Der letzte Regent: Roman (German Edition)
möglich? – das Gesicht verzog.
»Sie halten nichts von Innovatoren, daran haben Sie in Ihren Berichten im Mesh nie einen Zweifel gelassen, und ich kann es verstehen«, sagte der SK-Offizier voller Mitgefühl. »Aber deshalb einen Mord begehen?«
Das Bild wechselte. Zwei nackte Körper waren eng umschlungen, in einer Null-G-Zone unter der Kabinendecke. Sie bewegten sich rhythmisch, und mehrere an den Wänden angebrachte einfache Gravmanovratoren brachten sie mit sanften Stößen ins Zentrum der Schwerelosigkeit zurück, wenn sie ihrem Rand zu nahe kamen.
So hatte sich Xavius die Zweisamkeit mit dem attraktiven Eugene vorgestellt: ein oder zwei angenehme Stunden mit ihm, ohne an die anderen, viel größeren Dinge zu denken. Aber was der andere Xavius dann tat … Daran hatte er nie gedacht; ein solcher Gedanke hatte ihn nicht einmal gestreift.
Er hielt plötzlich ein Vibromesser in der Hand, ohne dass erkennbar wurde, woher es stammte. Der Mund des jungen Xenoarchäologen bewegte sich, ohne dass der beobachtende Xavius hörte, was er sagte. Der handelnde Xavius rammte ihm den Griff des Messers gegen die Schläfe, mit solcher Wucht, dass Salyard die Augen verdrehte und offenbar das Bewusstsein verlor, und dann stieß ihm der zum Mörder werdende Xavius die Klinge des Messers in den Hals, schnitt den Kehlkopf heraus, hielt ihn kurz in der einen Hand, spuckte darauf und warf ihn auf die Koje hinab.
Xavius der Beobachter hatte diese Szene mehrmals gesehen, aber er starrte trotzdem, fassungslos und entsetzt. In der schwerkraftlosen Zone bildete das Blut kleine und große Kugeln, die wie dunkelrote Perlen umherschwebten. Wenn sie zum Rand des Null-G-Bereichs gelangten, wurden sie nicht wie die beiden Körper von den Gravmanovratoren in die Schwerelosigkeit zurückgeschoben, sondern erfuhren eine plötzliche Beschleunigung, klatschten an Wände, Decke und Boden.
»Warum haben Sie Eugene V Salyard getötet?«, fragte der Offizier des Sicherheitskorps sanft. Der kühle Blick seiner toten Augen durchdrang die schrecklichen Bilder und blieb auf Xavius’ Gesicht gerichtet.
»Ich habe ihn nicht getötet!«
»Warum beharren Sie darauf, das Offensichtliche zu leugnen?«
Der Xavius in der Aufzeichnung machte Bewegungen wie ein Schwimmer, streckte die Beine aus der Null-G-Zone und wurde dadurch von der Schwerkraft im Rest der Kabine erfasst. Er nahm seine Sachen, ohne noch einmal zu der Leiche hinaufzusehen, und verließ den Raum. Zurück blieb der junge Xenoarchäologe, mit zerfetztem Hals und weit aufgerissenen Augen.
»Es ist eine Fälschung!«, stieß Xavius hervor. »Jemand hat die Aufzeichnung gefälscht.«
»Das ist unmöglich«, sagte Julius M Gladfelter. »KI-Systeme überwachen die Sensoren. Es wurden keine Unregelmäßigkeiten festgestellt.«
»Es bedeutet, dass jemand die KI-Systeme manipuliert hat.«
»Dazu müsste dieser Jemand die militärischen Codes kennen.« Die Bilder verschwanden, und das Gesicht des SK-Offiziers kam übergroß näher, während der Rest seines Körpers etwa zwei Meter entfernt verharrte. »Das sollte Ihnen klar sein. Immerhin sind Sie einige Jahre mit General Izzad unterwegs gewesen.«
Xavius blickte auf seine Hände. Der Ring am Mittelfinger seiner linken Hand fehlte, aber das bedeutete nicht viel, denn seine Wahrnehmung an diesem Ort war begrenzt. Vermutlich ruhte er auf einer Liege, in einem Verhörzimmer des Sicherheitskorps, an einen Sifter angeschlossen und von Verifikatoren umgeben. Der Ring stellte seine Verbindung zu Quintus Quiron dar, eine Möglichkeit, seine Unschuld zu beweisen und dieses Problem zu lösen.
Jemand versucht, deine Mission zu vereiteln, sagte der Chronass, der laufend Bericht erstattete.
Xavius atmete tief durch. »Jemand hat Eugene Salyard umgebracht, um mir die Schuld in die Schuhe zu schieben«, sagte er und versuchte, langsam und ruhig zu sprechen. Aber wer kam dafür infrage? Wer wusste von seiner Mission? Konnten die Splitter-Menschen so schnell davon erfahren und reagiert haben? Nein, das ergab keinen Sinn. Sie und die Innovatoren im Endurium waren Brüder im Geiste. Warum sollten sie einen potenziellen Verbündeten umbringen?
»Wer?«, fragte der Mortus. »Und weshalb?«
Das kann ich dir nicht sagen, dachte Xavius. Niemand darf davon erfahren.
»Ich könnte einen Sifter verwenden«, sagte Gladfelter. »Auf der höchsten Stufe. Es würde nicht lange dauern, Gewissheit zu erlangen.«
»Es wäre eine Gefahr für meine geistige Integrität«,
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