Der letzte Regent: Roman (German Edition)
separiert, damit die geistigen Belastungen nicht zu groß wurden, sammelte Daten und befasste sich mit der Story, mit dem Wie von Präsentation und Zusammenstellung. Ich muss mich um den Auftrag kümmern, dachte Xavius, als er aus dem Fenster sah und den Blick auf Uyeda richtete, einen Planeten, der wie ein riesiger grüner Ballon hinter dem silbergrauen Glanz des Superkonnektors im All hing, von unsichtbaren Gravitationsfesseln an Ratchford auf der anderen Seite und die in der Ferne leuchtende Sonne Devos gebunden. Er nahm sich erneut vor, auf einen Kompensator zu verzichten und die subjektiven Tage der Reise dafür zu nutzen, über alles nachzudenken, ohne sich von anderen Dingen ablenken zu lassen. Wie konnte er Denslow, Rogge und die übrigen Splitter-Leute ausfindig machen? Was sollte er unternehmen, wenn er wusste, wo sie sich befanden? Welche Möglichkeiten standen ihm mit den Sondervollmachten zur Verfügung, ihre Schuld zu beweisen?
An dieser Stelle, dachte Xavius, tauchte das erste große Problem auf, denn wie sollte er Rogge und seine Komplizen als Mörder des Regenten entlarven, wenn Sein Tod geheim bleiben musste? Und wie sollte er sie, als Vollstrecker des Enduriums, mit dem Tod bestrafen, ohne anschließend selbst Strafe zu riskieren, nach den Gesetzen der Splitter-Welt, auf der er diesen Teil seines Auftrags erfüllte?
Eine Frau saß ihm gegenüber, etwa halb so alt wie er, eine junge Vivus mit offenem Gesicht – außer ihnen beiden gab es keine anderen Passagiere –, und als sich ihre Blicke begegneten, fragte sie fast scheu: »Sind Sie Xavis V Xavius, der Chronist?«
Er lächelte nachsichtig. »Der bin ich, ja. Und Sie sind …?«
Er griff mit seinen Mikromaschinen aufs lokale Netz zu, um die Frau zu identifizieren, brachte aber nur den Vornamen in Erfahrung – Laurania –, bevor die Datenverbindung plötzlich zusammenbrach.
Xavius schaute wieder aus dem Fenster, als läge die Ursache für die Datenstille irgendwo dort draußen. Das dritte Schiff der »Perlenkette« vor dem Transferring schwoll vor ihnen an. Ein helles Rechteck wuchs dort, wo sich der Hangar befand: ein kleines Maul, das sich anschickte, den Shuttle aufzunehmen.
»Vielleicht ein Defekt beim Shuttle-Repeater«, sagte die Frau verunsichert und hob die Hand zum linken Ohr, an dem ein Clip steckte, ein altmodisches Kommunikationsmodul.
Das war natürlich Unsinn. Die lokalen Netze brauchten keinen Repeater, um an Bord des Shuttles zugänglich zu sein; ihre Datenwellen waren omnipräsent, selbst für technisch überholte Komm-Module. Aber Xavius wies nicht darauf hin, zuckte nur kurz die Schultern, blickte aus dem Fenster und fragte sich, warum der Netzzugang unterbrochen worden war. Eine andere Erklärung gab es nicht: Die Kommunikationszentrale des Superkonnektors hatte aus irgendeinem Grund beschlossen, die Datenknoten der lokalen Netze zu isolieren.
Kündigte sich eine Meldung an, die das ganze Mesh betraf? Dieser Gedanke ließ Xavius’ Herz schneller schlagen. Hatte Quintus M Quiron seine Meinung geändert? Wollte er doch den Tod des Regenten bekannt geben?
Er stand bereits, noch bevor der Shuttle im Hangar des Transferschiffs gelandet war, und wartete ungeduldig darauf, dass sich die Luke öffnete. Als sie schließlich aufschwang, sah er sich zwei Soldaten gegenüber, mit den grauen Gesichtern von Morti. Sie richteten ihre Pulser auf ihn.
»Xavis V Xavius, Sie sind hiermit verhaftet«, sagte einer von ihnen. Der andere trat einen Schritt vor und legte ihm die silberne Spange eines Demobilisierers an, der seine Arme lähmte und den Bewegungsspielraum der Beine einschränkte.
»Verhaftet?«, brachte Xavius verblüfft hervor. »Was wirft man mir vor?«
»Die Ermordung von Eugene V Salyard«, lautete die Antwort, und dann führten ihn die beiden Soldaten ab.
ZORN
V
Rudolph Allan Zayac mit dem Kürzel ProfDr vor dem Namen, an den er sich nicht immer erinnerte, verfolgte mit seltsamer Faszination die Jagd in der Stadt. Er wusste, warum die Splitter-Menschen kamen, denn sie kamen nicht zum ersten Mal, und er hatte Zugriff auf ihr Wissen erhalten. Welch bittere Ironie für die Wagemutigen, die ihr Leben riskierten und es verloren: Sie kamen, um Wissen zu erlangen, aber letztendlich gaben sie ihr eigenes, zum Wohle des Enduriums. Darum ging es immer und an erster Stelle: um das Endurium, um Stabilität, Bestand und Zukunft der letzten Bastion der Menschheit. Sie kamen, weil sie nach Antworten auf Fragen suchten, und darin
Weitere Kostenlose Bücher