Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Der letzte Regent: Roman (German Edition)

Titel: Der letzte Regent: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Brandhorst
Vom Netzwerk:
gutheiße«, fügte Gladfelter hinzu und sprach noch immer ruhig. »Ich halte Sie nach wie vor für den Mörder von Eugene V Salyard.«
    Xavius’ Blick ging zu dem Soldaten. Noch jemand, der wusste, dass er in geheimer Mission unterwegs war.
    Dann bemerkte er den Gegenstand, den Gladfelter in der einen Hand hielt: den Ring, den er von Quiron erhalten hatte.
    »Das gehört mir.« Xavius stand auf. Nichts schränkte seine Bewegungsfreiheit ein – er trug nicht mehr die silberne Spange eines Demobilisierers –, aber seine Knie waren weich und knickten ein. Er kippte nach hinten, fiel mit einem leisen Ächzen in den Sessel zurück.
    »Oh, natürlich.« Der SK-Offizier mit dem fast weißen Gesicht trat vor und streckte die Hand aus, die den Ring hielt. »Hier nehmen Sie. Und sagen Sie mir … Worin besteht Ihr Auftrag?«
    Xavius’ Finger verharrten nur wenige Zentimeter vor dem ziselierten Kopf des Rings mit dem Symbol des Enduriums. Ihm kam plötzlich ein Verdacht.
    Ist dies echt, Chronass?, dachte er und richtete die Frage gleichzeitig an die Sensoren und Analysekomponenten seines Schwarms. Oder gibt es Hinweise darauf, dass wir noch immer von Verifikatoren und einem Sifter untersucht werden?
    Es war eine Möglichkeit: Was er hier sah und hörte, spielte sich vielleicht nur in seinem Kopf ab – ein Trick, der ihn dazu bringen sollte, Dinge auszuplaudern, die er normalerweise nicht preisgeben würde.
    Dies ist real, antwortete der Chronass, dessen geistige Stimme irgendwie seltsam klang. Keine Sorge. Aber etwas anderes stimmt nicht.
    Was?, fragte Xavius, die Hand noch immer vor dem Ring.
    Ich weiß es nicht. Noch nicht. Ich bin dabei, es herauszufinden.
    Xavius nahm den Ring, mit einer Hand, die leicht zitterte, als wäre die Schwäche aus den Knien in die Arme gekrochen. Warum bin ich so schwach?, dachte er, als er den Ring wieder an den Mittelfinger der linken Hand steckte und dabei kurz das Symbol betrachtete, die stilisierte Faust vor dem Hintergrund der Erde.
    »Sie haben mich mit einem Sifter untersucht«, sagte Xavius.
    »Das habe ich, ja«, bestätigte Gladfelter und wich zum Schreibtisch zurück, der eigentlich mehr wie ein Rednerpult aussah. »Es war meine Pflicht.«
    »Aber nicht auf der höchsten Stufe.«
    »Nein. Das wurde mir ausdrücklich untersagt. Dennoch, ich trage Verantwortung. Jeder von uns hat eine Aufgabe, Xavis V Xavius, und jeder von uns muss ihr gerecht werden. Dies sind schwere Zeiten, die Standfestigkeit von uns allen verlangen.«
    Xavius stand auf, und diesmal gaben die Knie nicht nach.
    »Sie haben meine Frage noch nicht beantwortet.«
    Ärger regte sich in Xavius. Er hatte Zeit verloren, kostbare Zeit, die die Splitter-Menschen nutzen konnten, ihm Hindernisse in den Weg zu legen oder ihre Spuren zu verwischen.
    »Ich kann sie Ihnen nicht beantworten«, sagte er. »Weil ich zu Geheimhaltung verpflichtet bin.« Er deutete zum Fenster. »Wenn Sie mir jetzt bitte Gelegenheit geben würden, meine Reise fortzusetzen …«
    Julias M Gladfelter hob die Hand und richtete den Zeigefinger auf Xavius’ Stirn. »Dort drin ist noch jemand anderer. Sie benutzen adaptive Schizophrenie.«
    »Mein Bewusstsein ist geteilt«, bestätigte Xavius. »Die eine Hälfte fungiert als Assistent und erledigt einen Teil meiner Arbeit, hauptsächlich die routinemäßigen Dinge.«
    Herzlichen Dank, kommentierte der Chronass.
    »Und Sie haben eine knappe Reisebilanz, plus eins«, fügte der SK-Offizier hinzu.
    Der Wächter, stellte Xavius fest, hatte sich noch immer nicht von der Stelle gerührt, stand still wie eine Statue, völlig unbewegt. Nur das Glitzern in seinen Augen zeigte, dass Leben in ihm steckte, sofern man bei einem Mortus von »Leben« sprechen konnte.
    »Das ist richtig.« Xavius verlor allmählich die Geduld und spürte ein verräterisches Zittern in den Knien. Er spannte die Muskeln und wollte nicht noch einmal in den Sessel zurücksinken. Wieso war er so schwach? Genügte der Sifter als Erklärung? Oder steckte noch mehr dahinter? Was hatte das Sicherheitskorps in den vergangenen Stunden mit ihm angestellt? Hast du schon etwas herausgefunden?, fragte er sich selbst.
    Noch nicht. Aber ich habe einen Verdacht. Ich gebe dir Bescheid, sobald ich mehr weiß.
    »Die Bilder der Aufzeichnung sind nicht manipuliert«, betonte Julius M Gladfelter noch einmal, sein bleiches Gesicht eine Maske, ebenso unbewegt wie der Wächter. »Ich bin davon überzeugt, dass Sie der Mörder von Eugene V Salyard sind. Aber

Weitere Kostenlose Bücher