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Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Regent: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
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Schnüffler, dachte Mallory und fühlte die eigenen Symbionten, die längst integraler Teil von ihm waren und zwanzig Prozent seines Körpers ausmachten. Meine Aufgabe ist es, Verborgenes zu finden, ohne selbst gefunden zu werden. Einen mentalen Chamäloiden hatte man ihn auf Bluestone genannt, wo die letzte Phase seiner Ausbildung stattgefunden hatte. Eine ganze Woche lang war er dort allein im Weltwald unterwegs gewesen, ohne schützende Pheromone; die blauen Steine hatten nicht auf ihn reagiert, ihn nicht als Fremdkörper erkannt. Die Symbionten enthielten ihre Kognitionssporen und schärften seinen Instinkt.
    Regentropfen fielen, klatschten auf Helme, wuschen Staub von Visieren und Schutzanzügen. Über den Gebäuden der Stillen Stadt rissen die grauen Wolken auf, und ein Schiff senkte sich aus ihnen herab, ein unregelmäßig geformter Transporter, hässlich mit seinen vielen Ecken und Kanten, und so schwarz wie die große Pyramide im Zentrum der Stadt.
    »Noch mehr Lebende, die sterben wollen«, sagte Althea voller Abscheu.
    »Einer der Transporter, die wir beim Konklave gesehen haben«, sagte Greyhand. »Eine gute Gelegenheit für uns. Wir können unsere Karsow-Spuren in seinen energetischen Emissionen verstecken. Los!«
    Sie schlüpften zurück in die Phase, die sie zu Phantomen machte, zu Schatten innerhalb von Schatten, ohne Substanz, unsichtbar für die Augen von Vivi und Morti. Aber nicht unbedingt für die der Maschinen, die über Herz und Gehirn des Enduriums wachten. Daran dachte Mallory, als sie sich in der Phase voranbewegten, immer geradeaus, ohne auf die Ruinen diesseits der Linie zu achten, die eine zerstörte Welt von den erhaltenen, bewahrten Gebäuden der Stillen Stadt trennte. Links ragte der Bogen des alten Translokators aus dem Dunst, der nicht wie das mobile Portal und die anderen RIT-Türen, von denen Minerva wusste, aus Synthium Zwei bestand, sondern aus einem Synthium-Äquivalent, von ZORN geschaffen. So lauteten die Informationen, die Minerva zur Verfügung standen. Auf den Splitter-Welten wusste niemand, was »ZORN« bedeutete; zweifellos handelte es sich um eins der Geheimnisse, die der Regent des Enduriums hütete.
    Jener alte Translokator bot den einzigen Fluchtweg. Er ließ sich aktivieren; das bewies die Datenkapsel, die Tenius Ever vor fünfzig Jahren hineingeschmuggelt hatte und die unter dem Eis von Pellegren im Magellangraben erschienen war – ohne Ever, dessen mumifizierte Leiche man später bei einem der Attraktoren gefunden hatte.
    Ein dumpfes Grollen rollte über dunkle Gebäude und zweitausend Jahre alte Ruinen, als die Gravitatoren den Transporter mit Hunderten von Vivi an Bord zum Landeplatz in der Stillen Stadt trugen. Das Geräusch erreichte Mallory überraschend klar, obwohl die Schallwellen seine Ohren gar nicht berührten, solange er sich in der Phase befand. Hinter Greyhand und Althea lief er durch geborstene Wände und Mauerreste, bemerkte dabei, dass erneut einige rote Strähnen unter Altheas Helm zum Vorschein kamen.
    Vor ihnen lag ein Dunst in der Luft, der nicht von Feuchtigkeit stammte. Myriaden Mikromaschinen trieben wie Staub durch die Stadt, immer wachsame Augen und Ohren, in stummer Zwiesprache mit den Lokalisatoren, Identifikatoren und Sensoren in den Gebäudewänden und Straßenbelägen. Im Orbit um die Erde waren es Festungen, Bastionen und eine von vier gewaltigen Zerstörern der Vulca -Klasse angeführte Kampfflotte, die Angreifer und Eindringlinge fernhielten. Auf der Erde, in der einen noch existierenden Stadt, waren die Verteidiger kleiner, weniger auffällig – aber nicht weniger tödlich.
    Sie passierten die Grenze zwischen dem Ödland und der Stillen Stadt, und für einen Moment glaubte Mallory, ein kurzes Flimmern zu bemerken.
    »Ist dir etwas aufgefallen, Loken?«, fragte er besorgt. Ihre Schritte führten jetzt an unversehrten Gebäuden vorbei, über eine regennasse Straße. Sie traten durch Pfützen, ohne dass ihr Wasser in Bewegung geriet.
    »Die Stadt hält Ausschau«, sagte Loken düster. So sprach er immer. »Aber sie sieht uns nicht, obwohl wir in der Sicherheitszone sind.«
    Der Transporter setzte hinter der schwarzen Pyramide zur Landung an, und die Messinstrumente des Schutzanzugs teilten Mallory mit, dass seine Emissionen schwächer wurden. Gleichzeitig wiesen sie darauf dahin, dass ihre abgeschirmten Akkumulatoren nur noch ein Drittel der ursprünglichen Ladung hatten.
    Das Flimmern vor Mallory wiederholte sich.
    Althea blieb

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