es mehrere Routen direkt ins Herz des Enduriums. Es könnte der Anfang einer dritten Inkursion sein. Die Zeichen mehren sich.«
    »Ein Geschwader der Siebten Flotte ist unterwegs und wird Magrew in drei Objektivstunden erreichen«, erwiderte Izzad. Er stand aufrecht,

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