Der letzte Regent: Roman (German Edition)
existierten sie irgendwo und irgendwann als vergeistigte Entitäten, die als digitale Impulse zusammen mit der kosmischen Strahlung, oder Huckepack auf GR-Bursts, das Universum durchstreiften.
Von Ratchford-Uyeda sollte es mit einem LS-Transfer, der Xavius’ Reisebilanz auf null setzen würde, über fast tausend Lichtjahre hinweg nach Bluestone im Magellangraben weitergehen. Xavius schätzte die gesamte Reise auf eine Dauer von vier bis fünf Tagen Objektivzeit, aber er beabsichtigte, während des Langstreckentransfers keine vollständige Kompensation einzusetzen, sondern sich einige zusätzliche Subjektivtage zu gönnen. Er wollte die Zeit nutzen, den Schock angesichts der Ermordung des Regenten ganz zu überwinden, sich auf die Mission bei den Splitter-Welten vorzubereiten und seinem Chronass noch größere Autonomie zu geben, was eine separative Sitzung erforderte, eine Begegnung mit sich selbst, mit dem Teil seines Bewusstseins, der die grundlegende Chronistenarbeit leistete, Aufzeichnungen anfertigte und sich um die ersten Formulierungen von Berichten für das Mesh kümmerte. Solche Selbstgespräche hatten ihm oft geholfen, die Gedanken zu ordnen und neue Erkenntnisse zu erlangen, und vielleicht gelang es ihm diesmal, Antworten auf einige der Fragen zu finden, die ihn beschäftigten.
Xavius blieb an Bord des Patrouillenbootes, während er vor dem leuchtenden Konnektorring über Magrew auf den Transfer wartete. Besonderen Komfort bot das kleine Schiff nicht, aber ihm graute vor dem Chaos an Bord der Transporter mit den Flüchtlingen, die weiter vorn auf den Aufbau des Transferfelds warteten. Außerdem gab ihm das Boot Gelegenheit, in den militärischen Netzen zu lauschen, den Flug des Geschwaders zu verfolgen und festzustellen, dass die Suche nach dem entkommenen Splitter-Schiff tatsächlich erfolglos blieb. Natürlich mangelte es nicht an Aufregung im lokalen Mesh – immerhin hatten die Ayunn angegriffen, und eine Außenwelt des Enduriums musste evakuiert werden –, aber abgesehen davon herrschte die Ruhe einer Routine, die Xavius von anderen Welten und Sonnensystemen am Rand kannte. Hunderte von KI-Sonden suchten überall im interplanetaren Raum nach verräterischen Karsow-Emissionen, die auf Transitfalten und eventuell darin versteckte Changer der Ayunn hinweisen konnten. Jäger und Kanonenboote trieben mit passiven Sensoren im freien Fall, in genau aufeinander abgestimmten Flugbahnen, die es ermöglichten, aus dem interstellaren Raum kommende Ayunn-Schiffe rechtzeitig abzufangen. Es war noch immer nicht leicht, vom Feind benutzte energetische Vektoren zu orten, aber die Techniker und Ingenieure der Streitkräfte, gepriesen sei die Faust des Regenten, hatten die Modulationsdetektoren seit der zweiten Inkursion weiterentwickelt – das Endurium war nicht mehr vollständig blind.
Als der Transfer begann, als sich der Ring des Konnektors mit dem Grau der Brücke zwischen den Sternen füllte, die ersten Schiffe ansaugte und verschluckte, um sie auf der anderen Seite der Verbindung, bei Herlihi, wieder auszuspucken, dachte Xavius an die Lügen, die er bei Magrew zurückließ – das Mesh gab Anweisungen eines Regenten weiter, der gar nicht mehr existierte –, und die Wahrheit, die er auf den Splitter-Welten finden und zu einer Waffe machen sollte. Es waren Gedanken, die ihn zur ersten Frage zurückbrachten, die er sich noch beim Verlassen der Zerberus gestellt hatte: Wieso setzte sich Quintus M Quiron, Vorsitzender des Gremiums und derzeit auch geschäftsführender Regent des Enduriums, für etwas ein, das ihm zuwider gewesen war? Er verabscheute die Splitter-Menschen, und die Ermordung des Regenten gab ihm recht. Xavius erinnerte sich daran, dass Quiron bei der Besprechung im Konferenzzimmer von der Absicht des Regenten, Endurium und Splitter-Welten zusammenzuführen, überrascht gewesen war, und seine starken Reaktionen hatten gezeigt, dass er nichts von einer neuen Gemeinschaft mit den disziplinlosen Vivi von Magellangraben und Schlund hielt. Doch indem er ihn, den zum ersten akkreditierten Chronisten des Gremiums aufgestiegenen Berichterstatter des Enduriums, in dieser besonderen Mission zu den Splitter-Welten schickte, machte er sich die Pläne des ermordeten Regenten zu eigen.
Kontinuität, flüsterte der Chronass und entwarf Formulierungen, die Quiron dafür priesen, das Werk des großen Avedis fortzusetzen.
Das konnte die Erklärung sein, dachte Xavius. Kontinuität. Verantwortung. Vielleicht auch
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